Rz. 42

Die Bindung erstreckt sich nach dem Wortlaut des Abs. 5 allein auf das FG. Der Gesetzeszweck, im Interesse der Rechtsprechungsstetigkeit ein Hin- und Herschieben der Sache in derselben Rechtsfrage zu vermeiden[1], kann durch eine Bindung allein des FG nicht erreicht werden, wenn der BFH beim erneuten Rechtsgang seine Auffassung ändern könnte. Es ist deshalb anerkannt, dass der BFH, wenn die Sache nach Zurückverweisung im zweiten Rechtsgang erneut bei ihm anhängig wird, ebenfalls an seine frühere Rechtsauffassung gebunden ist.[2] Diese Bindung ist unabhängig davon, ob das Urteil formell- oder materiell-rechtlich richtig ist.[3] Dies gilt auch dann, wenn der BFH aufgrund der erneuten Überprüfung seine im ersten Rechtszug vertretene Rechtsauffassung nunmehr als unzutreffend ansieht.[4] Die Selbstbindung gilt entsprechend, wenn der BFH im dritten Rechtsgang angerufen wird. Er ist dann an seine in den vorhergehenden Rechtsgängen vertretenen Auffassungen gebunden.[5]

 

Rz. 43

Es gelten die Ausführungen zu Rz. 32ff. entsprechend. Die Selbstbindung besteht auch, wenn im zweiten Rechtsgang infolge einer Änderung der Geschäftsverteilung des BFH ein anderer Senat zuständig geworden ist.[6]

Die Selbstbindung gilt auch im Beschwerdeverfahren.[7] Das entspricht der Bindung des FG bei einer Zurückweisung der Beschwerde durch den BFH.

Der Grundsatz der Selbstbindung des BFH gilt ausnahmsweise dann nicht, wenn und soweit der BFH seine Rspr. vor Erlass der Entscheidung im zweiten Rechtsgang bereits in einer anderen Sache aufgegeben hat.[8] Diese Ausnahme findet auch dann Anwendung, wenn der BFH seine bisherige Rechtsauffassung bei der gleichzeitigen Entscheidung über andere Revisionen, die dieselbe Rechtsfrage betreffen, ändert.[9] Bei der gleichzeitigen (oder nahezu gleichzeitigen) Entscheidung derselben Rechtsfrage in Parallelfällen wäre es nicht verständlich, wenn der BFH nicht auch in der konkreten Sache i. S. d. geänderten Rspr. entscheiden könnte.

Bei einer Änderung der Rspr. sollte indes die Selbstbindung des BFH nicht davon abhängig sein, ob die Aufgabe der bisherigen Rspr. vor oder gleichzeitig mit der Entscheidung im zweiten Rechtsgang erfolgt. Vielmehr sollte der BFH die Änderung seiner Rechtsauffassung bereits in der anhängigen Sache – unabhängig von der Entscheidung in Parallelfällen – berücksichtigen.[10] Die Selbstbindung kann nicht von dem Zufall abhängen, ob gleichzeitig ein Parallelfall beim BFH anhängig ist.[11] Andernfalls müsste der BFH weiter einer Rechtsauffassung folgen, die er inzwischen für unrichtig hält, nur weil kein Parallelfall vorliegt. An dem Grundsatz der Selbstbindung sollte daher nicht festgehalten werden.[12] Die Folge davon wäre, dass das FG bei einer Zurückweisung an die geäderte Rechtsansicht des BFH gebunden ist. Die Gegenmeinung[13] hebt zu stark auf den formalen Gesichtspunkt der Stetigkeit in derselben Rechtsfrage ab. Für die Aufgabe des Grundsatzes der Selbstbindung des Revisionsgerichts: Tiedtke, JZ 1995, 275.

Die Bindung kann ausnahmsweise entfallen, wenn das aufhebende Urteil unter Verletzung des rechtlichen Gehörs zustande gekommen ist.[14]

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