Rz. 17

Die Ermächtigung des nationalen Gesetzgebers zur ermäßigten Besteuerung ergibt sich aus Art. 98 Abs. 2 MwStSystRL. Danach sind die Mitgliedstaaten berechtigt, auf bestimmte Waren und Dienstleistungen einen ermäßigten Mehrwertsteuersatz anzuwenden. Nach Anhang III Kategorie 7 MwStSystRL fallen hierunter auch die "Eintrittsberechtigungen für Veranstaltungen, für Theater, Zirkus, Jahrmärkte, Vergnügungsparks, Konzerte, Museen, Tierparks, Kinos und Ausstellungen sowie ähnliche kulturelle Ereignisse und Einrichtungen". Die Aufzählung im Anhang III Kategorie 7 der MwStSystRL ergibt, dass die Richtlinie den EU-Mitgliedstaaten insoweit einen weiten Beurteilungsspielraum einräumt. Die EU-Mitgliedstaaten haben bei Beachtung des Grundsatzes der steuerlichen Neutralität die Möglichkeit, konkrete und spezifische Aspekte einer Kategorie von Dienstleistungen i. S. d. Anhangs III Kategorie 7 der MwStSystRL mit einem ermäßigten Steuersatz zu belegen.[1] Nach Anhang III Nr. 9 MwStSystRL fallen unter die Steuerermäßigung u. a. die Dienstleistungen von ausübenden Künstlern. Auf diese Weise sollen die Mitgliedstaaten die Möglichkeit haben, durch einen niedrigeren Steuersatz zugunsten der Besucher bestimmter kultureller Veranstaltungen eine Preiserhöhung zu vermeiden.[2] Da es sich um eine Ausnahme von dem Grundsatz handelt, dass für Leistungen der normale Steuersatz gilt, sind die Bestimmungen eng auszulegen, wobei die Auslegung grundsätzlich nach der gewöhnlichen Bedeutung zu erfolgen hat.[3] Nach der Rechtsprechung des EuGH fällt die Entscheidung über die Ausübung dieses Rechts zwar in den Zuständigkeitsbereich der Mitgliedstaaten. Diese haben aber bei der Ausübung ihrer Zuständigkeit den Grundsatz der steuerlichen Neutralität zu beachten. Dieser Grundsatz verbietet insbesondere, gleichartige und deshalb miteinander in Wettbewerb stehende Waren oder Dienstleistungen hinsichtlich der Mehrwertsteuer unterschiedlich zu behandeln. Vielmehr ist auf solche Waren oder Dienstleistungen ein einheitlicher Steuersatz anzuwenden. Der nationale Gesetzgeber hat daher auch nicht die Freiheit, den Kreis derer, deren Leistungen dem ermäßigten Satz unterliegen, willkürlich zu beschränken.[4] Infolgedessen sind bei der Auslegung der nationalen Begriffe "Theater" und "den Theatervorführungen und Konzerten vergleichbaren Darbietungen" speziell diejenigen Leistungen einheitlich zu behandeln, die aufgrund ihrer Gleichartigkeit in einem Wettbewerb stehen. Art. 98 i. V. m. Anhang III Nr. 9 MwStSystRL begünstigt die Tätigkeit eines "ausübenden Künstlers" auch bei einer geschlossenen Veranstaltung.[5] Die Beurteilung, wonach den Theatervorführungen vergleichbare Darbietungen in den Anwendungsbereich des § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG fallen, steht im Einklang mit dem Wortlaut und dem Zweck des Art. 98 Abs. 2 i. V. m. Anhang III Kategorie 7 und 9 MwStSystRL.[6]

 

Rz. 18

Entsprechend diesen Voraussetzungen kommt insbesondere bei Konzertveranstaltungen eine Differenzierung nach der Art der Musik (Pop oder Klassik) oder nach der Art der Kunstgattung nicht in Betracht. Ebenso wenig kommt eine Einschränkung der Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 20 Buchst. a UStG in Betracht, die darauf ausgerichtet ist, gewerblich (kommerziell) ausgerichtete Unternehmen aus dem Anwendungsbereich der Vorschrift auszuschließen und deren Anwendung auf solche dem Gemeinwohl dienende Tätigkeiten zu begrenzen. Jede Befreiung nach Art. 132 MwStSystRL ist unabhängig und klar definiert. Nichts im Wortlaut der Bestimmung lässt darauf schließen, dass ihre Anwendung auf gewerbliche Dienstleistungen ausgeschlossen ist. Hierzu führte der EuGH bereits in der Rechtssache C-144/00[7] aus, dass der gewerbliche Charakter einer Dienstleistung dem nicht entgegenstehe, dass sie in den Geltungsbereich der Befreiungen nach Art. 132 MwStSystRL fällt. Der EuGH befand weiterhin, dass sich aus der Überschrift als solcher keine Einschränkungen der Möglichkeiten der Steuerbefreiungen nach dieser Bestimmung ergäben. Daraus folgt, dass eine mit einem solchen Ansatz verfolgte Erweiterung der Bestimmung der MwStSystRL um eine darin nicht enthaltene Bedingung dazu führen würde, dass jedweder Befreiung nach Art. 132 MwStSystRL weitere Kriterien zugrunde gelegt werden müssten, die eine einheitliche Anwendung und Auslegung nicht mehr gewährleisten würden. Auf der Grundlage dieser Überlegungen ist somit eine Differenzierung der Leistungen und der damit einhergehenden Umsätze derart vorzunehmen, dass maßgeblich auf die Vergleichbarkeit der kulturellen Aufgaben abgestellt wird und nicht vorrangig Inhalt, Art sowie ggf. der kommerzielle Charakter einer Veranstaltung/Darbietung oder eines Veranstalters als Ausschlusskriterium heranzuziehen sind. In diesem Zusammenhang kann es auch nicht darum gehen, bei privaten Kulturanbietern im Einzelfall eintretende steuerliche Vorteile in Form eines Vorsteuerüberhangs, die sich im Anwendungsbereich des § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG ergeben können, zu verhindern.

[1] Vgl. BFH v...

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