Rz. 134

Umsatzsteuerrechtliche Besonderheiten ergeben sich auch bei der Beurteilung der Geschäftsführungstätigkeit eines Gesellschafters gegenüber "seiner" Gesellschaft. Die Geschäftsführungsleistung bei einer Personengesellschaft – insbesondere auch durch eine juristische Person – wurde früher als nicht steuerbarer Gesellschafterbeitrag angesehen, auch wenn ein Sonderentgelt gezahlt wurde. Nach der Rechtsprechung des BFH[1] stellt die Geschäftsführung bei einer Personengesellschaft jedoch unter bestimmten Voraussetzungen eine steuerbare und steuerpflichtige Leistung eines Unternehmers dar, wenn für die Geschäftsführungsleistung ein Sonderentgelt und nicht nur ein allgemeiner Anteil am Gewinn gezahlt wird. Diese Rechtsprechung war grundsätzlich spätestens ab dem 1.4.2004 anzuwenden.[2] Auch die Geschäftsführung eines Gesellschafters bei einer Kapitalgesellschaft kann theoretisch – aber in der Praxis kaum umsetzbar – zu einer unternehmerischen Betätigung führen.[3] Dafür ist aber Voraussetzung, dass der Geschäftsführer nicht weisungsgebunden in das Unternehmen der Kapitalgesellschaft eingegliedert ist. Dass der Geschäftsführer Organ der Kapitalgesellschaft ist, ist für die umsatzsteuerrechtliche Beurteilung dabei unerheblich.

4.3.1 Geschäftsführungsleistungen bei einer Personengesellschaft

 

Rz. 135

Die umsatzsteuerliche Einstufung der Geschäftsführungstätigkeit bei einer Personengesellschaft – insbesondere die entgeltliche Geschäftsführung durch eine Kapitalgesellschaft bei einer Kommanditgesellschaft (GmbH & Co. KG) – unterlag in der Vergangenheit unterschiedlicher Beurteilungen. Nachdem der BFH 1973[1] die Führung der Geschäfte einer KG durch eine GmbH, die die einzige Komplementärin der KG ist, gegen Erstattung der Aufwendungen als eine steuerbare und steuerpflichtige Leistung angesehen hatte, wurde diese Rechtsprechung von ihm 1980 ausdrücklich wieder aufgegeben. Der BFH[2] kam dabei zu dem Ergebnis, dass die Führung der Geschäfte einer Personengesellschaft sowie deren Vertretung durch eine GmbH, welche ihre einzige geschäftsführende persönlich haftende Gesellschafterin ist, unabhängig davon, ob eine gewinnabhängige oder gewinnunabhängige Geschäftsführungsvergütung oder nichts gezahlt wird, keine gegenüber einer anderen Person erbrachte Leistung nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG ist. Zur Begründung führte der BFH insbesondere aus, dass die Gesellschafter "berechtigt und verpflichtet (sind), ihre Mitgliedschaftsrechte auszuüben. Tun sie dieses, dann bilden sie den Willen der Gesellschaft und handeln als Gesellschaft. So gesehen leisten sie nicht an die Gesellschaft, sondern die Gesellschaft verkörpert sich in ihrem Handeln. Die Verwirklichung der eigenen Rechtsposition (Ausübung der Mitgliedschaftsrechte) erschöpft sich in sich selbst. Wenn der Gesellschafter seine Rechte ausübt, hat er sich zugleich als Gesellschaft betätigt. Eine Leistung an einen anderen erbringt er nicht. Die Ausübung der Mitgliedschaftsrechte kann nicht deshalb als Leistung an die Gesellschaft angesehen werden, weil dieser der Erfolg der eigenen Betätigung des Gesellschafters als Reflex zugutekommt."

 

Rz. 136

2002 musste der BFH[3] seine Rechtsprechung vor dem Hintergrund der sog. Holdingsrechtsprechung des EuGH (Rz. 120) erneut ändern. Dem für die nachfolgende Beurteilung in Deutschland maßgebenden Urteil stellte der BFH drei Grundaussagen voran:

  • Ein Leistungsaustausch setzt (lediglich) voraus, dass ein Leistender und ein Leistungsempfänger vorhanden sind und der Leistung eine Gegenleistung (Entgelt) gegenübersteht, also ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen Leistung und Gegenleistung besteht.
  • Die umsatzsteuerrechtliche Behandlung von Leistungen der Gesellschafter an die Gesellschaft richtet sich danach, ob es sich um Leistungen handelt, die als Gesellschafterbeitrag durch die Beteiligung am Gewinn und Verlust der Gesellschaft abgegolten werden oder um Leistungen, die gegen (Sonder-)Entgelt ausgeführt werden und damit auf einen Leistungsaustausch gerichtet sind.
  • Geschäftsführungs- und Vertretungsleistungen, die eine GmbH als Gesellschafterin für eine GbR aufgrund eines Geschäftsbesorgungsvertrags gegen Vergütung ausführt, sind umsatzsteuerbar.
 

Rz. 137

Damit die Geschäftsführungsleistung bei einer Personengesellschaft zu einer unternehmerischen Betätigung des Gesellschafters führt, müssen in seiner Person die allgemeinen Voraussetzungen unternehmerischen Handelns gegeben sein. Dabei ergeben sich unterschiedliche Problemkreise:

  • Die Tätigkeit des Gesellschafters muss selbstständig ausgeführt werden. Ursprünglich wurde davon ausgegangen, dass eine Weisungsgebundenheit, die nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 UStG zu einer nichtunternehmerischen Betätigung führen würde, nicht vorliegen könne, da der Gesellschafter Mitunternehmer nach § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG ist.[4] Auch ein eventuell vereinbartes Weisungsrecht der Personengesellschaft gegenüber ihrem Gesell...

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