Rz. 26

Nach § 15a Abs. 1 S. 1 UStG ist der Vorsteuerabzug zu berichtigen, wenn sich bei einem Wirtschaftsgut, das nicht nur einmalig zur Ausführung von Umsätzen verwendet wird, die für den ursprünglichen Vorsteuerabzug maßgeblichen Verhältnisse ändern.

Der Begriff "Wirtschaftsgut" wird im UStG nur in § 15a UStG verwendet. Art. 187 Abs. 1 MwStSystRL (früher Art. 20 Abs. 2 der 6. EG-Richtlinie) spricht von "Investitionsgut", worunter der EuGH einen Gegenstand versteht, der sich durch seine Langlebigkeit auszeichnet und dessen Anschaffungskosten daher regelmäßig nicht als laufende Kosten verbucht, sondern über mehrere Jahre hinweg abgeschrieben werden.[1]

 

Rz. 27

Nach Verwaltungsauffassung gelten als Wirtschaftsgüter i. S. d.§ 15a UStG die Gegenstände, an denen nach § 3 Abs. 1 UStG die Verfügungsmacht verschafft werden kann. Gegenstände i. S. d.§ 3 Abs. 1 UStG sind körperliche Gegenstände, Sachgesamtheiten und Wirtschaftsgüter, die im Wirtschaftsverkehr wie körperliche Sachen behandelt werden (Abschn. 15a.1 Abs. 1 S. 4 u. 5 UStAE). Der BFH stellt auf die Sicht des Durchschnittsverbrauchers ab. Danach ist ein Wirtschaftsgut ein Gut, das nach der Verkehrsauffassung selbstständig verkehrsfähig und bewertbar ist.[2]

Bei vertretbaren Sachen kann danach nicht die vertragliche Vereinbarung mit dem Lieferanten, sondern entsprechend der Sicht eines Durchschnittsverbrauchers nur die handelsübliche Anzahl, Größe oder Menge maßgebend sein.[3]

 

Rz. 28

Infrage kommen danach sowohl materielle als auch immaterielle Vermögensgegenstände, Letztere jedoch nur insoweit, als sie Gegenstand einer Lieferung sind.[4] Sind immaterielle Wirtschaftsgüter Gegenstand einer sonstigen Leistung, so fallen sie unter § 15a Abs. 4 UStG.[5] Nicht erforderlich ist, dass das Wirtschaftsgut bei bilanzierenden Unternehmern aktiviert werden muss. Auch selbst geschaffene immaterielle Wirtschaftsgüter, die nach § 5 Abs. 2 EStG nicht aktiviert werden dürfen, fallen unter § 15a UStG. Der Begriff "Wirtschaftsgut" erfasst jedoch nur den Gegenstand einer Lieferung i. S.d. § 3 Abs. 1 UStG und nicht den "Gegenstand" einer sonstigen Leistung[6] und kann, insbesondere bei einem selbst hergestellten Wirtschaftsgut, das Ergebnis mehrerer Lieferungen und sonstiger Leistungen sein (Beispiel: Gebäude). Von § 15a Abs. 1 UStG werden nur Gegenstände des (abnutzbaren oder nicht abnutzbaren) Anlagevermögens erfasst.[7] Aufgrund des weit gefassten Unternehmerbegriffs[8] fallen jedoch auch solche Wirtschaftsgüter unter diese Vorschrift, die einer Tätigkeit dienen, welche kein Betriebsvermögen i. S. d. EStG kennt, z. B. der Vermietung.[9] Auch sog. geringwertige Wirtschaftsgüter i. S.d. § 6 Abs. 2 EStG werden begrifflich erfasst. Es greift jedoch die Bagatellgrenze des § 44 Abs. 1 UStDV ein (Rz. 194ff.).

 

Rz. 29

Bei einem Gebäude, das z. T. unternehmerisch und z. T. für nichtunternehmerische Zwecke verwendet wird, liegen ertragsteuerlich mehrere Wirtschaftsgüter vor. Lange Zeit war umstritten, ob der ertragsteuerlichen Behandlung auch bei der umsatzsteuerlichen Beurteilung gefolgt werden kann. Auf einen Vorlagebeschluss des BFH[10] entschied der EuGH[11], dass ein Grundstück – entsprechend der Nutzung – in verschiedene selbstständige Wirtschaftsgüter aufgeteilt werden kann.[12] Der BFH und die Verwaltung[13] haben sich dem EuGH-Urteil angeschlossen.

 

Rz. 30

Die Teilbarkeit wird im Übrigen bei der im Rahmen des § 15 Abs. 2 UStG bedeutsamen Frage der Verwendung eines Grundstücks vom BFH schon lange bejaht.[14] Sie folgt aus der unterschiedlichen Nutzungsmöglichkeit eines Gebäudes oder Grundstücks.

[1] Vgl. EuGH v. 1.2.1977, C 51/76, Nederlandse Ondernemingen, UR 1977, 90; EuGH v. 16.2.2012, C-118/11, Eon Asset, BFH/NV 2012, 686.
[3] FG Niedersachsen v. 18.2.2016, 11 K 10076/15, Haufe-Index 10128351, DStRE 2018, 99, rkr.; a. A: Abschn. 15a.11 Abs. 1 S. 4 UStAE.
[4] Z. B. bestimmte Computerprogramme, ein Firmenwert sowie Mietereinbauten i. S.d. BMF v. 15.1.1976, IV B 2 – S 2133 – 1/76, BStBl I 1976, 66; Abschn. 15a.1 Abs. 2 Nr. 1 UStAE.
[5] Huschens, INF 2006, 16.
[11] EuGH v. 4.10.1995, C-291/92, Armbrecht, UR 1995, 485.
[12] Zu den Auswirkungen des EuGH vgl. Huschens, UR 1995, 465; Nieskens/Tehler, BB 1997, 2134.

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