Rz. 202

Schadensersatz liegt vor, wenn jemand einem anderen gegenüber zum Ersatz eines ihm zugefügten Schadens – egal auf welcher Rechtsgrundlage – verpflichtet ist (sog. echter Schadensersatz). Der Schadensersatz wird nicht geleistet, weil der Leistende eine Lieferung oder eine sonstige Leistung erhalten hat, sondern weil er nach Gesetz oder Vertrag für den Schaden oder seine Folgen einzustehen hat.[1] Da es in diesem Fall an einem Leistungsaustausch mangelt, liegt kein steuerbarer Umsatz i. S. d. Umsatzsteuerrechts vor. Ohne Leistungsaustausch zwischen dem Schädiger und dem Geschädigten, fehlt es an einem Kriterium des § 1 Abs. 1 UStG für die Steuerbarkeit eines Umsatzes. Der Schadensersatz als solches ist im UStG nicht geregelt, lediglich über die Tatbestandsvoraussetzung "Lieferung oder sonstige Leistung … gegen Entgelt" lässt sich im Umkehrschluss feststellen, dass der Schadensersatz nicht zu den Vorgängen gehört, die unter das UStG fallen.

 

Rz. 203

Ohne Bedeutung für die systematische Einordnung ist es, wie der Schadensersatz bezeichnet wird. Es kann sich somit um einen Schadensersatz, eine Entschädigung oder um einen "Verzicht" handeln. Entscheidend ist, dass es an einer willentlichen Verknüpfung von Leistung und Gegenleistung fehlt. Ebenfalls ohne Bedeutung für die Einordnung als Schadensersatz ist es, nach welchen Grundsätzen die Höhe des Schadensersatzes bestimmt wird. Schadensersatz wird dem Grunde nach und nicht der Höhe nach definiert. Allerdings muss im Einzelfall geprüft werden, ob unter der vermeintlich vereinbarten Zahlung eines Schadensersatzes nicht auch eine erbrachte Leistung mit entgolten wird. In diesen Fällen muss eine Aufteilung in einen z. T. nicht steuerbaren Schadensersatz und einen z. T. steuerbaren Umsatz anderer Art vorgenommen werden.

 

Rz. 204

Regelmäßig wird sich ein Schadensersatz aus einer gesetzlichen Anspruchsgrundlage ergeben, insbesondere § 249 sowie §§ 823ff. BGB normieren im Zivilrecht den Anspruch auf den Ersatz eines Schadens. Dabei hat grundsätzlich derjenige, der einem anderen einen Schaden zu ersetzen hat, den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre (§ 249 Abs. 1 BGB). Ist wegen Verletzung einer Person oder wegen Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, kann der Gläubiger nach § 249 Abs. 2 BGB statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen. Ausdrücklich ist geregelt, dass bei der Beschädigung einer Sache der erforderliche Geldbetrag die USt nur mit einschließt, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist.

 

Rz. 205

Eine Verpflichtung zur Zahlung eines Schadensersatzes kann sich aber auch aus einer vertraglichen Vereinbarung ergeben. So kann sich ein Anspruch auf die Zahlung eines Schadensersatzes bei einer vereinbarten Vertragsstrafe (z. B. bei Überschreiten einer vertraglich zugesicherten Frist) ergeben. Ebenso ist die Entschädigung, die ein Verkäufer nach den Geschäftsbedingungen von dem Käufer verlangen kann, wenn dieser innerhalb bestimmter Fristen seinen Verpflichtungen aus dem Kaufvertrag nicht nachkommt (Schadensersatz wegen Nichterfüllung), nicht steuerbarer Schadensersatz.[2]

Insbesondere bei Vertragsstrafen muss geprüft werden, ob nicht ein unmittelbarer Zusammenhang besteht, bei dem sich 2 Leistungen gegenseitig bedingen. So hat der EuGH[3] einen solchen unmittelbaren Zusammenhang und damit eine steuerbare Leistung in dem Fall gesehen, in dem bei Nichtbeachtung der allgemeinen Nutzungsbedingungen auf einem privaten Parkplatz eine als "Vertragsstrafe" bezeichnete Kontrollgebühr erhoben wurde.

 

Rz. 206

Ob ein nicht steuerbarer Schadensersatz vorliegt oder nicht, muss alleine aus dem Umsatzsteuerrecht abgeleitet werden. Ob es sich nach nationalem Zivilrecht um eine Schadensersatzleistung handelt oder nicht, ist für die umsatzsteuerrechtliche Beurteilung nicht von Bedeutung.[4] So bleibt es bei einem Leistungsaustausch, auch wenn sich ein ursprünglich vereinbartes, auf die Herstellung einer Sache gerichtetes Schuldverhältnis – hier ein Werkvertrag nach § 631 BGB – wegen eines vom Besteller zu vertretenden Unmöglichwerdens zivilrechtlich in ein Schadensersatzverhältnis umwandelt, da hierdurch die bereits erbrachte Leistung des Werkunternehmers nicht rückgängig gemacht wird.[5]

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