Rz. 13

Die Sprungklage ist aber dann nach § 45 Abs. 1 S. 2 FGO nicht ausgeschlossen (Rz. 8), wenn von mehreren Einspruchs- bzw. Klagebefugten nicht alle Klage erhoben haben, sondern mindestens einer statt der Klage einen Einspruch eingelegt hat. Auch wenn die Behörde die Zustimmung (Rz. 19) erteilt und das FG die Klage nicht abgegeben hat (Rz. 25), muss die Behörde zunächst über den eingelegten Einspruch entscheiden.

Für die Sprungklage besteht insoweit ein zwingendes Verfahrenshindernis. Die Anhängigkeit des Einspruchsverfahrens bewirkt kraft Gesetzes eine Aussetzung des Verfahrens (§ 74 FGO). Trifft das FG gleichwohl eine Sachentscheidung, so liegt hierin ein Verstoß gegen § 66 FGO und damit ein wesentlicher Verfahrensmangel, der ohne Rüge auf die Revision hin zur Aufhebung des Urteils führt[1].

 

Rz. 13a

§ 45 Abs. 1 S. 2 FGO findet aber dann keine Anwendung, wenn die Sprungklage unzulässig ist[2], z. B. durch Versäumnis der Klagefrist. In diesem Fall ist die Aussetzung nicht statthaft, da die Gefahr divergierender Sachentscheidungen (Rz. 14) nicht besteht (§ 74 FGO Rz. 54).

 

Rz. 14

§ 45 Abs. 1 S. 2 FGO erfordert nicht, dass das anhängige Einspruchsverfahren zulässig ist. Es muss nur eine divergierende Sachentscheidung (Rz. 15, 16) möglich sein. Erst mit Bestandskraft der Einspruchsentscheidung wird das Klageverfahren fortgesetzt (Rz. 17). Erhebt der unterlegene Einspruchsführer Klage, so sind nach § 73 FGO beide Klagen miteinander zu verbinden.

 

Rz. 15

Durch die Regelung des § 45 Abs. 1 S. 2 FGO sollen unterschiedliche Sachentscheidungen vermieden werden. Dies setzt stets voraus, dass der Verfahrensgegenstand, d. h. der angefochtene Verwaltungsakt (§ 40 FGO Rz. 6), im Einspruchsverfahren und im Klageverfahren identisch ist.

 

Rz. 16

Ferner setzt § 45 Abs. 1 S. 2 FGO voraus, dass sich die Rechtswirkungen der Einspruchsentscheidung auf den Kläger erstrecken und die Sachentscheidung nur einheitlich ergehen kann. Der Kläger muss also nach § 360 Abs. 3 AO zum Einspruchsverfahren notwendig hinzuzuziehen und der Einspruchsführer zum Klageverfahren gem. § 60 Abs. 3 FGO notwendig beizuladen sein. Soweit divergierende Sachentscheidungen rechtlich zulässig sind, z. B. bei Gesamtschuldnern (§ 60 FGO Rz. 24), greift die Regelung nicht ein.

 

Rz. 17

Die Aussetzung des Klageverfahrens endet mit Eintritt der Bestandskraft der Einspruchsentscheidung. Wird der angefochtene Verwaltungsakt hierdurch aufgehoben oder zurückgenommen, so ist im Hinblick auf die Rechtskrafterstreckung der Gegenstand der Sprungklage entfallen. Das Klageverfahren wird durch übereinstimmende Erledigungserklärung, Rücknahme bzw. Prozessurteil abgeschlossen.

Wird der Regelungsinhalt des angefochtenen Verwaltungsakts durch die Einspruchsentscheidung inhaltlich modifiziert, so ist das Klageverfahren fortzusetzen.

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