Rz. 6

Nach der Gesetzessystematik und in der Praxis sind der Begriff der Außenprüfung und seine Abgrenzung von anderen Verfahrensarten relativ leicht zu fassen. Nach der Gesetzessystematik ist Außenprüfung jede Maßnahme, die ihre Grundlage in den Vorschriften des 4. Abschnitts des 4. Teils der AO[1] findet. In der Praxis wird als Außenprüfung jede Maßnahme angesehen, die von dem Außenprüfungsdienst, einer organisatorisch gesonderten Abteilung der Finanzbehörde, aufgrund einer Prüfungsanordnung[2] durchgeführt wird. In ähnlicher Weise nimmt der BFH immer dann eine Maßnahme der Außenprüfung, und nicht eine Einzelermittlungsmaßnahme an, wenn ein Außenprüfer handelt, und zwar selbst dann, wenn die Handlung außerhalb des Bereichs der Prüfungsanordnung liegt[3]. Will ein Außenprüfer außerhalb des Außenprüfungsverfahrens handeln, muss er danach deutlich machen, dass die vorgenommenen Maßnahmen nicht im Zusammenhang mit einer Außenprüfung stehen. Handelt ein Außenprüfer bzw. eine Außenprüfungsstelle, liegt danach im Zweifel eine Maßnahme der Außenprüfung vor. Nach Ansicht des BFH[4] entspricht dies auch der Sicht des Stpfl., der die Maßnahme eines Außenprüfers als in den formalen Rahmen der Außenprüfung fallend ansehen wird.

 

Rz. 7

Diese "positivistischen" Abgrenzungen führen jedoch nicht weiter, wenn der Begriff der Außenprüfung, d. h. seine unverwechselbaren und unverzichtbaren Besonderheiten im Verhältnis zu anderen Verfahren, bestimmt werden soll. Die Schwierigkeit, eine Definition der Außenprüfung zu entwickeln, beruht darauf, dass die Außenprüfung ein Ermittlungsverfahren ist, das sich nicht grundsätzlich von dem allgemeinen Ermittlungsverfahren nach der AO (§§ 88, 90, 92, 93ff. AO) unterscheidet. Jede Maßnahme, die im Rahmen einer Außenprüfung durchgeführt werden kann, ist auch als Ermittlungshandlung im Rahmen eines anderen Verfahrens (z. B. eines Veranlagungsverfahrens) denkbar. So kann die Finanzbehörde in jeder Verfahrensart (z. B. Steuerfestsetzungs-, Rechtsbehelfs-, Vollstreckungsverfahren) nach § 97 AO die Vorlage von Büchern, Aufzeichnungen und Geschäftspapieren verlangen und damit eine Tätigkeit entfalten, die in den Kernbereich der Außenprüfung (Prüfung der Buchführung) gehört. Auch die von BFH v. 21.11.1972, VII B 80/71, BStBl II 1973, 130 entwickelte Definition hilft nicht weiter. Diese BFH-Rspr. sieht als Außenprüfung (damals: Betriebsprüfung) eine Maßnahme an, die aufgrund der entsprechenden Vorschriften der AO von einer Finanzbehörde ergriffen wird, um den für die richtige Anwendung der Steuergesetze wesentlichen Sachverhalt mit dem Ziel aufzuklären, die Steuergesetze richtig anzuwenden und ggf. die sich aus dem Sachverhalt ergebenden Steuerforderungen zu verfolgen. Diese Definition umreißt den äußeren Rahmen, allerdings nicht den Rahmen einer Außenprüfung, sondern den Rahmen jeder steuerlichen Ermittlungshandlung schlechthin. Die in dieser Definition herausgestellten Merkmale[5] treffen auf jede Handlung i. S. d. §§ 93ff. AO zu (vgl. § 88 AO Rz. 1, 3). Für den Urteilsfall reichte diese Definition allerdings aus, da es um die Abgrenzung zu einer nichtsteuerlichen Prüfung (Außenwirtschaftsprüfung) ging. Für eine Abgrenzung zwischen den steuerlichen Verfahrensarten ist damit jedoch nichts gewonnen. Auch die Ausführungen in BFH v. 18.5.1977, I R 36/75, BStBl II 1977, 652 führen nicht zu einer Klärung des Begriffs der Außenprüfung. Nach dieser BFH-Rspr. liegt keine Außenprüfung vor, wenn der Stpfl. nicht der Außenprüfung unterliegt. Hier wird der Begriff der Außenprüfung mit der Frage der Zulässigkeit bzw. Rechtmäßigkeit vermengt. Für den entschiedenen Fall führte dies zum richtigen Ergebnis, da nur zu entscheiden war, ob eine bestimmte Rechtswirkung eingetreten war. Von daher war es nicht entscheidungserheblich, ob überhaupt keine Außenprüfung oder ob eine rechtswidrige Außenprüfung vorlag.

 

Rz. 8

Vergleicht man die Außenprüfung mit den Sachverhaltsermittlungen nach §§ 88, 93ff. AO, so fällt auf, dass die Maßnahmen nach §§ 93ff. AO auf die Feststellung eines einzelnen, steuerlich erheblichen Sachverhalts zielen; §§ 93ff. AO sind "Beweisverfahren"[6] und daher immer auf die Ermittlung eines konkreten "Beweisthemas" gerichtet. Es handelt sich also um Einzelermittlungen, wenn ein Sachverhalt nach der im Ermessen der Behörde stehenden Entscheidung einer (weiteren) Ermittlung bedarf. Eine Außenprüfung ist dagegen nie auf einen einzelnen zu ermittelnden Sachverhalt gerichtet, sondern soll die steuerlichen Verhältnisse (eines bestimmten Zeitraums, einer bestimmten Steuerart) des Stpfl. aufklären[7]. Die Sachverhaltsermittlung nach §§ 93ff. AO ist also einzelfallbezogen und damit ihrer Natur nach beschränkt auf einen oder einige Sachverhalte (Geschäftsvorfälle usw.), während die Außenprüfung umfassend auf die Aufklärung aller steuerlichen Verhältnisse gerichtet ist[8]. Diese BFH-Rspr. stellt weiter darauf ab, dass die Außenprüfung als besonders qualifizierte Maßnahme für den Stpfl. erkennbar und geeignet sein m...

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