Rz. 150

Wenn die gesondert gezahlte Geschäftsführungsvergütung unter bestimmten Voraussetzungen als sonstige Leistung gegen Entgelt angesehen wird, ergibt sich die Frage, ob eine an einen Dritten gezahlte Haftungsvergütung (z. B. bei einer GmbH & Co. KG) ebenfalls als Entgelt für eine wirtschaftliche Leistung anzusehen ist, die zu einer Unternehmereigenschaft des Haftenden und damit zu einem steuerbaren Leistungsaustausch führt, da steuerbare Leistungsbeziehungen zwischen Gesellschaft und Gesellschafter sich nicht nur bei Geschäftsführungs- oder Vertretungsleistungen ergeben, sondern auch bei allen anderen Arten von Leistungen vorliegen können. Die FinVerw ging 2003[1] jedoch grundsätzlich davon aus, dass eine gezahlte Haftungsvergütung nicht im Rahmen eines Leistungsaustauschverhältnisses gezahlt wird. Ob diese Auffassung systematisch zutreffend war, konnte schon damals bezweifelt werden. Auch die Haftung für Risiken eines Dritten stellt nach § 3 Abs. 9 UStG grundsätzlich eine sonstige Leistung dar, die auch im Dulden eines Rechtszustands bestehen kann. Soweit für die Übernahme der Haftung ein gesondert berechnetes Entgelt gezahlt werden sollte, das nicht als Gewinnvergütung auf gesellschaftsrechtlicher Ebene anzusehen ist, müsste sich ein steuerbarer Leistungsaustausch ergeben. Es kann keine systematisch vertretbaren Gründe geben, warum die entgeltliche Führung der Geschäfte einer Personengesellschaft einen Leistungsaustausch begründen sollte und eine gegen Entgelt übernommene Haftung nicht. Die inhaltlich nicht begründete Auffassung des BMF wurde dann selbst infrage gestellt, in dem "ausnahmsweise" ein Sonderentgelt anzunehmen sei – völlig schleierhaft blieb allerdings, wann ein solcher "Ausnahmefall" vorliegen sollte und wann nicht. Zuzustimmen war der Auffassung, dass bei Annahme eines steuerbaren Leistungsaustauschs bezüglich der entgeltlichen Übernahme der Haftung eine Steuerbefreiung in analoger Anwendung des § 4 Nr. 8 Buchst. g UStG nicht zu gewähren ist, da nach der Rechtsprechung des EuGH Steuerbefreiungstatbestände eng auszulegen sind und die Übernahme der Haftung nicht mit einer Bürgschaft i. S. d. Regelung gleichgesetzt werden kann.

 

Rz. 151

In ihrem Schreiben v. 31.5.2007[2] hatte sich eine Änderung in der Auffassung der Beurteilung bei der Haftungsvergütung für einen Gesellschafter durch die FinVerw ergeben, die aber im Ergebnis genauso unbefriedigend war, wie die frühere Auffassung. Da sich die Haftung als aus dem Gesellschafterstatus unabdingbare Rechtsfolge ergibt, soll die Haftung weiterhin keine Leistung im umsatzsteuerrechtlichen Sinne sein, ein dafür gezahltes Entgelt soll somit keine Gegenleistung für eine Leistung darstellen. Allerdings soll eine pauschal gezahlte Haftungsvergütung in den Fällen, in denen der Gesellschafter auch eine steuerbare Geschäftsführungsleistung erbringt, als zusätzliches Entgelt für die steuerbare Geschäftsführungsleistung anzusehen sein. Diese Aussagen zu der Beurteilung der Haftungsvergütung sind weiterhin nicht überzeugend. Wenn die gezahlte Haftungsvergütung deshalb nicht steuerbar ist, weil sie als unabdingbare Rechtsfolge aus der Gesellschafterstellung des Gesellschafters erwächst, besteht auch keine Veranlassung, diese dann als zusätzliches Entgelt im Falle der entgeltlichen Geschäftsführungsleistung anzusehen – ob hier eine einheitliche Leistung gegeben ist, erscheint systematisch nicht zwingend. So hatte das Niedersächsische FG[3] bei der gleichzeitigen Erbringung von Geschäftsführungsleistungen durch die GmbH an die KG eine einheitliche Leistung abgelehnt und eine separate umsatzsteuerliche (Haupt-)Leistung "Übernahme des Haftungsrisikos" angenommen. Die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 8 Buchst. g UStG hielt das Gericht nicht für anwendbar. Das FG Berlin-Brandenburg[4] lehnte ebenfalls eine einheitliche Leistung ab, sah aber die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 8 Buchst. g UStG als anwendbar an.

 

Rz. 152

Der BFH[5] hat 2011 in dem zugelassenen Revisionsverfahren zu dem Urteil des FG Berlin-Brandenburg die Entscheidung des FG aufgehoben und die Festvergütung, die der geschäftsführungs- und vertretungsberechtigte Komplementär einer KG von dieser für seine Haftung nach § 161 und § 128 HGB erhält, als Entgelt für eine einheitliche Leistung, die Geschäftsführung, Vertretung und Haftung umfasst, angesehen, die steuerbar und steuerpflichtig ist. Die Haftung ist nach der Auffassung des BFH insoweit rechtlich zwingend mit der Geschäftsführung und Vertretung verbunden, als bei Übernahme der Geschäftsführung die Haftung nicht abbedungen werden kann. Der Komplementär haftet dann zwingend für die sich aus der Geschäftsführung der Gesellschaft ergebenden Folgen. Dass ein Komplementär nach § 114 Abs. 2 HGB und § 125 Abs. 1 HGB i. V. m. § 161 Abs. 2 HGB von Geschäftsführung und Vertretung ausgeschlossen werden könnte und dann der eigenständigen Haftung gem. § 128 HGB i. V. m. § 161 Abs. 2 HGB unterliegt, ist nach Auffassung des BFH unerheblich, da die bloße Möglichkeit einer i...

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