Rz. 1

§ 79 FGO ist die wesentliche, den Gang des Verfahrens bis zur Verhandlung vor dem Senat bestimmende Vorschrift. Der Vorsitzende bzw. der Berichterstatter sind gem. § 79 Abs. 1 S. 1 FGO verpflichtet, den Rechtsstreit durch Anordnungen so vorzubereiten, dass er möglichst in einer mündlichen Verhandlung entschieden werden kann. Hierfür eröffnet § 79 Abs. 1 S. 2 FGO Möglichkeiten, die nicht abschließend aufgezählt sind. § 79 Abs. 2 FGO dient der Wahrung rechtlichen Gehörs, da danach die Beteiligten von jeder Anordnung zu benachrichtigen sind. § 79 Abs. 3 FGO erlaubt die Erhebung einzelner Beweise im vorbereitenden Verfahren durch den Vorsitzenden bzw. den Berichterstatter und durchbricht damit den Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme.

 

Rz. 2

Durch die in § 79 FGO dem Vorsitzenden bzw. dem Berichterstatter eingeräumten Möglichkeiten soll in Verfolgung der Konzentrationsmaxime[1] erreicht werden, dass das Verfahren nach möglichst nur einer mündlichen Verhandlung oder bei Verzicht auf diese[2] in einer Senatsberatung abgeschlossen werden kann. Dies gelingt auch in der ganz überwiegenden Mehrzahl der Fälle. Um dieses Ziel zu erreichen, wird in der Regel ein Urteilsentwurf von dem jeweiligen Berichterstatter vor der mündlichen Verhandlung erstellt, der den gesamten Sach- und Streitstand wiedergibt und – soweit möglich – einen Entscheidungsvorschlag enthält. Ein solches Verfahren ist in beiden finanzgerichtlichen Instanzen üblich. Es beruht auf dem Gebot rationeller Arbeitsweise, weil damit zugleich die Basis für die spätere Urteilsbegründung erarbeitet wird, und dient auch der Selbstkontrolle, weil auf diese Weise die Entscheidungserheblichkeit einzelner Punkte und die Entscheidungsreife des Falls besonders deutlich werden. Schließlich dient dieses Verfahren typischerweise nur einer vorläufigen Standortbestimmung, die sich infolge anderer oder besserer späterer Erkenntnisse bei der endgültigen Überzeugungsbildung[3] als korrekturbedürftig erweisen kann. Ein solches Verfahren rechtfertigt demnach gerade nicht die Ablehnung der Richter wegen Befangenheit.[4]  § 79 FGO gibt für dieses Verfahren dem Vorsitzenden oder dem Berichterstatter[5] das Instrumentarium an die Hand, um zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung einen umfassenden Bericht und Entscheidungsvorschlag zu erarbeiten.[6] Was im Einzelnen zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung notwendig ist, ist einzelfallabhängig. Vorsorglich sind auch die Tatsachenfeststellungen vorzubereiten, die bei alternativ denkbaren Lösungswegen entscheidungserheblich sein können.[7] Dabei hat das Gericht zu berücksichtigen, dass das Verfahren einerseits dieses gesetzliche Leitbild, den Rechtsstreit möglichst in einer (einzigen) mündlichen Verhandlung zu erledigen, erfüllen soll. Andererseits müssen die grundlegenden Verfahrensrechte der Beteiligten gewahrt bleiben. Die Beteiligten müssen Tatsachenvortrag und Beweisanträge bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung in der einzigen ihnen eröffneten Tatsacheninstanz in das Verfahren einführen können und dürfen die volle Einbeziehung der sich hieraus ergebenden Tatsachen in die Urteilsfindung erwarten.[8] Damit auch dann, wenn den Anordnungen des Gerichts nach § 79 FGO von den Beteiligten nicht rechtzeitig vor der mündlichen Verhandlung Folge geleistet wurde, die mündliche Verhandlung dennoch zu einer abschließenden Entscheidung führen kann, können einige der nach § 79 FGO möglichen Anordnungen gem. § 79b FGO mit Ausschlussfristen bewehrt werden.

 

Rz. 3

Um das Ziel der Konzentrationsmaxime zu erreichen, ist eine intensive Vorbereitung unter Heranziehung der Beteiligten erforderlich. Dabei zeichnen sich oft Lösungswege ab, die eine mündliche Verhandlung, jedenfalls aber eine streitige Entscheidung entbehrlich erscheinen lassen. Insbesondere in Erörterungsterminen bzw. nach Vorliegen der auf prozessleitende Anordnungen eingehenden Äußerungen der Beteiligten stellt sich häufig ein Sachverhalt heraus, dessen rechtliche Würdigung zu übereinstimmenden Erledigungserklärungen bzw. zur Klagerücknahme führt. Dazu ist erforderlich, dass die entsprechenden prozessleitenden Anordnungen und rechtlichen Hinweise rechtzeitig vor dem Termin zur mündlichen Verhandlung ergehen. Der die Sache bearbeitende Richter muss die entsprechende Vorbereitung also aus Gründen der Prozessökonomie so bald wie möglich, nicht etwa erst, wenn die Sache zwischen den Beteiligten "ausgeschrieben" ist oder zur mündlichen Verhandlung ansteht, beginnen. Wenn man weiß, dass nur etwa ein Viertel der bei den Finanzgerichten eingehenden Klagen durch Urteil oder Gerichtsbescheid abgeschlossen wird[9], wird die große Bedeutung des § 79 FGO für das finanzgerichtliche Verfahren und insbesondere die Befriedungsfunktion der Erörterungstermine deutlich. Wird aus diesem Grund ein Urteil entbehrlich, kann das Verfahren ohne den Senat allein durch den Vorsitzenden bzw. Berichterstatter gem. § 79a FGO abgeschlossen werden.

 

Rz. 4

In Verfahren ohne mündliche Verhandlung, ...

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