1 Entstehung und Bedeutung der Vorschrift

 

Rz. 1

Durch die Vorschrift wird geregelt, dass auf die von bestimmten Unternehmern ausgeführten Lieferungen und getätigten innergemeinschaftlichen Erwerbe von Kunstgegenständen (Nr. 53 der Anlage 2 des UStG) der ermäßigte Steuersatz anzuwenden ist. Die neue Steuerermäßigungsvorschrift ist durch Gesetz v. 26.6.2013[1] in § 12 Abs. 2 UStG angefügt worden. Die Änderungen sind mWv 1.1.2014 in Kraft getreten.[2] Der ermäßigte Steuersatz ist somit auf die Lieferungen und innergemeinschaftlichen Erwerbe von Kunstgegenständen anzuwenden, die nach dem 31.12.2013 ausgeführt bzw. getätigt werden (§ 27 Abs. 1 UStG). Auf Lieferungen und innergemeinschaftliche Erwerbe von Kunstgegenständen, die vor dem 1.1.2014 ausgeführt bzw. getätigt werden, findet die Vorschrift keine Anwendung. Ob hierfür eine Steuerermäßigung in Betracht kommt, richtet sich nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG a. F. i. V. m. Nr. 53 der Anlage 2 des UStG (§ 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG Rz. 791). Bis 31.12.2013 konnten z. B. die Umsätze von Kunstgießereien begünstigt sein, wenn sie in Nr. 53 Buchst. c der Anlage 2 des UStG aufgeführte Originalerzeugnisse der Bildhauerkunst (Position 9703 00 00 des Zolltarifs, § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG Rz. 782ff.) lieferten.[3] Die Verwaltungsauffassung zu der ab 1.1.2014 anzuwendenden Vorschrift ergibt sich aus dem BMF-Einführungsschreiben.[4]

Weder der Inhalt dieses BMF-Schreibens noch anderweitige Verwaltungsanweisungen zu § 12 Abs. 2 Nr. 13 UStG wurden bislang in den UStAE aufgenommen.

 

Rz. 2

Die neu eingeführte Vorschrift ist Teil der Neuregelung der Umsatzbesteuerung von Kunstgegenständen und Sammlungsstücken. Diese Neuregelung war erforderlich geworden, weil die bisherigen deutschen Regelungen, die noch auf Umsätze bis 31.12.2013 anzuwenden sind (Rz. 1), nicht dem Unionsrecht entsprachen. Art. 103 MwStSystRL gibt den EU-Mitgliedstaaten die Möglichkeit, Umsätze mit bestimmten Kunstgegenständen und Sammlungsstücken (einschließlich Sammlerbriefmarken) unter bestimmten Voraussetzungen ermäßigt zu besteuern. Danach können die EU-Mitgliedstaaten die Anwendung eines ermäßigten Steuersatzes auf die Lieferungen von Kunstgegenständen vorsehen, wenn sie auf die Einfuhr von Kunstgegenständen, die in Art. 311 Abs. 1 Nr. 2 MwStSystRL aufgeführt sind, einen ermäßigten Steuersatz anwenden. Da die Bundesrepublik Deutschland ab 1.1.2014 auf die Einfuhr von in Nr. 53 der Anlage 2 des UStG aufgeführten Kunstgegenständen den ermäßigten Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 12 UStG anwendet[5], sind in Deutschland die Voraussetzungen des Art. 103 MwStSystRL gegeben. Ab 1.1.2014 entspricht die Umsatzbesteuerung von Kunstgegenständen und Sammlungsstücken in Deutschland somit dem Unionsrecht.

Die bis zum 31.12.2013 in Deutschland geltende Steuerermäßigung nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG a. F. i. V. m. Nr. 49 Buchst. f, Nr. 53 und Nr. 54 der Anlage 2 des UStG war mit verbindlichen Vorgaben des Unionsrechts nicht vereinbar, weil die Steuerermäßigung uneingeschränkt auf sämtliche Umsätze der in den vorbezeichneten Nummern der Anlage 2 des UStG bezeichneten Gegenstände anwendbar war. Diese Unionsrechtswidrigkeit betraf insbesondere den gewerblichen Kunsthandel (z. B. Galeristen, Kunsthändler).[6]

 

Rz. 3

Die Bundesregierung hatte wegen der Unionsrechtswidrigkeit der bisherigen Regelung bereits im Entwurf eines Steuerreformgesetzes 1999 vorgeschlagen, die Steuerermäßigungen für Kunstgegenstände und Sammlungsstücke wegen Unvereinbarkeit mit Art. 12 Abs. 2 der 6. EG-Richtlinie abzuschaffen und dementsprechend die Nr. 49 Buchst. f sowie die Nrn. 53 und 54 der damaligen Anlage des UStG zu streichen.[7] Aufgrund der Beschlussempfehlung des Bundestags-Finanzausschusses[8] hat der Deutsche Bundestag trotz des entgegenstehenden Unionsrechts seinerzeit entschieden, die Steuerermäßigungen unverändert beizubehalten (§ 12 UStG Rz. 111). Der Bundesrechnungshof (BRH) hat den Deutschen Bundestag und die Bundesregierung wiederholt auf die Unionsrechtswidrigkeit einer allgemeinen Begünstigung von Kunstgegenständen und Sammlungsstücken aufmerksam gemacht und die Abschaffung der Begünstigung sowohl aus gemeinschaftsrechtlichen Gründen als auch aus sachlichen Erwägungen gefordert.[9]

 

Rz. 4

Erst wegen eines Vertragsverletzungsverfahrens, das die EU-Kommission im Februar 2012 gegen Deutschland angestrengt hat, hat der deutsche Gesetzgeber die Steuerermäßigungen für Kunstgegenstände und Sammlungsstücke neu geregelt (§ 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG Rz. 11, 38, 647, 761, 791). Nach Auffassung der EU-Kommission hat die Bundesrepublik Deutschland ihre Verpflichtungen aus Art. 96 und Art. 98 MwStSystRL i. V. m. Anhang III und Art. 103 Abs. 2 MwStSystRL nicht erfüllt, weil Deutschland bis 31.12.2013 auf den innergemeinschaftlichen Erwerb und auf alle Inlandslieferungen von in der Anlage 2 des UStG aufgeführten Kunstgegenständen und Sammlungsstücken den ermäßigten Steuersatz anwendete. Um einem für Deutschland negativen EuGH-Urteil zuvorzukommen, hat der deutsche Gesetzgeber § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG durch Gesetz v. 26....

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