Rz. 31

Nach § 15a Abs. 2 S. 1 UStG ist der Vorsteuerabzug zu berichtigen, wenn sich bei einem Wirtschaftsgut (zum Begriff des Wirtschaftsguts vgl. Rz. 26ff.), das nur einmalig zur Ausführung eines Umsatzes verwendet wird, die für den ursprünglichen Vorsteuerabzug maßgeblichen Verhältnisse ändern. § 15a Abs. 2 UStG setzt Art. 185 Abs. 1 MwStSystRL (früher Art. 20 Abs. 1 Buchst. b der 6. EG-Richtlinie) um. Damit unterliegen ab 1.1.2005 erstmals Wirtschaftsgüter der Vorsteuerberichtigung, die nur einmalig zur Ausführung von Umsätzen verwendet werden. In ertragsteuerlichen Kategorien gesprochen, handelt es sich dabei regelmäßig um Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens. Zu beachten ist jedoch, dass die ertragsteuerrechtliche Beurteilung als Umlaufvermögen oder Anlagevermögen umsatzsteuerrechtlich nicht entscheidend ist.[1] Bis zum 31.12.2004 bot das Gesetz in den Fällen, in denen der Unternehmer ein Wirtschaftsgut des Umlaufvermögens mit einer anderen Verwendungsabsicht als der später tatsächlich gegebenen Verwendung erworben hatte, keine Möglichkeit, den Vorsteuerabzug zu berichtigen.[2] Fiskalisch ungünstig war dies z. B.bei Grundstücken im Umlaufvermögen, die unter Nutzung der Option nach § 9 UStG steuerpflichtig erworben wurden, weil sie später steuerpflichtig veräußert werden sollten. Kam es später entgegen den Erwartungen des Unternehmers zu einer steuerfreien Veräußerung, war bis zum 31.12.2004 eine Berichtigung des Vorsteuerabzugs nicht möglich.

 

Rz. 32

Nach der Gesetzesbegründung wird ein Wirtschaftsgut nur dann einmalig zur Ausführung eines Umsatzes verwendet, wenn es verkauft oder verarbeitet wird.[3] Damit fallen unter § 15a Abs. 2 UStG nur solche Wirtschaftsgüter, die entweder selbst nur Gegenstand einer einzigen Lieferung sind und danach nicht mehr zum Unternehmensvermögen gehören oder die in einen anderen Gegenstand ein­gehen, der auch nur Objekt einer Werklieferung oder -leistung ist und danach dem Unternehmen nicht mehr zur Verfügung steht.[4] Typische Beispiele sind

  • Handelswaren,
  • Grundstücke im Umlaufvermögen,
  • Rohstoffe und Bauteile, die Gegenstand eines vom Unternehmer zu erstellenden Werks sind.
 

Rz. 33

Nach Verwaltungsauffassung kann aber auch ertragsteuerliches Anlagevermögen unter § 15a Abs. 2 UStG fallen, wenn es veräußert oder entnommen wird, ohne dass es zuvor zu anderen Verwendungsumsätzen gekommen ist.[5]

 

Rz. 34

Nach § 15a Abs. 2 S. 1 UStG ist der Vorsteuerabzug zu berichtigen, wenn bei einem Wirtschaftsgut des Umlaufvermögens die tatsächliche Verwendung von der beim Erwerb des Wirtschaftsguts gegebenen Verwendungsabsicht abweicht.

 

Rz. 35

Im Gegensatz zur Vorsteuerberichtigung bei Investitionsgütern (§ 15a Abs. 1 UStG) gibt es bei Umlaufvermögen keine Berichtigung pro rata temporis. Die Berichtigung ist vielmehr – losgelöst von einem bestimmten Berichtigungszeitraum – in dem Besteuerungszeitraum vorzunehmen, in dem das Wirtschaftsgut tatsächlich abweichend verwendet wird.[6] Die Berichtigungsmöglichkeit kann aus steuersystematischen Gründen (Belastung des Letztverbrauchs) nicht zeitlich begrenzt sein; es gibt also keinen Berichtigungszeitraum.[7] Sie ist in dem Umfang durchzuführen, in dem sich die Verwendungsverhältnisse – verglichen mit denen im Zeitpunkt der Anschaffung – geändert haben.

 

Beispiel (vgl. Huschens, INF 2005, 96/98):

Unternehmer B veräußert gewerbsmäßig bebaute Grundstücke. Am 1.4.01 kauft er von Unternehmer D ein Dreifamilienhaus. D optiert für den Verkauf nach § 9 UStG zur Steuerpflicht. Der Verkaufspreis beträgt 3 Mio. EUR zuzüglich 570.000 EUR USt. Der Kaufpreis verteilt sich gleichmäßig auf die drei Wohnungen. B beabsichtigt, das Gebäude aufzuteilen und die Wohnungen einzeln als Kanzlei- und Büroräume an Rechtsanwälte, Architekten und Ingenieure zu veräußern. Die für diesen Zweck in 02 abgeschlossenen Umbauarbeiten kosten 100.000 EUR zuzüglich 19.000 EUR USt je Wohnung. B kann in 01 aus den Anschaffungskosten und in 02 aus den Umbaukosten wegen der beabsichtigten steuerpflichtigen Veräußerung den vollen Vorsteuerabzug vornehmen.

Entgegen seinen Erwartungen kann B in 02 nur zwei Objekte steuerpflichtig an Rechtsanwälte und Architekten veräußern. Das dritte Objekt verkauft er in 03 steuerfrei an einen Arzt. Wegen der steuerfreien Veräußerung muss B in 03 den Vorsteuerabzug auf die Anschaffungs- und die Umbaukosten anteilig einmalig berichtigen. Er hat in 03 daher 209.000 EUR Vorsteuer[8] an das FA zurückzuzahlen.

 

Rz. 36

Kommt es bereits im Jahr des Erwerbs oder der Herstellung des Wirtschaftsguts zu einer von der ursprünglich beabsichtigten abweichenden Verwendung, so ist der Vorsteuerabzug entsprechend der tatsächlichen Verwendung vorzunehmen. Es kommt somit zu keiner Berichtigung nach § 15a UStG.[9]

[2] Nach BFH v. 12.2.2009, V R 85/07, BStBl II 2010, 76 kam auch eine analoge Anwendung von § 15a Abs. 1 UStG a. F. auf Umlaufvermögen nicht in Betracht.
[3] Reg­Entw. eines Richtlinien-Umsetzungsgesetzes, BT-Drs. 15/3677, zu Art. ...

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