Rz. 95

Zuständig für die Abgrenzung von dem ermäßigten Steuersatz unterliegenden Waren von den Waren, auf die der allgemeine Steuersatz anzuwenden ist, sind die Finanz- oder Steuerbehörden, nicht etwa die Zollbehörden. Allerdings haben sowohl betroffene Unternehmer (z. B. Lieferer) als auch die Finanzbehörden (insbesondere die FÄ) die Möglichkeit, bei den Zollbehörden Auskünfte einzuholen, unter welche Position des Zolltarifs eine bestimmte Ware fällt. Man unterscheidet zwischen verbindlichen Zolltarifauskünften (Rz. 96ff.) und unverbindlichen Zolltarifauskünften für Umsatzsteuerzwecke (Rz. 105ff.).

 

Rz. 96

Rechtsgrundlage für die Erteilung verbindlicher Zolltarifauskünfte war v. 1.1.1994 bis 30.4.2016 der ZK der Gemeinschaften. Seit dem 1.1.1994 beruht die Erteilung verbindlicher Zolltarifauskünfte nicht mehr wie zuvor auf nationalem Recht, sondern ausschließlich auf EU-Recht.[1] Am 1.5.2016 ist die Verordnung (EU) 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates v. 9.10.2013[2] zur Festlegung des ZK der Union (sog. Unionszollkodex – UZK) in Kraft getreten. Darin wurden die noch aus dem Jahr 1992 stammenden EU-Zollvorschriften grundlegend überarbeitet.[3] Der ZK der Union (UZK) ist die neue Rahmenverordnung zu den Vorschriften und Verfahren für den Zoll in der gesamten EU. Er stellt einen Schritt hin zu einem moderneren Zollumfeld für die EU-Mitgliedstaaten dar, der die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft stärken und die EU-Strategie für Wachstum und Beschäftigung voranbringen soll.[4] Die Rechtsgrundlagen für die Erteilung verbindlicher Zolltarifauskünfte ergeben sich ab 1.5.2016 aus dem ZK der Union (UZK), wobei sich in materieller Hinsicht Änderungen lediglich zur Geltungsdauer ergeben haben. Bislang waren verbindliche Zolltarifauskünfte ab der Ausstellung für sechs Jahre gültig. Für seit dem 1.5.2016 ausgestellte verbindliche Zolltarifauskünfte verkürzt sich deren Geltungsdauer auf drei Jahre.[5]

 

Rz. 97

Danach kann jede Person bei den Zollbehörden Auskünfte über die Anwendung des Zollrechts beantragen. Ein Antrag auf verbindliche Zolltarifauskunft wird in Deutschland allerdings abgelehnt, wenn er sich nicht auf eine tatsächlich beabsichtigte Ein- oder Ausfuhr von Waren bezieht. Bei reinen Inlandslieferungen oder bei beabsichtigten innergemeinschaftlichen Erwerben erteilen die Zollbehörden jedoch unverbindliche Zolltarifauskünfte für Umsatzsteuerzwecke (Rz. 105ff.). Dies gilt sowohl für Lieferer als auch für Abnehmer einer Lieferung.

Rz. 9899 einstweilen frei

 

Rz. 100

Eine verbindliche Zolltarifauskunft bindet grundsätzlich alle Zollbehörden der EU-Mitgliedstaaten für die Dauer von drei Jahren (vor dem 1.5.2016: von sechs Jahren) hinsichtlich der zolltariflichen Einreihung der Waren. Änderungen der Nomenklatur oder der Erläuterungen zur Kombinierten Nomenklatur sowie die Veröffentlichung von Verordnungen der Kommission über die Einreihung von Waren oder von Urteilen können dazu führen, dass eine verbindliche Zolltarifauskunft ungültig wird. In diesem Fall kann eine neue verbindliche Zolltarifauskunft bei demselben zuständigen Dienstort der Generalzolldirektion Bildungs- und Wissenschaftszentrum der Bundesfinanzverwaltung – BWZ – Abteilung Wissenschaft und Technik der Direktion IX (früher: bei derselben Zolltechnischen Prüfungs- und Lehranstalt – ZPLA -) beantragt werden, die die ungültig gewordene Auskunft erteilt hat. Eine verbindliche Zolltarifauskunft darf nicht für bereits erfolgte Einfuhren bzw. Ausfuhren oder bei bereits begonnenen Zollförmlichkeiten verwendet werden. Im Fall der Ausfuhr wird eine verbindliche Zolltarifauskunft jedoch nur erteilt, wenn die Einreihung in eine Nomenklatur z. B. für die Feststellung eines Erstattungsanspruchs oder für die Prüfung des Präferenzursprungs erforderlich ist. Die Erteilung einer verbindlichen Zolltarifauskunft für die Ausfuhr von Waren kommt nicht in Betracht, soweit nur die statistische Warennummer festgestellt werden soll.

 

Rz. 101

Jedem Antrag auf Erteilung einer verbindlichen Zolltarifauskunft sind – soweit möglich – Muster oder Proben der zu beurteilenden Ware in ausreichender Menge beizufügen. Ist dies wegen der besonderen Beschaffenheit der Ware wie Größe, Gewicht, Verderblichkeit, Wert oder dgl. nicht angebracht, sind Abbildungen, Prospekte oder so genaue Beschreibungen vorzulegen, dass die Auskunft danach erteilt werden kann. Reichen die Angaben im Antrag für eine zweifelsfreie Einreihung in den Zolltarif nicht aus und kann der Antragsteller die erforderlichen Daten auch auf Anfrage nicht liefern, ist davon auszugehen, dass die Waren durch das jeweilige Bildungs- und Wissenschaftszentrum der Bundesfinanzverwaltung untersucht werden müssen. Hierdurch entstehende Untersuchungsgebühren werden mit einem Kostenbescheid in Rechnung gestellt. Die Antragsteller müssen bei Untersuchungen damit rechnen, dass die Waren ggf. bei der Untersuchung verbraucht, beschädigt oder sogar zerstört werden können. Ein Schadenersatzanspruch entsteht dadurch nicht.

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