Rz. 286

Die Vorgründungsgesellschaft (von der ersten Idee zur Gründung einer Kapitalgesellschaft bis zum Abschluss des notariellen Gesellschaftsvertrags oder der Satzung) stellt eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) dar, soweit es sich um eine aus mehreren Gesellschaftern bestehende Kapitalgesellschaft handelt oder ein Einzelunternehmen[1], wenn es sich später um eine Kapitalgesellschaft mit einem Gesellschafter handelt (z. B. die Ein-Mann-GmbH). Die Vorgründungsgesellschaft ist mit der später entstehenden Kapitalgesellschaft nicht identisch.

 

Rz. 287

Die Vorgründungsgesellschaft kann die Unternehmereigenschaft i. S. d. § 2 UStG aus eigenem Recht heraus erlangen, wenn sie selbst nachhaltig Leistungen am Markt erbringt. Lange Zeit war die Frage strittig, ob eine Vorgründungsgesellschaft Unternehmereigenschaft und damit für Leistungsbezüge einen Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 UStG erlangen kann, soweit sie keine eigenen Leistungen am Markt erbringt und auch nicht erbringen will, da im Regelfall die Absicht der Vorgründungsgesellschaft nicht in der Erbringung entgeltlicher Umsätze, sondern der Gründung der Kapitalgesellschaft besteht. Eine (teilweise) Klärung dieser Frage hat sich erst durch den EuGH[2] ergeben (Rz. 290ff.).

 

Rz. 288

Vor dem Urteil des EuGH wurden von der Seite der FinVerw im Laufe der Zeit unterschiedlichste Rechtspositionen vertreten. So wurde nach einer Phase grundsätzlicher Nichtberücksichtigung der Vorsteuer[3] festgestellt, dass die Unternehmereigenschaft nicht grundsätzlich dann versagt werden könne, wenn die Vorgründungsgesellschaft bezogene Vorleistungen (z. B. Einkauf von Einrichtungsgegenständen, Marktanalysen o. Ä.) entgeltlich auf die Vorgesellschaft überträgt. In dieser entgeltlichen Übertragung konnte ein Umsatz gesehen werden, der die Unternehmereigenschaft begründete.[4] Ohne eine entgeltliche Übertragung dieser bezogenen Vorleistungen konnte sich aber die Unternehmereigenschaft der Vorgründungsgesellschaft insoweit nicht ergeben. Die OFD Frankfurt[5] sah die Unternehmereigenschaft der Vorgründungsgesellschaft bei der entgeltlichen Übertragung der bezogenen Vorleistungen (als Hilfsumsatz) insbesondere dann als Begründung der eigenen unternehmerischen Betätigung an, wenn die Vorgründungsgesellschaft – als Gesellschaft bürgerlichen Rechts oder als Einzelunternehmen – ernsthaft beabsichtigt hatte, in dieser Rechtsform auch nachhaltig Umsätze auszuführen, dann aber vor Ausführung dieser Umsätze die schon erworbenen Gegenstände oder erhaltenen sonstigen Leistungen auf die Gründungsgesellschaft entgeltlich überträgt. Dieser einschränkenden Auffassung konnte im Ergebnis nicht zugestimmt werden, da dadurch impliziert wurde, dass ohne ernsthafte Umsatzerzielungsabsicht als Personengesellschaft oder als Einzelunternehmen eine solche Übertragung nicht die Unternehmereigenschaft begründen konnte. Dies war weder im Besteuerungsverfahren verifizierbar (wann hatte wer in welcher Rechtsform eine Umsatzerzielungsabsicht?) und war darüber hinaus auch vor dem Hintergrund der Rechtsformneutralität des Umsatzsteuerrechts nicht haltbar.

 

Rz. 289

Einen anderen Weg war das FG Niedersachsen gegangen.[6] Das Finanzgericht sah grundsätzlich eine Identität zwischen der Vorgründungsgesellschaft und der später entstehenden Kapitalgesellschaft. Diese Auffassung konnte auch mit der vom EuGH betonten Rechtsformneutralität bei der USt begründet werden.[7] Das dazu beim BFH anhängige Revisionsverfahren wurde vom BFH zurückverwiesen.[8] Gleichzeitig hatte der BFH aber dem EuGH ein Vorabentscheidungsersuchen vorgelegt[9], ob eine allein mit dem Ziel der Gründung einer Kapitalgesellschaft errichtete (Personen-)Gesellschaft zum Abzug der Vorsteuer für den Bezug von Dienstleistungen und Gegenständen berechtigt ist, wenn sie nach Gründung der Kapitalgesellschaft die bezogenen Leistungen in einem Akt gegen Entgelt an die später gegründete Kapitalgesellschaft veräußert und andere Ausgangsumsätze von vornherein nicht beabsichtigt waren und wenn in dem betreffenden Mitgliedstaat die Übertragung des Gesamtvermögens so behandelt wird, als ob keine Lieferung bzw. Dienstleistung vorliegt (§ 1 Abs. 1a UStG – Geschäftsveräußerung im Ganzen).

 

Rz. 290

Der EuGH[10] hat dazu festgestellt, dass eine allein mit dem Ziel der Gründung einer Kapitalgesellschaft errichtete Personengesellschaft zum Abzug der Vorsteuer für den Bezug von Dienstleistungen und Gegenständen berechtigt ist, wenn sie entsprechend ihrem Gesellschaftszweck diese bezogenen Leistungen in einem einzigen Ausgangsumsatz gegen Entgelt an die zu gründende Kapitalgesellschaft überträgt. Die Vorgründungsgesellschaft erwirbt die Unternehmereigenschaft, da es ausreichend ist, dass die Dienstleistungen und Gegenstände für Zwecke einer wirtschaftlichen Tätigkeit erworben wurden. Dabei ist es unbeachtlich, dass nicht die Vorgründungsgesellschaft selbst, sondern die später gegründete Kapitalgesellschaft diese wirtschaftliche Tätigkeit ausübt. Nach den Feststellungen des EuGH bez...

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