Rz. 329

Gestützt auf § 15 Abs. 5 UStG ist in § 40 UStDV der Vorsteuerabzug bei unfreien Versendungen geregelt. Diese Ermächtigungsvorschrift bietet die Möglichkeit, in Härtefällen die dem Leistungsempfänger zustehende Berechtigung zum Vorsteuerabzug[1] auf einen anderen zu übertragen, wenn dieser andere ein Entgelt für eine Lieferung oder sonstige Leistung anstelle des Leistungsempfängers zahlt.[2]

 

Rz. 330

Das Besondere bei der unfreien Versendung besteht darin, dass der Lieferer einer Ware mit einem Frachtführer aufgrund der mit dem Abnehmer vereinbarten Kostenabrede einen Frachtvertrag schließt, nach dem der Abnehmer die Frachtkosten zu zahlen hat. Der Frachtvertrag über die Beförderung eines Gegenstands ist also zwischen dem Lieferer und dem Beförderer abgeschlossen worden[3] – zulasten eines Dritten, jedoch einvernehmlich mit diesem. Ohne diese Abrede zur unfreien Versendung wäre der Absender Schuldner der Frachtkosten. Gemäß § 75 Abs. 2 Eisenbahnverkehrsordnung wird jedoch der Empfänger des Frachtguts durch die Annahme des Frachtbriefs verpflichtet, dem Beförderer die Frachtkosten zu zahlen.[4] Demnach schuldet auch der Empfänger einer solchen Sendung die Frachtkosten, und zwar aufgrund gesetzlicher Verpflichtung. Umsatzsteuerlich wird in diesem Falle die Beförderungsleistung an den Lieferer (Auftraggeber des Spediteurs u. dgl.) erbracht, der somit auch gem. § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG zum Vorsteuerabzug berechtigt ist. In der Praxis ergeben sich bei der Wahrnehmung dieser Berechtigung jedoch Schwierigkeiten, weil der Lieferer die Frachtrechnung regelmäßig nicht erhält und diese sich erst vom Empfänger der Sendung beschaffen müsste, um seine Berechtigung zum Vorsteuerabzug nachweisen zu können. Besonders schwierig wird die Beschaffung der Belege, wenn mehrere Beförderungsunternehmer in das Frachtgeschäft eingeschaltet sind, wenn bspw. ein Rollfuhrunternehmer bei einer Bahnsendung sein Rollgeld am Empfangsort gesondert abrechnet oder bei Einschaltung von Unterspediteuren eine einheitliche Frachtrechnung nicht erteilt worden ist. Diese Schwierigkeiten beseitigt § 40 UStDV, indem die Berechtigung zum Abzug der auf den Frachtkosten ruhenden USt auf den Empfänger der Warensendung übertragen wird.

 

Rz. 331

§ 40 UStDV erfasst die Fälle, in denen der Absender

  • einen Gegenstand durch einen Frachtführer oder Verfrachter unfrei zu einem Dritten befördern oder
  • eine solche Beförderung durch einen Spediteur unfrei besorgen lässt.

Zu beachten ist, dass Eigenbeförderungen durch den Absender oder den Empfänger (Abholung) nicht von der Regelung erfasst werden. Der Auftrag zur unfreien Beförderung oder Besorgung der Beförderung muss an einen Dritten erteilt worden sein. Dieser Dritte kann zur Durchführung des Auftrags sich eines oder mehrerer Erfüllungsgehilfen (Unterspediteure, Frachtführer, Rollfuhrunternehmer u. dgl.) bedienen. Ebenso ist es möglich, dass der Absender für einen Beförderungsvorgang mehrere Beförderungsaufträge erteilt. Beispielsweise kann ein Frachtführer vom Absender beauftragt werden, den Gegenstand bis zur Station A zu befördern, während gleichzeitig einem zweiten Frachtführer der Auftrag erteilt wird, die Weiterbeförderung ab A zum Empfänger durchzuführen. Die Frachtkosten müssen jeweils vom Empfänger zu tragen sein.

 

Rz. 332

Der Absender darf wegen der Fiktion des § 40 UStDV die Steuer, die auf den Beförderungsleistungen lastet, nicht abziehen; eine Wahlmöglichkeit scheidet aus.[5] Eine Wahl können die Beteiligten nur und spätestens bei der Vereinbarung der Kostenklausel treffen.

 

Rz. 333

Im Weiteren stellt der Verordnungsgeber in § 40 Abs. 1 Nr. 1-3 UStDV klar, dass die Berechtigung des Empfängers zum Vorsteuerabzug von folgenden Voraussetzungen abhängt:

  • Er muss gem. § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG zum Vorsteuerabzug berechtigt sein. Der Vorsteuerabzug entfällt somit, soweit die Beförderungsleistung oder ihre Besorgung einem Ausschlusstatbestand i. S. d. § 15 Abs. 2 UStG zuzurechnen ist.
  • Er muss die Entrichtung des Beförderungsentgelts oder des Entgelts für deren Besorgung zuzüglich Steuer übernommen haben. Der Zahlungsweg ist ohne Bedeutung. Verweigert er die Zahlung, entfällt der Vorsteuerabzug, weil gefolgert werden muss, dass eine Vereinbarung über die unfreie Versendung nicht zustande gekommen ist.
  • Die letztgenannte Voraussetzung ist durch Vorlage der Rechnung über die Beförderung oder Besorgung der Beförderung zu belegen. In Abs. 2 des § 40 UStDV wird schließlich auch bestimmt, dass der Empfänger der Frachtsendung bei Anwendung dieses Verfahrens die üblichen Aufzeichnungs- und Nachweispflichten zu erfüllen hat.[6]
 

Rz. 334

§ 40 UStDV gilt nicht nur für Frachtsendungen im Rahmen von Lieferungen, sondern auch für Versendungsaufträge im Zusammenhang mit Materialgestellungen und Materialbeistellungen.[7]

 

Rz. 335

Bei Einschaltung eines Empfangsspediteurs bei unfreien Versendungen gilt nach Abschn. 15.7 Abs. 2 UStAE Folgendes: Zieht der Empfangsspediteur die ihm berechneten Frachtkosten (Vorkosten) in eigenem Namen ein, i...

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