Rz. 28

Futtermittel sind aus agrarpolitischen Gründen in die Liste der ermäßigt besteuerten Waren aufgenommen worden. Die Aufnahme hängt ebenfalls mit der Besteuerung der Land- und Forstwirtschaft nach Durchschnittssätzen (§ 24 UStG) zusammen. Unterläge die Land- und Forstwirtschaft der Regelbesteuerung, hätte es wegen des möglichen Vorsteuerabzugs keiner Steuerermäßigung für Futtermittel bedurft. Die ermäßigte Besteuerung der Futtermittel (insbesondere Mischfuttermittel) vermeidet das agrarpolitisch unerwünschte Ergebnis, dass pauschalierende Landwirte aus Steuerersparnisgründen auf Futtermittel ausweichen, die als landwirtschaftliche Erzeugnisse (z. B. Getreide, Runkelrüben, Grünfutter, Stroh) nur mit dem ermäßigten Steuersatz besteuert werden.[1]

 

Rz. 29

Darüber hinaus trägt die Steuerermäßigung der Futtermittel und anderer Vorprodukte der Landwirtschaft (z. B. Vieh, Pflanz- und Saatgut) dazu bei, dass die globale Vorsteuerbelastung der Landwirtschaft und damit die Vorsteuerpauschale nach § 24 UStG möglichst niedrig gehalten wird. Das ist deshalb wünschenswert, weil eine niedrigere Vorsteuerpauschale einen größeren Anreiz zu einer Option aus der eigentlich systemwidrigen Durchschnittssatzbesteuerung heraus für die Regelbesteuerung bietet und sich auf die übrigen landwirtschaftlichen Betriebe gleichmäßiger auswirkt. Außerdem wird durch diese Wirkung der Steuerermäßigung erreicht, dass die Differenz zwischen dem ermäßigten Steuersatz im Fall der Regelbesteuerung und der Vorsteuerpauschale des § 24 UStG möglichst gering bleibt.

 

Rz. 30

Zum 1.1.1975 wurden – zusätzlich zu der Steuerermäßigung für Futtermittel – Fütterungsarzneimittel in die Steuerermäßigung einbezogen.[2] Fütterungsarzneimittel (d. h. verfütterungsfertige Arzneimittel mit Mischfuttermitteln als Trägerstoff) sind in die damalige Anlage des UStG aufgenommen worden, um sie umsatzsteuerlich nicht höher als die übrigen Futtermittel zu belasten. Durch Art. 18 Nr. 20 Buchst. c des Steueränderungsgesetzes 2001[3] wurde die Steuerermäßigung für die Lieferungen von Fütterungsarzneimitteln mWv 1.1.2002 wieder aufgehoben. Der Gesetzgeber wollte mit der Aufhebung der Steuerermäßigung erreichen, dass Arzneimittel insgesamt gleich behandelt werden. Der bisherige Wertungswiderspruch zur Nichtbegünstigung von Arzneimitteln im Bereich der Humanmedizin müsse beseitigt werden (Rz. 612ff.).

 

Rz. 31

Im Entwurf eines Gesetzes zum Abbau von Steuervergünstigungen und Ausnahmeregelungen v. 20.11.2002[4] war u. a. vorgesehen, die Nr. 23 der damaligen Anlage des UStG, wonach bestimmtes Tierfutter begünstigt ist, aufzuheben und die Steuerermäßigung nach Nr. 37 der damaligen Anlage des UStG nur noch auf Hunde- und Katzenfutter in Aufmachungen für den Einzelverkauf zu beschränken. Die damalige Bundesregierung hatte die Aufhebung der Steuerermäßigung für diese Erzeugnisse mit dem Abbau von Steuervergünstigungen im Umsatzsteuerrecht und gleichzeitig mit einer Steuervereinfachung sowie der Sicherung der Steuerbasis begründet.[5] Von der Besteuerung dieser Produkte mit dem allgemeinen Steuersatz wären insbesondere Land- und Forstwirte, die die Durchschnittssatzbesteuerung nach § 24 UStG anwenden, betroffen gewesen. Diesem Gesetzentwurf hat allerdings der Bundesrat die Zustimmung verweigert, sodass er nicht Gesetz geworden ist. Im Übrigen ist es steuerfachlich kaum nachvollziehbar, warum Tierfutter für landwirtschaftliche Zwecke dem allgemeinen Steuersatz unterliegen sollte, ausgerechnet Hunde- und Katzenfutter aber weiterhin ermäßigt besteuert werden sollten. Man wollte seinerzeit wohl dem Groll der zahlreichen Hunde- und Katzenliebhaber in Deutschland aus dem Weg gehen.

[1] Schlienkamp, BB Heft 14/1967, Beilage 5, 11.
[2] Art. 5 des Gesetzes zur Änderung des Arzneimittelgesetzes (AMG) v. 5.6.1974, BGBl I 1974, 1245, BStBl I 1974, 436.
[3] Gesetz zur Änderung steuerlicher Vorschriften (Steueränderungsgesetz 2001) v. 20.12.2001, BGBl I 2001, 3794, BStBl I 2002, 4.
[4] Steuervergünstigungsabbaugesetz (StVergAbG), BT-Drs. 15/119, BR-Drs. 866/02.
[5] Widmann, UR 2003, 9.

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