Rz. 88

Für die Anwendung der RL 2008/9/EG reicht es aus, wenn der Sitz der wirtschaftlichen Tätigkeit des antragstellenden Unternehmers im Ausland (nicht im Erstattungsstaat) liegt. Ob daneben noch ein Wohnsitz im Erstattungsstaat besteht, ist in einem solchen Fall irrelevant. Nach der RL 2008/9/EG kommt es für den Begriff des "nicht im Inland ansässigen Steuerpflichtigen" für die Beurteilung der Ansässigkeit des antragstellenden Unternehmers auf einen Wohnsitz nur dann an, wenn ein Sitz oder eine feste Niederlassung nicht festzustellen ist.[1] Der Ausschluss eines Erstattungsanspruchs im Vorsteuervergütungsverfahren gegenüber EU-Unternehmern setzt voraus, dass eine feste Niederlassung des Antragstellers im Mitgliedstaat, in dem er den Vergütungsantrag gestellt hat, tatsächlich steuerbare Umsätze bewirkt hat und nicht bloß dazu in der Lage gewesen wäre. Das Kriterium "eine feste Niederlassung, von der aus Umsätze bewirkt wurden" i. S. d. RL 2008/9/EG und Art. 3 Buchst. a MwStSystRL, enthält somit zwei Voraussetzungen, die gleichzeitig erfüllt sein müssen: zum einen, dass eine "feste Niederlassung" besteht, und zum anderen, dass von dort aus Ausgangsumsätze bewirkt wurden. Ein Unternehmer, der im Erstattungsstaat zwar eine feste Niederlassung besitzt, die selbst jedoch keine Umsätze ausführt, gilt somit für Zwecke des Vorsteuervergütungsverfahrens als nicht im Erstattungsmitgliedstaat ansässig.[2]

 

Rz. 89

Nach § 18 Abs. 9 S. 1 UStG i. V. m. § 59 S. 1 UStDV muss es sich bei dem Vergütungsberechtigten um einen im Ausland ansässigen Unternehmer handeln. Die Auslandsansässigkeit wird in § 59 S. 2 UStDV definiert. Diese Definition entspricht nicht der Definition in § 13b Abs. 4 S. 1 UStG (aufgrund der Einfügung eines neuen Art. 192a der MwStSystRL durch Art. 2 Nr. 6 der RL 2008/8/EG v. 12.2.2008[3] wurde hinsichtlich der Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers ein anderer Begriff der Ansässigkeit eines Unternehmers eingeführt, als er in Art. 2 Nr. 1 der RL 2008/9/EG zum Vorsteuervergütungsverfahren geschaffen wurde). Nach § 59 S. 2 UStDV ist ein im Ausland ansässiger Unternehmer ein Unternehmer, der im Inland, auf der Insel Helgoland und in einem der in § 1 Abs. 3 des Gesetzes bezeichneten Gebiete weder einen Wohnsitz, seinen gewöhnlichen Aufenthalt, seinen Sitz, seine Geschäftsleitung noch eine Betriebsstätte hat. Ein im Ausland ansässiger Unternehmer ist auch ein Unternehmer, der ausschließlich einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat oder ausschließlich eine Betriebsstätte im Inland, von der aus keine Umsätze ausgeführt werden, aber im Ausland seinen Sitz, seine Geschäftsleitung oder eine Betriebsstätte hat, von der aus Umsätze ausgeführt werden. Somit ist ein Unternehmer insbesondere auch dann im Ausland ansässig, wenn er zwar im Inland eine Betriebsstätte hat, von der aber im Vergütungszeitraum keine Umsätze ausgeführt werden. Auf die Staatsangehörigkeit des Unternehmers kommt es somit nicht an. Auch ist die Tatsache, dass ein Unternehmer bei einem FA im Inland umsatzsteuerlich geführt wird, kein Merkmal dafür, dass er im Inland ansässig ist. Das Gleiche gilt grundsätzlich, wenn dem Unternehmer eine deutsche USt-IdNr. erteilt wurde. Ein Unternehmer ist bereits dann im Inland ansässig, wenn er eine Betriebsstätte hat und von dieser Umsätze ausführt. Die Absicht, von dort Umsätze auszuführen, ist nicht ausreichend.[4] Die Vorsteuerbeträge des im Ausland gelegenen Unternehmensteils sind in den Fällen der Inlandsansässigkeit über eine Betriebsstätte im Rahmen des allgemeinen Besteuerungsverfahrens von der Betriebsstätte geltend zu machen.

 

Rz. 90

Inland i. S. d. UStG ist das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland mit Ausnahme des Gebiets von Büsingen, der Insel Helgoland, der Freizonen des Kontrolltyps I nach § 1 Abs. 1 S. 1 des Zollverwaltungsgesetzes (Freihäfen), der Gewässer und Watten zwischen der Hoheitsgrenze und der jeweiligen Strandlinie sowie der deutschen Schiffe und der deutschen Luftfahrzeuge in Gebieten, die zu keinem Zollgebiet gehören.[5] Zum Inlandsbegriff vgl. im Einzelnen die Kommentierung zu § 1 Abs. 2 UStG.

 

Rz. 91

Der im Ausland ansässige Unternehmer darf im Inland[6] weder einen (nicht "seinen") Wohnsitz, noch seinen (nicht "einen") gewöhnlichen Aufenthalt, noch seinen (nicht "einen") Sitz, noch seine (nicht "eine") Geschäftsleitung, noch eine (nicht "seine") Betriebsstätte haben. Dabei müssen diese Voraussetzungen kumulativ erfüllt sein.

 

Rz. 92

Die Begriffe Wohnsitz, gewöhnlicher Aufenthalt, Sitz, Geschäftsleitung und Betriebsstätte können nicht (allein) nach den allgemeinen Definitionen der Abgabenordnung (§§ 8ff. AO) ausgelegt werden. Da das Vorsteuervergütungsverfahren auf unionsrechtlichen Vorgaben beruht, muss der Begriff der Ansässigkeit unionsrechtskonform ausgelegt werden.[7] Die Ansässigkeit außerhalb eines bestimmten Gebiets setzt nach Art. 1 der 8. EG-RL bzw. Art. 1 der 13. EG-RL voraus, dass für den Unternehmer in diesem Gebiet keiner der in diesen Vorschri...

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