Rz. 273

Die Frage nach dem Beginn und dem Ende der Unternehmereigenschaft ist für die USt aus zwei Gründen von besonderem Interesse: Ab wann müssen Ausgangsleistungen der USt unterworfen werden und ab wann besteht für den Unternehmer eine Vorsteuerabzugsberechtigung für Eingangsleistungen? Die Beurteilung des Beginns und des Endes der Unternehmereigenschaft ist zu trennen von der Frage, ob überhaupt eine Unternehmereigenschaft der betreffenden Person oder des Personenzusammenschlusses vorliegt. Erst wenn die Unternehmereigenschaft dem Grunde nach entsprechend den allgemeinen Grundsätzen bejaht worden ist, kann systematisch der Beginn und später das Ende der Unternehmereigenschaft geprüft werden.

 

Rz. 274

Die Frage nach der Steuerbarkeit einer Ausgangsleistung als Unternehmer wird in aller Regel überlagert von der Frage, ob überhaupt Unternehmereigenschaft vorliegt. Soweit die Unternehmereigenschaft durch das Tätigwerden der Person/Personengruppe begründet wird, führt der Ausgangsumsatz zu einer Ausgangsleistung, die von dem Unternehmer im Rahmen des Unternehmens der Besteuerung zu unterwerfen ist. In aller Regel werden aber Unternehmer, bevor sie selbst mit Ausgangsleistungen am Markt auftreten können, Eingangsleistungen anderer Unternehmer in Anspruch nehmen müssen. In diesem Fall stellt sich die Frage, ob die Eingangsleistung schon in direktem Zusammenhang mit der späteren unternehmerischen Betätigung steht, ob also diese Leistung schon für das Unternehmen des Unternehmers bezogen worden ist (§ 15 Abs. 1 S. 1 UStG).

 

Rz. 275

Die Frage des Beginns der unternehmerischen Betätigung stellt sich aber auch bei schon existierenden Unternehmen: Wenn ein Unternehmer seine unternehmerische Tätigkeit ausweiten will, ist zu prüfen, ab wann diese neue geplante Tätigkeit isoliert betrachtet zu einer unternehmerischen Betätigung führt. Erst ab diesem Zeitpunkt stehen dem Unternehmer für diesen neuen Bereich die Vorsteuerbeträge nach § 15 Abs. 1 S. 1 UStG zu.

6.1 Beginn der Unternehmereigenschaft natürlicher Personen und Personengemeinschaften

 

Rz. 276

Die Unternehmereigenschaft beginnt nicht erst mit der Erbringung von Ausgangsleistungen, sondern schon mit den Vorbereitungshandlungen, die in direktem Zusammenhang mit einer geplanten unternehmerischen Betätigung stehen. Solche Vorbereitungshandlungen liegen ab dem ersten nach außen erkennbaren, auf eine Unternehmertätigkeit gerichteten Tätigwerden des Unternehmers vor. Unerheblich für den Beginn der Unternehmereigenschaft ist, ob später tatsächlich Umsätze getätigt werden können. Auch wenn keine Umsätze am Markt erzielt werden können, ist die Unternehmereigenschaft nicht rückwirkend abzuerkennen, wenn der Unternehmer die Ernsthaftigkeit der Umsatzerzielungsabsicht nachweisen kann (Rz. 300f.). Das gilt auch in den Fällen, in denen bei der ersten Steuerfestsetzung schon bekannt ist, dass die geplante unternehmerische Betätigung nicht ausgeübt wird.[1]

 

Rz. 277

Maßnahmen, die als Vorbereitungshandlungen anzusehen sein können, sind insbesondere[2]:

  • der Erwerb umfangreichen Inventars (z. B. Maschinen oder Fuhrpark),
  • der Wareneinkauf vor Betriebseröffnung,
  • die Anmietung oder die Errichtung von Büro- oder Lagerräumen,
  • der Erwerb eines Grundstücks,
  • die Anforderung einer Rentabilitätsstudie,
  • die Beauftragung eines Architekten,
  • die Durchführung einer größeren Anzeigenaktion,
  • die Abgabe eines Angebots für eine Lieferung oder eine sonstige Leistung gegen Entgelt.
 

Rz. 278

Grundsätzlich kommt es aber immer auf das Gesamtbild der Verhältnisse an, ab wann solche Handlungen als Vorbereitungshandlungen anzusehen sein können. So muss es insbesondere auch von Bedeutung sein, in welcher Branche der Unternehmer tätig werden will. Bei einem Einzelhändler ist ein anderer Zeitraum der Vorbereitungshandlungen zu unterstellen als dies z. B. bei einem forschenden Unternehmen der Fall sein wird. Immer muss jedoch ein konkreter sachlicher und zeitlicher Zusammenhang mit der späteren Betätigung herzustellen sein.

 

Rz. 279

Ein Studium ist grundsätzlich noch nicht als eine Vorbereitungshandlung für eine unternehmerische Tätigkeit anzusehen, da nach Abschluss des Studiums die Entscheidung, ob eine selbstständige unternehmerische Betätigung aufgenommen werden soll, in aller Regel noch von anderen Einflussgrößen abhängig ist. Anders allerdings, wenn eine schon bestehende unternehmerische Betätigung nach einem Studium an einer Fachhochschule während eines Ergänzungsstudiums an einer ordentlichen Hochschule teilweise ruht.[3]

 

Rz. 280

Auch eine direkt auf einen Beruf ausgerichtete Berufsausbildung stellt noch keine Vorbereitungshandlung für eine spätere unternehmerische Betätigung dar.[4]

 

Rz. 281

Bei einer Personengesellschaft gelten grundsätzlich dieselben Grundsätze wie bei einer natürlichen Person. Erst mit dem ersten, nach außen erkennbaren Inerscheinungtreten kann die Personengesellschaft im Rahmen von Vorbereitungshandlungen unternehmerisch tätig werden. Vom Abschluss des Gesellschaftsvertrags bis zu den ersten nach außen gerichteten Vorbereitungshandlungen ist die Gesellschaft eine umsatzsteuerlich u...

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