Rz. 1

§ 19 UStG enthält die sog. Kleinunternehmerregelung, wonach Unternehmer mit niedrigen Umsätzen insofern von der Besteuerung ausgenommen werden, als sie für ihre steuerpflichtigen keine USt abführen müssen, aber auch keinen Zugang zum Vorsteuerabzug erhalten. Sie sind zwar Unternehmer i. S. v. § 2 Abs. 1 UStG, werden aber im wirtschaftlichen Ergebnis wie Privatpersonen behandelt.

 

Rz. 2

Die unionsrechtliche Grundlage der Sonderregelungen für Kleinunternehmer findet sich in den Art. 282 bis 294 MwStSystRL. Den EU-Mitgliedstaaten ist danach bei der Beurteilung der Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen die Einführung von Pauschalregelungen oder anderen vereinfachenden Modalitäten für Kleinunternehmer ein weiter Gestaltungsspielraum eingeräumt.[1] Die Mitgliedstaaten haben diesen sehr unterschiedlich ausgeschöpft (Rz. 25). Schon die 6. EG-Richtlinie kannte in Art. 24 und Art. 24a entsprechende Regelungen. Die Durchführungsverordnung zur MwStSystRL v. 16.3.2011 enthält weitere (unmittelbar geltende) Normen zu den Art. 282ff. MwStSystRL. Zum Vorschlag der Europäischen Kommission vom 18.1.2018 zur Kleinunternehmer-Umsatzbesteuerung ab dem 1.7.2022 s. Rz. 25a.

 

Rz. 3

Der vorstehend abgedruckte Text des § 19 UStG gilt ab 1.1.2020. Zu diesem Datum wurde durch Art. 7 Nr. 2 des Dritten Bürokratieentlastungsgesetzes vom 22.11..2019[2] die Vorjahres-Umsatzgrenze für die Nichterhebung der Umsatzsteuer von bisher 17.500 EUR (s. Rz. 26) auf 22.000 EUR angehoben. Damit war ab dem Jahr 2019 auf diese Grenze abzustellen; sie wirkte sich also zum ersten Mal bei den Umsätzen des Jahres 2020 aus.

Gleichfalls zum 1.1.2020 wurde bei der Definition des Gesamtumsatzes in § 19 Abs. 3 UStG durch Art. 12 Nr. 12 des Gesetzes zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften vom 12.12.2019[3] die Aufzählung der dabei nicht zu berücksichtigenden steuerfreien Umsätze gem. § 4 Nr. 8 Buchtst. i, Nr. 9 Buchst. a und b und Nr. 11ff. so ergänzt, dass nun auch die seit dem 1.1.2020 geltende Steuerbefreiung gem. § 4 Nr. 29 UStG für die sog. Kostenteilungsgemeinschaften umfasst wird.

 

Rz. 3a

Der übrige Wortlaut der Vorschrift beruht auf der zum 1.7.2010 angeordneten Änderung in Abs. 1, wonach der Verweis statt auf § 13b Abs. 2 nun auf Abs. 5 des § 13b UStG lautet, weil diese Vorschrift auch zum 1.7.2010 durch das Gesetz v. 8.4.2010 geändert wurde.[4]

Davor hatte die Vorschrift unverändert seit dem 1.1.2004 gegolten. Zu diesem Zeitpunkt waren durch Gesetz v. 19.12.2003[5] § 19 Abs. 1 S. 3 und S. 4 UStG an die Neuregelungen der Rechnungsvorschriften in den §§ 14, 14 a und 14 c UStG redaktionell angepasst worden (Rz. 59). Außerdem wurde durch die Nennung von § 13a Abs. 1 Nr. 6 UStG in § 19 Abs. 1 S. 3 UStG die Steuerschuld des Auslagerers von der Nichterhebung ausgenommen (Rz. 66).

 

Rz. 4

Die Entstehungsgeschichte der Sonderregelung für die Kleinunternehmer seit dem 1. Januar 1968 stellt sich so dar:

In einem Allphasen-Umsatzsteuersystem mit einem weiten Unternehmerbegriff nach Art des § 2 UStG werden so viele Unternehmer mit Umsätzen von relativ geringer Höhe erfasst, dass es bereits dem Gesetzgeber des UStG 1967 angebracht erschien, in § 19 UStG eine besondere Vereinfachungsregelung für schon damals so genannte Kleinunternehmer zu schaffen. Er hatte auf die besonderen Belange der Unternehmer mit niedrigem Gesamtumsatz (weniger als 60.000 DM im Jahr) Rücksicht genommen, indem er diese Unternehmer in § 19 UStG 1967 vom damals neu eingeführten System der Mehrwertsteuer ausnahm, "um den psychologischen und aus der Verwaltungserschwerung verständlichen Bedenken kleiner und mittlerer Unternehmer gegen die Mehrwertsteuer Rechnung zu tragen".[6] Diese Unternehmer konnten ihre (Brutto-)Umsätze – wie nach der Rechtslage des UStG 1951 – weiterhin mit 4 % versteuern, wobei es einen Umsatzfreibetrag von 12.000 DM gab, der sich bei einem Gesamtumsatz zwischen 40.000 DM und 60.000 DM im Jahr auf 0 DM abbaute. Im Jahr 1968 gab es ca. 635.000 Unternehmer mit einem Jahresgesamtumsatz von weniger als 60.000 DM; bis zum Jahr 1977 ging diese Zahl zurück auf ca. 320.000. Davon hatten allerdings über 75 %, also über 240.000 Unternehmer, die ursprünglich vom Gesetzgeber des UStG 1967 zugebilligten Bedenken überwunden; sie hatten von der Möglichkeit des § 19 Abs. 4 UStG 1967/73 Gebrauch gemacht, wonach auch Kleinunternehmer ihre Umsätze nach den allgemeinen Vorschriften, d. h. nach dem Mehrwertsteuersystem, versteuern konnten. Das war offenbar wegen des damit verbundenen Zugangs zum Vorsteuerabzug trotz der größeren Befolgungskosten wirtschaftlich günstiger als die alte Regelung. Im Jahr 1977 versteuerten somit nur noch ca. 70.000 Unternehmer ihre Umsätze nach § 19 Abs. 1 und 2 UStG 1967/73.[7]

 

Rz. 5

§ 19 UStG 1967/73 führte nach Auffassung des BVerfG zu erheblichen Wettbewerbsverzerrungen im Grenzbereich der von § 19 UStG 1967/73 festgelegten Umsatzgrenze i. H. v. 60.000 DM; das BVerfG hielt dies auf Dauer nicht für ...

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