1 Allgemeines

 

Rz. 1

§ 54 FGO regelt im Interesse der Rechtssicherheit[1] den Beginn, die Berechnung sowie die Änderung von Fristen im finanzgerichtlichen Verfahren[2]. Hier gibt es zur Fristberechnung im finanzbehördlichen Verwaltungsverfahren keine inhaltlichen Unterschiede, da durch § 108 Abs. 1 AO ebenfalls auf die Bestimmungen des BGB verwiesen wird.

 

Rz. 2

Eine Frist ist begrifflich ein abgegrenzter, bestimmter oder bestimmbarer Zeitraum, in dem oder nach dessen Ablauf etwas zu tun, zu dulden oder zu unterlassen ist oder etwas getan, geduldet oder unterlassen werden kann, sodass hiervon Rechtsfolgen abhängen (vgl. Schwarz, in Schwarz, AO, § 108 Rz. 2).

 

Rz. 3

Die Einteilung der Fristen kann anhand verschiedener Kriterien erfolgen, z. B.:

  • Gesetzliche Fristen sind Fristen, die unmittelbar durch Gesetz oder Rechtsverordnung bestimmt sind[3].
  • Richterliche Fristen werden vom Gericht, dem Vorsitzenden oder Einzelrichter gesetzt[4].
  • Verlängerbare Fristen sind grundsätzlich nur die richterlichen Fristen (s. Rz. 17).
  • Ausschlussfristen sind gesetzliche Fristen, bei deren Versäumung der Verlust prozessualer Rechte eintritt.

Rz. 4 einstweilen frei

2 Fristbeginn

2.1 Allgemeines

 

Rz. 5

§ 54 Abs. 1 FGO trifft eine Grundsatzregelung zum Fristbeginn für gesetzliche Fristen (s. Rz. 3).

Nach § 155 FGO i. V. m. § 221 Abs. 1 ZPO beginnt der Lauf einer richterlichen Frist, für die § 54 FGO nicht anwendbar ist (vgl. Brandis, in T/K, AO, § 54 FGO Rz. 11; Koch, in Gräber, FGO, § 54 Rz. 9), regelmäßig mit der Zustellung[1] oder, soweit die Zustellung nicht erforderlich ist, mit der Verkündung bzw. formlosen Mitteilung der fristsetzenden Entscheidung[2].

2.2 Bekanntgabe

 

Rz. 6

Nach § 54 Abs. 1 FGO beginnt der Fristlauf grundsätzlich mit der ordnungsgemäßen Bekanntgabe des Verwaltungsakts (zum Beginn der Klagefrist s. § 47 FGO Rz. 17). Diese richtet sich nach den Bestimmungen der AO (s. Frotscher, in Schwarz, AO, § 122 Rz. 4).

 

Rz. 7

Mit der Bekanntgabe der gerichtlichen Entscheidung, z. B. der Zustellung des vollständigen Urteils[1], beginnt die Frist zur Begründung der Revision nach § 120 Abs. 2 S. 3 FGO bzw. der Nichtzulassungsbeschwerde nach § 116 Abs. 3 S. 3 FGO (vgl. z. B. BFH v. 5.5.1997, V B 7/97, BFH/NV 1997, 864; BFH v. 13.6.2008, IX B 66/08, n. v.).

 

Rz. 8

Für den Fristbeginn kommt es nur auf die Ordnungsmäßigkeit der Bekanntgabe an, unerheblich ist dagegen der Inhalt des Verwaltungsakts oder der Entscheidung. Bei Nichtigkeit des Verwaltungsakts oder der Entscheidung wird allerdings die Frist nicht in Lauf gesetzt[2].

 

Rz. 9

Die Bekanntgabe, die den Fristbeginn auslöst, kann in jeder Form geschehen, die für die Wirksamkeit des Verwaltungsakts bzw. der Entscheidung ausreicht. Die Form der Bekanntgabe liegt, sofern nicht eine gesetzliche Regelung vorliegt, im pflichtgemäßen Ermessen der Behörde[3].

 

Rz. 10

Bei der Bestimmung des Datums für den Fristbeginn wird nach § 187 Abs. 1 BGB, wenn für den Anfang einer Frist ein Ereignis oder ein in den Lauf eines Tages fallender Zeitpunkt maßgebend ist, dieser Tag bei der Berechnung der Frist nicht mitgerechnet.

 
Praxis-Beispiel
 
Tag der Bekanntgabe: 2.11.
Fristanfang: 3.11.

Für den Tag des Fristanfangs ist es unerheblich, ob dieser ein Werktag, Samstag, Sonntag oder gesetzlicher Feiertag ist[4]. Dies gilt nicht im Fall der Bekanntgabefrist des § 122 Abs. 2, 2a AO (s. § 47 FGO Rz. 19; a. A. v. Beckerath, in Beermann/Gosch, AO, § 54 FGO Rz. 55). Die Frist beginnt um 0 Uhr des errechneten Tages.

3 Fristberechnung

 

Rz. 11

Für die Berechnung der Fristen gelten gem. § 54 Abs. 2 FGO i. V. m. § 222 Abs. 1 ZPO die §§ 187–193 BGB entsprechend. Hiernach gilt z. B.:

  • Fristen werden nach § 187 BGB in vollen Tagen berechnet.
  • § 189 Abs. 1 BGB bestimmt, dass ein Jahr eine Frist von 12 Monaten, ein halbes Jahr eine Frist von sechs Monaten, ein Vierteljahr eine Frist von drei Monaten, ein halber Monat eine Frist von fünfzehn Tagen ist. Sofern eine Frist auf einen oder mehrere ganze Monate und einen halben Monat gestellt ist, sind nach § 189 Abs. 2 BGB die fünfzehn Tage zuletzt zu zählen.
  • § 191 BGB bestimmt, dass bei einem Zeitraum von Monaten bzw. Jahren, der nicht zusammenhängend zu verlaufen braucht, der Monat zu 30 und das Jahr zu 365 Tagen berechnet wird.
  • § 192 BGB bestimmt, dass unter dem Anfang des Monats der erste, unter der Mitte de...

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