Rz. 123a

Seit dem 30.6.2013 (Rz. 1) verlangt § 14 Abs. 4 Nr. 10 UStG, dass auf Gutschriften (Rz. 51ff.) die Angabe "Gutschrift" stehen muss. Durch das BMF v. 25.10.2013[1] ist allerdings zugelassen worden, dass die Nichtbefolgung dieser Verpflichtung erst bei nach dem 31.12.2013 erteilten Gutschriften von der Verwaltung beanstandet werden soll. Aber auch dann, wenn das Wort "Gutschrift" oder ein entsprechender Begriff aus einer EU-Amtssprache nicht in der Gutschrift verwendet wird, aber trotz begrifflicher Unschärfen keine Zweifel daran bestehen, dass eine Abrechnung durch den Leistungsempfänger vorliegt und die inhaltliche Richtigkeit der Gutschrift nicht infrage steht, soll der Vorsteuerabzug nicht versagt werden.[2]

 
Praxis-Beispiel

Der österreichische Leistungsempfänger rechnet über eine erhaltene Leistung erlaubterweise mittels einer Gutschrift ab und verwendet das im österreichischen Sprachraum für Gutschriften gebräuchliche Wort "Eigenfaktura".

 

Rz. 123b

Diese Anordnung des § 14 Abs. 4 Nr. 10 UStG entspricht zwar den Vorgaben des Art. 226 Nr. 10a der MwStSystRL. Freilich ist der praktische Sinn und Nutzen dieser besonderen Kennzeichnung nicht ersichtlich. Es gab seit 1968 in Deutschland keinerlei Probleme daraus, dass Gutschriften nicht ausdrücklich als solche zu bezeichnen waren. Der Entwurf der Bundesregierung für ein Jahressteuergesetz 2013[3] führte als Begründung für die neue Vorschrift nur an, dass damit die unionsrechtlichen Vorgaben umgesetzt wurden. Das stimmte zwar, gab aber keine Auskunft darüber, welches Ziel mit dieser Verpflichtung der Unternehmer erreicht werden soll.[4] Insofern stellt sich die Frage, warum die Bundesregierung der Richtlinie v. 13.7.2010 zugestimmt hat, mit der Art. 226 MwStSystRL um die Nr. 10a ergänzt wurde. Wie dem auch sei: Nun gilt eben § 14 Abs. 4 Nr. 10 UStG, wenn auch weitgehend sanktionslos, denn gem. dem schon in Rz. 123a erwähnten BMF v. 25.10.2013 führt die fehlerhafte Verwendung des Wortes "Gutschrift" auf einem Abrechnungsdokument allein nicht zur Anwendung des § 14c UStG – Ausstellung einer unzutreffenden oder unzulässigen Rechnung.[5]

 

Rz. 123c

Daraus, dass in § 14 Abs. 4 Nr. 10 UStG – entsprechend Art. 226 Nr. 10a MwStSystRL – das Wort Gutschrift in Anführungszeichen steht, könnte bei grammatikalischer Auslegung geschlossen werden, dass nur und allein dieses Wort verwendet werden darf. Das wäre aber deshalb nicht gerechtfertigt, weil es keine unionsrechtliche Vorgabe dazu gibt, in welcher Sprache ein Abrechnungsdokument zu erstellen ist. Dann macht es keinen Sinn, ausgerechnet nur für Gutschriften, die auch in jeder Sprache erstellt werden dürfen, die ausschließliche Verwendung des deutschen Wortes "Gutschrift" vorzuschreiben.

 

Rz. 123d

Es ist nicht ersichtlich, dass man sich dieser Fragen bei der Schaffung der Richtlinie v. 13.7.2010 bewusst war. Das BMF v. 25.10.2013 erlaubt deshalb nun die Verwendung der Begriffe für Gutschriften in allen EU-Amtssprachen, also z. B. das Wort "Self-billing" bei Gutschriften in englischer Sprache. Abschn. II des BMF-Schreibens bringt eine Tabelle zu den in den anderen Amtssprachen verwendeten Begriffen für Rechnungsangaben, die seit dem 30.6.2013 auch in § 14a UStG vorgeschrieben sind.

Auf dänisch z. B. heißt Gutschrift "selvfakturering",

auf französisch "Autofacturation",

auf italienisch "autofatturazione",

auf niederländisch "factuur uitgereikt door afnemer",

auf polnisch "samofakturowanie",

auf englisch (und slowenisch (!)) "Self-billing",

auf spanisch "facturación por el destinario".

 

Rz. 123e

Mit dieser Zulassung der anderen EU-Amtssprachen mag man in vielen Fällen zurechtkommen. Aber es gibt im Geschäftsverkehr in Deutschland selbstverständlich auch unzählige Gutschriften, die z. B. in türkischer, russischer oder japanischer Sprache erstellt werden.

 
Praxis-Beispiel

Eine in türkischer Sprache in Berlin erscheinende Zeitung schreibt einem türkischen selbstständigen Journalisten, der in Hamburg lebt, für einen Beitrag einen Honorarbetrag gut in einer in türkischer Sprache verfassten Gutschrift.

Nach dem BMF-Schreiben muss diese Gutschrift das Wort Gutschrift in einer EU-Amtssprache aufweisen. Da die Türkei nicht EU-Mitglied ist, darf das türkische Wort für Gutschrift nicht verwendet werden. An der Sinnhaftigkeit dieser Lösung drängen sich Zweifel auf, denn wenn die Gutschrift ohnehin übersetzt werden muss, dann kann man sicher auch noch das türkische Wort für Gutschrift übersetzen. Man wird kaum argumentieren können, dass das deutsche Wort "Gutschrift" auf einem Dokument den Prüfer darauf aufmerksam macht, dass hier ein umsatzsteuerlich interessantes Schriftstück vorliegt, denn bei Rechnungen an den Unternehmer in türkischer Sprache muss auch nicht das deutsche Wort "Rechnung" erscheinen (Rz. 21b). Es gibt aber sicher viel mehr Rechnungen als Gutschriften und es ist nicht ersichtlich, dass Gutschriften ein höheres Fälschungsrisiko aufweisen als Rechnungen. Man sieht: Die Regelung des § 14 Abs. 4 Nr. 10 UStG ist ein ärgerliches Zeugni...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Steuer Office Gold. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge