Rz. 8

Das Strafverfahren i. e. S. ist das Erkenntnisverfahren, in dem der zugrunde liegende Sachverhalt festgestellt wird und in dem wiederum zwei Verfahrensabschnitte zu unterscheiden sind:

2.3.2.1 Behördliches Ermittlungsverfahren

 

Rz. 8a

Das strafrechtliche Ermittlungsverfahren wird im ersten Verfahrensabschnitt durch die Strafverfolgungsbehörden geführt. Es ist grundsätzlich Aufgabe der Staatsanwaltschaft.[1] Die erforderlichen Ermittlungen kann der Staatsanwalt entweder selbst vornehmen oder durch das Amtsgericht bzw. durch Ermittlungspersonen vornehmen lassen. Die Aufgabe der Staatsanwaltschaft wird im steuerstrafrechtlichen Ermittlungsverfahren auch von der Finanzbehörde i. S. v. § 386 AO als Strafverfolgungsorgan wahrgenommen.[2]

 

Rz. 8b

Der Beginn des Ermittlungsverfahrens erfolgt durch die Einleitung des Strafverfahrens, mithin sobald die Finanzbehörde, die Polizei, die Staatsanwaltschaft, eine ihrer Ermittlungspersonen oder der Strafrichter eine Maßnahme trifft, die erkennbar darauf abzielt, gegen jemanden wegen einer Steuerstraftat strafrechtlich vorzugehen.[3]

Der Abschluss des Ermittlungsverfahrens ist abhängig vom Ermittlungsergebnis. Das Verfahren endet durch:

  • Einstellung des Verfahrens[4],
  • Absehen von der Strafverfolgung nach § 398a AO in den Fällen der Selbstanzeige, in denen der verkürzte Betrag oder der Steuervorteil pro Tat einen Betrag von 25.000 EUR übersteigt[5],
  • Erhebung der Anklage. Diese erfolgt entweder durch Übersendung der Anklageschrift durch die Staatsanwaltschaft an das Gericht mit dem Antrag auf Anberaumung der Hauptverhandlung oder durch einen Strafbefehlsantrag.[6]
[1] Nr. 1 RiStBV v. 8.11.2021, BAnz AT 24.11.2021 B1.
[2] Randt, in Joecks/Jäger/Randt, Steuerstrafrecht, 9. Aufl. 2023, § 386 AO Rz. 22ff.

2.3.2.2 Gerichtliches Verfahren

 

Rz. 9

An das staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren schließt das gerichtliche Verfahren beim Strafgericht[1] an, in dem wiederum zwei Verfahrensabschnitte zu unterscheiden sind.

2.3.2.2.1 Zwischenverfahren

 

Rz. 9a

Nach Eingang der Anklageschrift entscheidet das Strafgericht über die Zulassung der Anklage.[1] Dieses Zwischenverfahren endet entweder mit der Ablehnung der Eröffnung des Verfahrens,[2] mit einem Einstellungsbeschluss[3] oder mit einem Eröffnungsbeschluss.[4] Ferner kann das Gericht mit den Verfahrensbeteiligten schon im Zwischenverfahren die Möglichkeit einer Verfahrensabsprache erörtern.[5] Im Strafbefehlsverfahren[6] prüft der Richter, ob er den von der Staatsanwaltschaft, bzw. der Finanzbehörde,[7] beantragten Strafbefehl erlässt oder die Hauptverhandlung anberaumt.[8]

[5] § 202a StPO, wobei eine solche Absprache zwingend aktenkundig zu machen ist.

2.3.2.2.2 Hauptverfahren

 

Rz. 10

Mit dem Eröffnungsbeschluss bzw. der Anberaumung des Termins zur Hauptverhandlung im Strafbefehlsverfahren beginnt das gerichtliche Hauptverfahren, dessen wesentlicher Teil die öffentliche Hauptverhandlung ist. Der Gang der Hauptverhandlung ist in § 243 StPO geregelt.

Die Hauptverhandlung beginnt mit dem Aufruf der Sache. Dem schließt sich im Wesentlichen die Feststellung der Anwesenheit und die Vernehmung des Angeklagten zur Person an. Anschließend wird die Anklageschrift verlesen. Nach dieser Verlesung erhält der Angeklagte – nach Belehrung über seine Aussagefreiheit – Gelegenheit, sich zu den Vorwürfen zu äußern, wobei es ihm freisteht, Angaben zur Sache zu machen.[1] Anschließend führt das Gericht die Beweisaufnahme durch. Nach Abschluss der Beweisaufnahme, den Schlussvorträgen und dem letzten Wort des Angeklagten schließt sich die Urteilsverkündung einschließlich der Rechtsmittelbelehrung an.

 

Rz. 11

Im Strafbefehlsverfahren findet eine Hauptverhandlung nur aufgrund eines zulässigen Einspruchs statt, anderenfalls hat der Strafbefehl die Wirkung eines rechtskräftigen Urteils.[2]

 

Rz. 12

Gegen das erstinstanzliche Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung oder der Revision gegeben.[3] Die Einlegung des Rechtsmittels bewirkt, dass das Hauptverfahren in zweiter oder dritter Instanz fortgesetzt und hier ebenfalls eine Hauptverhandlung durchgeführt wird. Das Rechtsmittel kann den Abschluss des Verfahrens durch Urteil, aber auch die Zurückweisung der Sache an die Vorinstanz zur Folge haben.

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