Rz. 36

Zum Begriff der Divergenz s. § 115 FGO Rz. 28. Der Zulassungsgrund muss "dargelegt" werden (Abs. 3 S. 3). Dabei ist die vor Ablauf der Beschwerdefrist bekannt gewordene Rspr. zu berücksichtigen, wobei grundsätzlich die Veröffentlichung im BStBl und in BFH/NV bzw. in gängigen Fachzeitschriften maßgeblich ist. Die wesentlich zeitnähere Abrufbarkeit bei Datenbanken bzw. auf der Homepage des BFH kann i. d. R. (noch) nicht verlangt werden.

Die Darlegungsanforderungen für die Revisionszulassung zur Sicherung der Rechtsprechungseinheit unter dem Gesichtspunkt der Divergenz decken sich mit den von der BFH-Rspr. zu § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO a. F. entwickelten Grundsätzen[1], allerdings mit der Ergänzung, dass nunmehr nicht nur Divergenzen zur Rspr. des BFH, des GmS-OGB und des BVerfG, sondern auch sonstige Rechtsprechungsdivergenzen, z. B. innerhalb der Finanzgerichtsbarkeit und darüber hinaus auch im Bereich der anderen Gerichtsbarkeiten erheblich sind.[2] Der BFH betont ferner, die Revisionszulassung sei nur dann erforderlich, wenn die angestrebte BFH-Entscheidung geeignet und notwendig sei, künftige unterschiedliche Entscheidungen über die betreffende Rechtsfrage zu verhindern.[3]

Zur Darlegung einer Divergenz muss die vermeintliche Divergenzentscheidung genau bezeichnet werden. Außerdem müssen die tragenden Erwägungen des FG-Urteils und der (vermeintlichen) Divergenzentscheidung (BFH, FG bzw. anderer Gerichte) so herausgearbeitet und die tragenden Rechtssätze aus dem FG-Urteil und aus der vermeintlichen Divergenzentscheidung einander so gegenübergestellt werden, dass eine Abweichung im Grundsätzlichen erkennbar wird.[4] Aus der Beschwerdebegründung muss sich ergeben, dass es sich um eine identische Rechtsfrage handelt und dass dem Streitfall ein Sachverhalt zugrunde liegt, der mit dem Sachverhalt der Divergenzentscheidung vergleichbar ist.[5]

Für eine ausreichende Bezeichnung der Divergenz ist nach der Rspr. des BFH sonach erforderlich[6]:

  • Die Divergenzentscheidung des BFH (bzw. anderer Gerichte)[7] muss – möglichst mit Aktenzeichen und Datum oder Fundstelle – so genau angegeben werden, dass die Identität der Entscheidung eindeutig festgestellt werden kann.[8]
  • Ein die Entscheidung des FG tragender (entscheidungserheblicher) abstrakter Rechtssatz muss herausgestellt werden.[9] Stützt das FG sein Urteil kumulativ auf mehrere Gründe, von denen jeder für sich das Entscheidungsergebnis trägt, kommt die Revisionszulassung nur in Betracht, wenn für jeden Begründungsstrang ein Zulassungsgrund schlüssig geltend gemacht wird und vorliegt.[10]
  • Ein ebenfalls tragender abstrakter Rechtssatz muss aus der Entscheidung des BFH, des BVerfG, des GmS-OGB bzw. anderer Gerichte abgeleitet werden.[11] Dieser divergierende Rechtssatz darf noch nicht Gegenstand einer BFH-Entscheidung gewesen bzw. vom BFH anderslautend entschieden worden sein.[12]
  • Die Rechtssätze müssen in einer Weise gegenübergestellt werden, dass die (mögliche) Abweichung erkennbar wird.[13] Dies erfordert

    • zum einen die hinreichend genaue Bezeichnung der Rechtssätze[14],
    • zum anderen die Angabe der konkreten – identischen – Rechtsfrage, zu der die Abweichung geltend gemacht wird[15],
    • außerdem – falls nicht offensichtlich – die Angaben, dass es sich um einen vergleichbaren Sachverhalt handelt.[16] Daran fehlt es, wenn sich FG-Urteil und angegebene Divergenzentscheidung vom Sachverhalt her wesentlich unterscheiden, d. h. nicht vergleichbar sind[17], oder unterschiedliche Voraussetzungen einer Vorschrift betreffen.[18] Dabei muss der Beschwerdeführer von dem vom FG festgestellten Sachverhalt ausgehen, an den der BFH auch im Nichtzulassungsbeschwerde-Verfahren nach § 118 Abs. 2 FGO gebunden ist.[19]
  • Der BFH verlangt für die Bezeichnung der Divergenz ferner die Darlegung, dass das Urteil des FG auf der Abweichung beruhen kann, d. h., dass die Abweichung entscheidungserheblich ist bzw. dass der vom FG aufgestellte, von anderen Gerichtsentscheidungen abweichende Rechtssatz für sein Urteil tragend war.[20] Besondere Ausführungen zur Entscheidungserheblichkeit erübrigen sich jedoch, wenn das FG seine Entscheidung auf einen klar herausgearbeiteten Rechtssatz, bezüglich dessen Divergenz geltend gemacht wird, gestützt hat.[21]
  • Nach Ansicht des BFH ist außerdem vorzutragen, dass die angestrebte BFH-Entscheidung geeignet und notwendig ist, künftige unterschiedliche gerichtliche Entscheidungen über die betreffende Rechtsfrage zu verhindern.[22] Bei bestehender Divergenz kann davon grundsätzlich ausgegangen werden, sodass auf dieses Darlegungserfordernis verzichtet werden sollte.
  • Liegen (noch) keine sich widersprechenden Judikate vor, z. B. weil das FG erstmals zu der Problematik entschieden hat, ist darzulegen, dass vergleichbare Fälle zur Entscheidung anstehen und die konkrete Möglichkeit besteht, dass andere FG (künftig) eine divergierende Rspr. entwickeln, die durch eine Entscheidung des BFH verhindert werden kann. Dazu ist auszuführen, dass die erstrebte Revisionsentscheidung geeigne...

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