Rz. 100

§ 14 Abs. 4 Nr. 5 UStG verlangt Angaben in der Rechnung über die Menge und die Art der gelieferten Gegenstände mit der handelsüblichen Bezeichnung oder über den Umfang und die Art der sonstigen Leistung. Dazu müssen alle bei den Vertragsparteien vorhandenen Unterlagen herangezogen werden, um den Rechnungsgegenstand bestimmen zu können. Maßgebend ist die verständige Sicht des mit den Geschäften vertrauten Vertragspartners, denn die Rechnungen müssen nicht für die Finanzverwaltung geschrieben werden, sondern gem. § 14 Abs. 2 UStG für den Leistungsempfänger.[1] Daran ändert auch die Sanktion als Ordnungswidrigkeit gem. § 26a Abs. 1 UStG für die Nichtausstellung der Rechnung nichts.

 

Rz. 100a

Im Urteil v. 12.3.2020 hat der BFH entschieden, dass ein Abrechnungsdokument, das nur von "Produktverkäufen" spricht, keine Rechnung ist, denn bei dieser Formulierung ist es unmöglich, die abgerechnete Leistung eindeutig und leicht nachzuprüfen. Daher ist ein derartiges Dokument auch keiner Berichtigung zugänglich, die sie zur Rechnung i. S. v. § 14 Abs. 1 UStG machen könnte.[2]  Im BFH-Fall war auch aus der Angabe, dass der leistende Unternehmer ein Verlag war, kein Aufschluss über die Art der Leistung zu gewinnen.[3]

 

Rz. 101

Besonders hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang auf den Standpunkt des BFH im Beschluss v. 29.11.2002[4], dass bei hochpreisigen Gegenständen wie z. B. Schmuck, Uhren o. Ä.[5], die bloße Gattungsangabe, wie z. B. "Lieferung von 50 Uhren" nicht genügt, sondern eine nähere Beschreibung erforderlich ist, welche die exakte Identifizierung der gelieferten Gegenstände zuverlässig ermöglicht. Im Urteil v. 19.4.2007[6] hat der BFH in einem Fall, in dem feststand, dass der Steuerpflichtige nach objektiven Kriterien wusste oder wissen konnte, dass die Mobiltelefone, die er erwarb, Gegenstand eines Karussellbetrugs waren, den Vorsteuerabzug versagt, auch weil die Identifikation der Waren wegen der Nichtangabe der 15-stelligen sog. IMEI-Nummer (International Mobile Equipment Identity Number) in der Rechnung nicht feststellbar war.

 

Rz. 102

Leutmeier/Zühlke[7] schlagen unter Berufung auf Birkenfeld[8] vor, dass die handelsübliche Bezeichnung bei Gegenständen mit einem Wert von mehr als 50 EUR auch die Herstellernummer des gelieferten Gegenstands umfassen solle. Nur so sei der Umsatzsteuer-Karussellbetrug z. B. mit Mobiltelefonen zu bekämpfen. Es erscheint zweifelhaft, ob das Gesetz dieses Erfordernis deckt, denn die Produktspezifizierung ist mehr als die handelsübliche Bezeichnung. Es dürfte also nicht genügen, nur die Ausführungen in Abschn. 14.5 UStAE zu ändern, vielmehr müsste das Gesetz insoweit ergänzt werden. Ob dies nach Art. 226 Nr. 6 MwStSystRL überhaupt zulässig ist, versteht sich nicht von selbst, denn dort ist nur von der "Art der gelieferten Gegenstände" die Rede. Jorczyk/Rüth[9] legen entsprechend der hier vertretenen Meinung überzeugend dar, dass es keine Rechtsgrundlage und auch keine praktische Handhabbarkeit für die verpflichtende Angabe der IMEI-Nummer bei Rechnungen über Mobiltelefone gibt. Da die sog. Handys im Großhandel als Gattungsschuld gehandelt werden, kommt es auf dieser Stufe auf die Nummer überhaupt nicht an, sodass die handelsübliche Bezeichnung nach Gattung und Typ ohnehin ausreicht. Hier spielt auch der Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit eine Rolle.[10] Das BMF v. 1.4.2009[11] verlangt die Angabe der IMEI-Nummer nicht grundsätzlich, sondern sieht in ihrem Fehlen bei Betrugsverdachtsfällen entsprechend dem BFH-Urteil v. 19.4.2007 nur ggf. ein Indiz dafür, dass die Lieferung gar nicht stattgefunden hat.

 

Rz. 102a

Das Hessische Finanzgericht hat im Urteil v. 12.10.2017[12] entschieden, dass im Bereich des Handels mit Kleidungsstücken, speziell im Niedrigpreissegment der Freizeitkleidung, die bloße Angabe der Gattung für eine hinreichende Leistungsbeschreibung nicht genügt, weil damit eine Identifizierung der Waren nicht möglich sei, was aber für die Geltendmachung des Vorsteuerabzugs unerlässlich ist. Diese Anforderungen an Rechnungen sind nicht danach zu differenzieren, ob es sich um Kleidung aus dem Niedrigpreissegment oder aus den höherwertigen Angeboten handelt. Ähnlich hat auch das FG Düsseldorf in dem Urteil v. 15.9.2018[13] – auch zum Bereich des Bekleidungshandels – entschieden.

 

Rz. 102b

Zu derartigen Fällen hat der BFH in den Beschlüssen vom 14.3.2019[14] und v. 16.5.2019[15] es für ernstlich zweifelhaft erklärt, ob der Vorsteuerabzug aus Rechnungen im Niedrigpreissegment es voraussetzt, dass in der Leistungsbeschreibung die Art der gelieferten Gegenstände mit ihrer handelsüblichen Bezeichnung angegeben wird, oder ob es ausreicht, nur die Warengattung wie z. B. " Hosen", "Blusen" oder "Pulli" anzugeben. Diese Zweifel stellen sich deshalb ein, weil es bisher dazu an höchstrichterlicher Rechtsprechung fehlt. Außerdem begnügt sich Art. 226 Nr. 6 MwStSystRL mit der Angabe der "Art der gelieferten Gegenstände" in der Rechnung, was gegenüber der von § 14 UStG verlangten Angabe der...

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