Rz. 192

Bei den Umsätzen für das Unternehmen i. S. v. § 15 Abs. 1 UStG nehmen die Reisekosten des Unternehmers und des Mitunternehmers bei Personengesellschaften sowie die vom Unternehmer an seine Arbeitnehmer gezahlten Reisekosten- und Umzugskostenvergütungen eine besondere Stellung ein, weil sich in diesem Bereich erfahrungsgemäß betriebliche und private Interessen überschneiden. Diese Aufwendungen gehören ertragsteuerlich nur dann zu den Betriebsausgaben, wenn die Reise oder der Umzug im betrieblichen Interesse erfolgt. Anderenfalls sind sie Kosten der Lebensführung. Die betriebliche Veranlassung von Verpflegungsmehraufwendungen bei Geschäftsreisen führt zum Abzug als Betriebsausgaben gleichwohl nur im Rahmen der Begrenzung des § 5 Abs. 5 Nr. 5 EStG i. V. m. § 8 EStDV, denn Essen und Trinken sind offenbar nach der Vorstellung des Gesetzgebers immer auch ein Vorgang, der die persönliche Sphäre der Betroffenen berührt, weil diese ja auch ohne betriebliche Veranlassung etwas gegen ihren Hunger und Durst hätten tun müssen. § 15 Abs. 1a S. 2 UStG übernimmt diese durchaus lebensnahe Betrachtung nicht, sondern lässt den Vorsteuerabzug für die gesamten angemessenen Bewirtungsaufwendungen zu.

 

Rz. 193

Eine EU-rechtlich wenig ruhmreiche gesetzgeberische Episode stellte der zum 1.4.1999 eingeführte § 15 Abs. 1a Nr. 2 UStG dar, der durch Art. 5 Nr. 19 StÄndG 2003 zum 16.12.2003[1] wieder aufgehoben wurde – obschon er nicht anwendbar war von Anfang an (Rz. 195).

 

Rz. 194

Dieser § 15 Abs. 1a Nr. 2 UStG schloss den Vorsteuerabzug vollständig aus für Reisekosten des Unternehmers oder seines Personals, soweit es sich um Verpflegungskosten, Übernachtungskosten oder um Fahrtkosten für Fahrzeuge des Personals handelt. Damit wurde auch die Möglichkeit des pauschalen Vorsteuerabzugs aus Reisekosten gem. §§ 36-38 UStDV aufgehoben.

 

Rz. 195

Die von Anfang an gegen diese Vorschrift bestehenden Zweifel an ihrer Vereinbarkeit mit den Vorgaben des Art. 17 der 6. EG-Richtlinie[2] haben den BFH dazu geführt, sie in dem Urteil v. 23.11.2000[3] hinsichtlich des Ausschlusses für Reisekosten in Form von Übernachtungskosten für nicht anwendbar zu erklären. Es gilt nämlich wegen der Stand-still-Klausel in Art. 17 Abs. 5 der 6. Richtlinie der Anwendungsvorrang der Richtlinie zugunsten der Steuerpflichtigen, denen der nationale Gesetzgeber nicht einfach das Recht zum Vorsteuerabzug beschneiden darf.[4]

 

Rz. 196

Der Vorsteuerabzug aus Reisekosten richtet sich mangels besonderer Vorschriften also nach den allgemeinen Kriterien, d. h. es kommt insbesondere darauf an, dass der Unternehmer Leistungsempfänger der den Reisekosten zugrunde liegenden Leistungen ist und dass entsprechende Rechnungen vorliegen. Der Unternehmer muss also z. B. selbst die Fahrkarten und Flugscheine kaufen und dem Personal aushändigen oder die Hotels für sein Personal selbst buchen und diesem dann die Zimmernutzung überlassen. Rechnungen z. B. über von den Arbeitnehmern in eigenem Namen gebuchten Hotelzimmern berechtigen nicht zum Vorsteuerabzug, denn in diesen Fällen ist der Unternehmer nicht Leistungsempfänger.

 

Rz. 197

Die Verwaltung hat im Schreiben v. 28.3.2001[5] diese Folgerungen gezogen. Der Vorsteuerabzug kann, wenn der Unternehmer Empfänger der den Übernachtungs- oder Verpflegungskosten zugrunde liegenden Leistung ist, auch aus sog. Kleinbetragsrechnungen gem. § 33 UStDV[6] in Anspruch genommen werden. Die von der Verwaltung in dem BMF v. 28.3.2001 getroffenen Regelungen zum uneingeschränkten Vorsteuerabzug unternehmerisch veranlasster Verpflegungskosten sind zwar wegen der vom BFH festgestellten Unanwendbarkeit von § 15 Abs. 1a Nr. 2 UStG nicht zu beanstanden; immerhin sollte aber festgehalten werden, dass damit gegenüber der vor dem 1.4.1999 geltenden Rechtslage eine Besserstellung eingetreten ist, denn vor diesem Zeitpunkt wurde zwar auch der Vorsteuerabzug gewährt, über die damalige Eigenverbrauchsbesteuerung gem. § 1 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c UStG i. V. m. § 4 Abs. 5 Nr. 5 EStG kam es aber nur zu einer Vorsteuerentlastung der Mehraufwendungen. Wagner[7] vertritt zu Recht die Auffassung, dass eine derartige Beschränkung des Vorsteuerabzugsrechts durchaus sachgerecht wäre. Der Gesetzgeber hat dies im StÄndG 2003 und auch später nicht aufgegriffen.

 

Rz. 198

Nach den Grundsätzen, die der EuGH im Urteil v. 19.9.2000[8] zur Zulässigkeit von Ausnahmegenehmigungen für nationale Sonderregelungen gem. Art. 27 der 6. EG-Richtlinie aufgestellt hat, wäre eine Ermächtigung[9] zur Einführung des vollständigen Vorsteuerausschlusses für Reisekosten durch den Gesetzgeber unzulässig. Insofern ist der Gestaltungsspielraum des deutschen Gesetzgebers hier deutlich eingeschränkt.

 

Rz. 199

Für Vorsteuern aus Aufwendungen des Unternehmers für Reisen Dritter gab und gibt es keine Einschränkungen, sodass z. B. der Vorsteuerabzug immer möglich war und ist in den Fällen, in denen der Unternehmer die Verpflegung, Übernachtungsmöglichkeit sowie Fahrgelegenheiten einem an ihn leistenden Unternehmer beistel...

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