Rz. 26

Das Unionsrecht sieht in der Zusammenarbeits-VO[1] ein gestuftes System der Auskunftserteilung zwischen den Finanzbehörden der Mitgliedstaaten für die Zwecke der Umsatzbesteuerung vor (§ 18a UStG Rz. 172ff.). Dieses System beruht auf seinen ersten Stufen ausschließlich auf dem Austausch von Daten.[2] Die Auskunftsersuchen nach Art. 7 der Verordnung beinhalten dann weitere direktere Stufen des Informationsaustauschs, diese Ersuchen dürfen von den Finanzbehörden der Mitgliedstaaten grundsätzlich nur in begründeten Fällen gestellt werden. Zwar existiert keine mengenmäßige Beschränkung solcher Ersuchen; allgemein ist aber zu beobachten, dass die Anzahl der Auskunftsersuchen seit Jahren steigt.[3]

 

Rz. 27

Eine wichtige Voraussetzung für die Durchführung eines Auskunftsersuchens ergibt sich aus Art. 54 Abs. 1 der Zusammenarbeits-VO. Nach dieser Vorschrift werden die Auskünfte zunächst unter der Voraussetzung erteilt, dass

  1. Anzahl und Art der Auskunftsersuchen der ersuchenden Behörde innerhalb eines bestimmten Zeitraums der ersuchten Behörde keinen unverhältnismäßig großen Verwaltungsaufwand verursachen und
  2. die ersuchende Behörde die üblichen Informationsquellen ausgeschöpft hat, die sie unter den gegebenen Umständen zur Erlangung der erbetenen Informationen genutzt haben könnte, ohne die Erreichung des angestrebten Ergebnisses zu gefährden.[4]
 

Rz. 28

Das Auskunftsersuchen um Informationen oder behördliche Ermittlungen nach Art. 7 ist demnach in zweifacher Hinsicht subsidiär. Zunächst dürfen die gewünschten Auskünfte nicht im Wege des Datenaustauschs zu erlangen sein, zudem bedürfen die Einschränkungen des Art. 54 Abs. 1 Zusammenarbeits-VO der Beachtung. Diese Beschränkungen erschweren m. E. den Auskunftsaustausch, obwohl wohl kaum damit zu rechnen ist, dass einzelne Staaten mit Ersuchen "überschüttet" werden. Abgesehen davon, dass es schon aus verwaltungsökonomischen Gründen selbstverständlich sein dürfte, dass die Behörden jedes Mitgliedstaats zunächst die internen Informations- und Ermittlungsmöglichkeiten ausschöpfen, sind die genannten Voraussetzungen von einem einzelnen Mitgliedstaat gegenüber einem anderen auch kaum verlässlich einzuschätzen. Was soll etwa einen "unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand" in Italien oder Deutschland darstellen und vor allem: Wer soll das beurteilen? Die Regelung des Art. 54 Abs. 1 Buchst. b Zusammenarbeits-VO ist daher wohl eher dazu geeignet, Unsicherheit bei den Finanzbehörden der Mitgliedstaaten zu erzeugen.

 

Rz. 29

M. E. ist in diesem Zusammenhang zu bedenken, dass jede Zurückweisung eines Auskunftsersuchens durch einen Mitgliedstaat nur dazu führen kann, dass die Finanzbehörden des betroffenen anderen Mitgliedstaats weniger oder gar keine weiteren Ersuchen stellen werden; ein Ergebnis, das kaum i. S. eines "funktionierenden Binnenmarkts" sein kann. Dass die Europäische Kommission den Auskunftsaustausch weiter fördern will, ist daraus ersichtlich, dass die Auskunftsmöglichkeiten durch die Verordnung 2018/1541 v. 2.10.2018[5] nochmals verbessert wurden. Insbesondere die Möglichkeit der Zurückweisung von Ersuchen (Art. 7) und die elektronischen Abfragemöglichkeiten (Art. 21f.) wurden verändert.

Rz. 30 einstweilen frei

[1] Verordnung (EU) Nr. 904/2010 des Rates v. 7.10.2010, Abl.EU 2010, Nr. L 268, 1 mit vielfachen nachfolgenden Änderungen.
[2] Art. 51 Abs. 1 Zusammenarbeits-VO.
[3] Vgl. dazu bereits den Bericht der Kommission, Anwendung der Verordnung (EWG) Nr. 218/92 des Rates v. 27.1.1992 über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden auf dem Gebiet der indirekten Besteuerung (MwSt.) v. 8.1.1997, KOM (96) 681 (endg.).
[4] Weitere Einschränkungen ergeben sich aus den folgenden Absätzen des Art. 54 Zusammenarbeits-VO insbesondere dann, wenn die ersuchte Behörde aus rechtlichen Gründen nicht zur Auskunftserteilung in der Lage ist oder die Auskunft zur Preisgabe von Geschäftsgeheimnissen führen würde.
[5] ABl.EU 2018, Nr. L 259, 1.

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