Rz. 404

Als Entgelt und damit Bemessungsgrundlage eines Umsatzes im Rahmen eines Tauschs ist der Wert des anderen Umsatzes, also der anderen Lieferung, anzusetzen. Der Wert ist nicht identisch mit den Aufwendungen des Leistungsempfängers für die Erbringung der Gegenleistung.[1] Er wurde früher nach objektiven Gesichtspunkten bestimmt, und zwar unabhängig von der Vereinbarung der Parteien oder der von ihnen angenommenen Grundlage.[2] Nach heutiger Auffassung wird der Umsatz durch den subjektiven Wert für die tatsächlich erhaltene und in Geld ausdrückbare Gegenleistung bestimmt.[3] Hat der Leistungsempfänger konkrete Aufwendungen für die Erbringung seiner Leistung getätigt, ist der gemeine Wert (§ 9 BewG) nicht maßgebend. Hat er keine konkreten Aufwendungen für seine Gegenleistung getätigt, war die Finanzverwaltung bisher davon ausgegangen, dass als Entgelt der gemeine Wert gem. § 9 BewG dieser Gegenleistung anzusetzen sei.[4] Das gilt bei einer zusammengesetzten Gegenleistung auch für einen einzelnen Teil, wenn seine gesonderte Behandlung umsatzsteuerlich bedeutsam ist.[5] Die genannte Vorschrift ist jedoch m. E. nur entsprechend heranzuziehen. Sie befasst sich mit der Bewertung von Wirtschaftsgütern. Das ergibt sich zwar nicht aus dem Wortlaut des § 9 Abs. 1 BewG, jedoch aus dem Zusammenhang mit den umstehenden Regelungen. Beim Tausch ist jedoch nicht der gelieferte Gegenstand, der ein Wirtschaftsgut ist, sondern die Lieferung zu bewerten.

 

Rz. 405

Abweichend von seiner früheren Rechtsprechung und der h. M. ist der BFH der Rechtsprechung des EuGH[6] gefolgt und vertritt nun in richtlinienkonformer Auslegung des § 10 Abs. 1 S. 2 UStG die Auffassung, dass die Bemessung eines Tauschumsatzes durch den subjektiven Wert für die tatsächlich erhaltene Gegenleistung zu erfolgen hat.[7] An die Stelle der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr für die Gegenleistung zu erzielenden Leistung ist also der subjektive Wert zu setzen, den die Gegenleistung für ihn hat. Dieser bestimmt sich nach dem Betrag, den er tatsächlich hierfür aufgewendet hat.[8] Hat er keine konkreten Aufwendungen für seine Gegenleistung getätigt, ist das Entgelt für die Leistung gem. § 162 AO zu schätzen.[9]

Außergewöhnliche oder persönliche Verhältnisse und Umstände können u. U. bedeutsam sein. Dennoch kann in Anlehnung an § 9 Abs. 2 BewG der bei einer Veräußerung des Liefergegenstands von dem Lieferer der Gegenlieferung gewöhnlich zu erzielende Preis zu nehmen sein. Ist der Leistungsempfänger der Lieferung und zugleich Leistende der Gegenlieferung ein Hersteller (Erzeuger), ist der Preis die Grundlage, die der Hersteller normalerweise erzielt. Das ist bei seiner Lieferung im Rahmen eines Tauschs mit einem Großhändler der Großhändler-Einkaufspreis, bei Lieferung im Rahmen eines Tauschs mit einem Einzelhändler der Einzelhändler-Einkaufspreis, das ist der Großhändler-Verkaufspreis. Wird die Gegenleistung nicht erbracht, schlecht erbracht und in ähnlichen Fällen, ist nach Unionsrecht den Mitgliedstaaten grundsätzlich freigestellt, ob sie nach ihrem Recht eine Minderung der Bemessungsgrundlage annehmen wollen oder nicht. Das Unionsrecht wollte aber keinesfalls, dass der Wert der Gegenleistung bei der Bemessung der Leistung entfällt.

 

Rz. 406

Nach § 10 Abs. 2 S. 3 UStG gehört die USt nicht zum Entgelt. Sie ist also bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die Lieferung aus dem Preis der Gegenlieferung herauszurechnen. Ist allerdings der Leistende kein Unternehmer oder ein Kleinunternehmer i. S. d. § 19 Abs. 1 UStG, ist zwar ein Leistungsaustausch möglich (Rz. 399), mangels anfallender USt kann jedoch diese auch nicht herausgerechnet werden. Dasselbe gilt, wenn die USt gem. § 13b UStG geschuldet wird und sich dort die USt nach dem in Rechnung gestellten Betrag richtet. Ebenfalls ist bei einem Tausch mit Grundstücksübertragung bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage der Wert des auf der einen Seite gelieferten Gegenstands für die andere Leistung zu nehmen. Beim Tausch mehrerer Grundstücke ist keine Saldierung des Grundstückswerts um die Grundstücksbelastungen vorzunehmen. Der Wert jeder der beiden sich gegenüberstehenden Leistungen ist vielmehr getrennt für sich zu betrachten. In Einzelfällen kann jedoch der Gedanke der Übernahme der Verbindlichkeiten in den tauschähnlichen Umsatz bedacht werden.

[2] BFH v. 12.11.1987, V B 52/86, BStBl II 1988, 156; s. dazu auch Weiß, Werte und Wertermittlung im Steuerrecht, Köln 1984, 352, 365.
[4] BFH v. 17.1.1957, V 25/56 U, BStBl III 1957, 83, "mangels anderweitiger Bestimmung"; Weiß, UR 1986, 83ff. Abschn. 10.5 Abs. 1 S. 5 u. 6 UStAE.
[6] Z. B. EuGH v. 23.11.1988, 230/87, Naturelly Yours Cosmetics, UR 1990, 307; EuGH v. 3.7.2001, C-380/99, Bertelsmann, BFH/NV Beilage 2001, 192.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Steuer Office Gold. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge