Rz. 203

Unter Nr. 4 der Anlage 2 des UStG fallen alle Waren des Kap. 4 des Zolltarifs (Milch und Milcherzeugnisse, Vogeleier und Eigelb sowie natürlicher Honig) mit Ausnahme von ungenießbaren Eiern ohne Schale, von ungenießbarem Eigelb sowie von genießbaren Erzeugnissen tierischen Ursprungs aus Position 0410 (Rz. 208).

In ihrer Antwort auf eine Kleine Anfrage der AfD-Bundestagsfraktion aus dem Jahr 2018 begründete die Bundesregierung die unterschiedliche Besteuerung von Milch und Milcherzeugnissen (7 %) einerseits sowie von Milchmischgetränken, die zu mehr als einem Viertel aus Fruchtsaft bestehen, und pflanzlichen Milchersatzprodukten wie Sojamilch (19 %) andererseits. Danach habe der Gesetzgeber Getränke generell dem Regelsteuersatz unterworfen. Eine Ausnahme hiervon habe er lediglich für Leitungswasser, Milch und bestimmte Milchmischgetränke (Milchgehalt mindestens 75 %) gemacht. Die Begünstigung von Milch und bestimmten Milchmischgetränken sei dabei zum einen sicherlich dem Stellenwert der Milch im Rahmen einer gesunden Ernährung geschuldet gewesen, zum anderen dem Umstand, dass es sich um ein landwirtschaftliches Erzeugnis handelt. Um nicht jedes Getränk durch die Beimischung geringer Mengen von Milch ebenfalls zu einem ermäßigt zu besteuernden Getränk werden zu lassen, sei der Mindestgehalt an Milch bzw. Milcherzeugnissen auf 75 % des Fertigerzeugnisses festgelegt worden. Die Anwendung des Normalsatzes für pflanzliche Milchersatzprodukte folge aus dem Gesetz und sei vom BFH bestätigt worden. Milchersatzprodukte pflanzlichen Ursprungs seien demnach keine Milch im umsatzsteuerrechtlichen Sinne. Laut BFH sei hierunter allein das "Gemelk" von Tieren zu verstehen. Die Lieferungen pflanzlicher Milchersatzprodukte unterlägen als Getränkeerzeugnis daher dem allgemeinen Steuersatz.[1]

 

Rz. 204

Als Milch i. S. d. Positionen 0401 bis 0404 des Zolltarifs gelten Vollmilch, Rahm, Magermilch, Buttermilch, Molke, saure Milch, Kefir, Joghurt und andere fermentierte oder gesäuerte Milch. Dazu gehört auch Milch mit Zusatz von Bestandteilen, die in der Milch natürlicherweise vorkommen (z. B. mit Vitaminen oder Mineralsalzen angereicherte Milch), mit Zusatz kleiner Mengen Stabilisierungsmittel zur Erhaltung der natürlichen Beschaffenheit während des Transports (z. B. Dinatriumphosphat) sowie mit Zusatz sehr kleiner Mengen Antioxydantien oder nicht in der Milch vorkommender Vitamine.

 

Rz. 205

Zu den Positionen 0401 bis 0404 des Zolltarifs (und damit zu Nr. 4 der Anlage 2 des UStG) gehört auch ungezuckerte oder gezuckerte Schlagsahne (= geschlagener Rahm).

 

Rz. 206

Auf die tatsächliche Verwendung der Milch usw. kommt es nicht an. Begünstigt ist daher nicht nur Trinkmilch, sondern auch Milch, die für andere Zwecke (z. B. als Werkmilch für Molkereien oder für Futterzwecke) verwendet wird.

 

Rz. 207

Zu Kap. 4 des Zolltarifs gehören z. B. nicht

  1. Getränke aus Milch mit Zusatz anderer Stoffe, z. B. Milch mit Zusatz von Fruchtsäften oder Alkohol (Kap. 22 des Zolltarifs); sie können jedoch unter Nr. 35 der Anlage 2 fallen (Rz. 551ff.);
  2. Getränke, die aus Soja, Reis oder Hafer hergestellt sind und als Milchersatz dienen (z. B. Soja-Milch). Nach Ansicht des FG Köln v. 7.7.2004[2] sei der ermäßigte Steuersatz dagegen auch auf pflanzliche Milchersatzprodukte anzuwenden. Unter den Begriff "Milch" könne nicht nur Milch tierischen Ursprungs, sondern auch Milch pflanzlichen Ursprungs subsumiert werden. § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG sei insoweit unter Berücksichtigung des Regelungsgehalts des Art. 12 Abs. 3 Buchst. a Unterabs. 3 i. V. m. Anhang H der 6. EG-Richtlinie dahin gehend auszulegen, dass auch pflanzliche Milchersatzprodukte vom Anwendungsbereich des ermäßigten Steuersatzes erfasst würden (Rz. 552). Dagegen hat der BFH im Revisionsverfahren entschieden, dass sog. Milchersatzprodukte pflanzlichen Ursprungs keine Milch oder Milchmischgetränke i. S. d. Nr. 4 oder Nr. 35 der Anlage bzw. Anlage 2 des UStG sind.[3] Die Verwaltung wendet dieses BFH-Urteil ohne Übergangsregelung in allen noch offenen Fällen an.[4] Friedrich meint in seiner Urteilsanmerkung[5], die Entscheidung sei im Ergebnis zwar vertretbar, allerdings könne die Begründung des BFH teilweise nicht überzeugen. Der BFH hatte seine Entscheidung u. a. damit begründet, dass Expositionen (hier: aus Kap. 4 des Zolltarifs) grundsätzlich umsatzsteuerlich auszulegen seien. Falls die Anlage 2 des UStG aber Begriffe der Kombinierten Nomenklatur verwende, seien diese nach den Regeln der Kombinierten Nomenklatur auszulegen, weil es lediglich eine Frage der Gesetzestechnik ohne inhaltliche Auswirkung sei, ob das Gesetz ausdrücklich auf Unterpositionen der Kombinierten Nomenklatur verweise oder eine Exposition Warenbereiche aus der Position herausnehme. "Milch" und "Erzeugnisse" würden in Kap. 4 bzw. Position 2202 der Kombinierten Nomenklatur verwendet und seien daher zolltariflich auszulegen. Hierzu vertritt Friedrich eine andere Auffassung (Rz. 104);
  3. Arzneiwaren (Positionen 3003 und 3004 des Zolltarifs);
  4. Albu...

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