Rz. 34

Die geschilderten - auf den ersten Blick einfach erscheinenden - Anforderungen einer Bestätigungsanfrage können in der Praxis eine ganze Reihe von Fragen aufwerfen, insbesondere wenn sich z. B. nachträglich herausstellt, dass der ausländische Leistungsempfänger an einem vermeintlichen Umsatzsteuerbetrug beteiligt war. Hier ist natürlich nach den Rechtsfolgen einer durchgeführten – und positiv beantworteten – Bestätigungsanfrage zu fragen.[1] Fraglich ist aber auch, ob es einer einmaligen Anfrage nach § 18e UStG zu Beginn der Geschäftsbeziehungen zu einem ausländischen Unternehmer bedarf, oder ob die Anfrage einmal oder gar regelmäßig zu wiederholen ist. Aus dem Gesetz und der unionsrechtlichen Vorgabe ist zwar keine Verpflichtung zur wiederholten Anfrage ersichtlich. Da das Vorhandensein einer gültigen USt-IdNr. des Leistungsempfängers aber bei iG-Lieferungen seit dem 1.1.2020 zur materiellen Voraussetzung der Steuerbefreiung solcher Lieferungen geworden ist (Rz. 9), empfiehlt sich aber unbedingt eine regelmäßige Abfrage. Letztlich bleibt es zwar der Sorgfalt jedes "Kaufmanns" – und damit dem Unternehmer – überlassen, ob und wann er Anfragen wiederholt. Da allerdings nunmehr bei innergemeinschaftlichen Lieferungen die Steuerfreiheit vom Vorhandensein einer gültigen USt-IdNr. abhängt, ist m. E. branchenunabhängig die USt-IdNr. aller Leistungsempfänger regelmäßig und noch besser bei jeder Lieferung abzufragen. Das stellt zweifellos einen hohen zusätzlichen Verwaltungsaufwand für Unternehmer dar, zur Erlangung von Rechtssicherheit ist es aber unvermeidbar. Für Unternehmer mit vielen Geschäftsvorfällen bedarf es hierzu wohl automatisierter Abfragemöglichkeiten.

 

Rz. 35

Über einen interessanten Fall in diesem Zusammenhang (Rz. 34) zur Rechtslage bis zum 1.1.2020 hatte das Finanzgericht Berlin-Brandenburg zu entscheiden[2], denn hier hatte die USt-IdNr. noch während der Abwicklung der Lieferung ihre Gültigkeit verloren. Der Unternehmer hatte zwar die Gültigkeit der USt-IdNr. unmittelbar nach Zahlung des Kaufpreises erfragt und auch bestätigt bekommen. Das Finanzamt vertrat aber nun die Auffassung, dass der Kläger nicht gutgläubig i. S. d. § 6a Abs. 4 UStG gewesen sei, weil er zum Zeitpunkt der Lieferung – die nur wenige Tage später erfolgte – keine weitere Abfrage mehr getätigt hatte. Da die USt-IdNr. zu diesem Zeitpunkt ungültig geworden war und daher (wahrscheinlich) keine positive Bestätigung mehr erfolgt wäre, hätte diese Rechtsfolge für den Kläger fatale Folgen. M. E. bestand früher allerdings keine derartige Anforderung des Zeitpunkts der Anfrage und so sah es im Ergebnis auch das Finanzgericht Berlin-Brandenburg. Das Gericht stellte dabei aber im Wesentlichen auf den kurzen Zeitraum und (zutreffend) auch darauf ab, dass der Unternehmer nicht aus anderen Gründen um die Betrugsabsichten seines Abnehmers wusste. Hier wäre aber (bei Gutgläubigkeit) auch nicht anders zu entscheiden, wenn zwischen Zahlung und Lieferung mehrere Wochen oder Monate vergangen wären.[3] Das Gesetz sah und sieht keine dahingehende Verpflichtung vor und deshalb kann hier nur auf die Pflichten des ordentlichen Kaufmanns abgestellt werden. Jede höhere Anforderung würde die Pflichten des Unternehmers schlicht überdehnen und im Übrigen wäre auch erst einmal genau festzulegen, wann Anfragen erfolgen müssen und welcher Zeitraum für wiederholte Anfragen zu fordern ist. Man darf hier nicht aus dem Auge verlieren, dass die Bestätigungsanfrage und das gesamte Verfahren des innergemeinschaftlichen Leistungsaustausches zusätzliche Pflichten darstellen, welche dem Unternehmer durch den Gesetzgeber auferlegt wurden. Die einzige rechtssichere Möglichkeit des Wegfalls des guten Glaubens bei Löschung einer USt-IdNr. nach einer positiven Bestätigungsmitteilung besteht theoretisch darin, dass das BZSt (für Deutschland) dies allen Unternehmern mitteilt, die in Bezug auf diese Nummer eine Anfrage gestellt hatten.[4] Der Zugang dieser Mitteilung wäre dann allerdings nachzuweisen; wodurch dieses Verfahren zwar technisch machbar, aber teuer und aufwendig würde.

 

Rz. 36

Ob die vorgenannte Sichtweise nach dem 1.1.2020 (Rz. 9) so im Ganzen noch aufrechterhalten bleiben kann, erscheint durchaus zweifelhaft. Da das Vorhandensein einer gültigen USt-IdNr. nunmehr materielle Voraussetzung der Steuerbefreiung bei innergemeinschaftlichen Lieferungen ist, bedarf es einer solchen Nummer grundsätzlich bei der Ausführung jeder Lieferung. Sollte ein leistender Unternehmer in der Vergangenheit bereits eine positive Bestätigungsanfrage getätigt haben, dann kann er sich darauf zwar auch bei Folgelieferungen berufen, das Risiko einer Löschung dieser Nummer trägt er aber mit der möglichen späteren Versagung der Steuerfreiheit, wenn er keine zeitnahe neue Bestätigungsanfrage getätigt hat. Allenfalls im Fall des oben geschilderten Urteils des FG Berlin-Brandenburg könnte man hier m. E. noch auf die Durchführung einer zweiten Anfrage verzichten,

 

Rz. 37

Weiter ist zu beachten ist,...

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