Rz. 55

Nach § 93 Abs. 7 AO in der bis zum 31.12.2008 geltenden Fassung[1] war die für die Besteuerung zuständige Finanzbehörde[2] zur Durchführung eines Kontenabrufs berechtigt, wenn dies zur Festsetzung oder Erhebung von – bundesgesetzlich geregelten[3] – Steuern erforderlich war. Der Kontenabruf war im gesamten Besteuerungsverfahren nach der AO, also nicht nur im Steuerfestsetzungsverfahren, sondern grds. auch im Erhebungs-, Haftungs-, Rechtsbehelfs- und Vollstreckungsverfahren, zulässig. Vereinzelt geblieben ist allerdings die Rechtsauffassung, dass die Finanzbehörde bei einer beabsichtigten Auferlegung einer Sicherheitsleitung zur Aussetzung der Vollziehung[4] die Gefährdung des Steueranspruchs durch ein Negativtestat bzgl. inländischer Kontoverbindungen unter Beweis zu stellen hat.[5] Das Vorhandensein inländischer Konten steht der Annahme, der Steueranspruch sei gefährdet, nicht entgegen, sodass eine Abfrage nur in begründeten Einzelfällen zu fordern ist. Der Steuerfahndung stand das Kontenabrufverfahren gem. § 93 Abs. 7 AO jedenfalls insoweit offen, als der Amtsträger nach § 208 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 AO im Besteuerungsverfahren tätig wurde. Im Rahmen ihrer Aufgaben nach § 208 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AO wird die Steuerfahndung hingegen als Strafverfolgungsbehörde tätig, sodass sich in diesen Fällen der Kontenabruf nur auf § 24c Abs. 3 KWG stützen konnte.

 

Rz. 55a

§ 93 Abs. 7 AO in der v. 1.1.2009 an geltenden Fassung beschränkt die Kontenabrufmöglichkeit auf die ausdrücklich im Gesetz bestimmten – auch nach Einführung der Abgeltungsteuer auf private Kapitalerträge und Veräußerungsgewinne noch Verifikationsbedarf auslösenden – Fälle. Nunmehr ist ein Kontenabruf für steuerliche Zwecke nur noch in folgenden Situationen zulässig:

  • Der Stpfl. beantragt eine Steuerfestsetzung nach § 32d Abs. 6 EStG, d. h., der Stpfl. macht von seinem Wahlrecht Gebrauch, seine Einkünfte aus Kapitalvermögen nicht dem 25 %-igen Abgeltungsteuersatz, sondern insgesamt der tariflichen ESt zu unterwerfen. In diesem Fall ist ein Kontenabruf nach § 93 Abs. 7 Nr. 1 AO zulässig.
  • Die Kapitalerträge sind in den Fällen des § 2 Abs. 5b S. 2 EStG einzubeziehen, d. h., die Kenntnis der Einkünfte aus Kapitalvermögen hat Einfluss auf die Gewährung bestimmter steuerrechtlicher Vorteile. Erfasst wurden hiervon Fälle, in denen die Höhe der Kapitaleinkünfte für den Spendenabzug[6], die Berücksichtigung von Kindern[7], die Ermittlung der zumutbaren Belastung[8] sowie die Ermittlung des berücksichtigungsfähigen Unterhalts[9] und des Sonderbedarfs[10] als außergewöhnliche Belastungen maßgeblich war. Diese Regelung galt allerdings nur noch in Vz bis einschl. 2011.[11] Denn § 93 Abs. 7 S. 1 Nr. 2 AO wurde im Zusammenhang mit einer Änderung des § 2 Abs. 5b S. 2 EStG durch das Steuervereinfachungsgesetz 2011 v. 1.11.2011, BGBl I 2011, 2131 für Vz ab 2012 aufgehoben.
  • Der Kontenabruf nach § 93 Abs. 1 Nr. 3 AO dient zur Feststellung von Einkünften nach §§ 20 und 23 Abs. 1 EStG in Vz bis einschl. 2008. Diese Alternative stellt faktisch eine Übergangsregelung dar.[12]
  • Das Kontenabrufverfahren wird nach § 93 Abs. 7 Nr. 4 AO zur Erhebung bundesgesetzlich geregelter Steuern genutzt. Hierunter fallen auch alle Landessteuern, die durch Bundesgesetz geregelt sind. Bei der Geltendmachung von Haftungsansprüchen ist ein Kontenabruf nur zur Erhebung dieser Ansprüche zulässig, nicht hingegen zur Vorbereitung der Festsetzung eines Haftungsanspruchs.[13] In der Gesetzesbegründung wird klargestellt, dass der Begriff der Erhebung auch die Vollstreckung von Steuern erfasst.[14]

    Eine entsprechende Anwendung des § 93 Abs. 8 AO in der Weise, dass ein Kontenabruf nur in Betracht kommt, wenn zuvor die Möglichkeit eingestanden worden sei, ein Vermögensverzeichnis abzugeben, kommt nicht in Betracht.[15]

  • Zur inländischen Ermittlung von Geldwäschestraftaten ist – insoweit fachfremd – nach § 93 Abs. 7 S. 1 Nr. 4a AO der Abruf der Konteninformationen ebenfalls zulässig. Für die Prüfung inländischer Sachverhalte steht das Transparenzregister nach § 18 GwG zur Verfügung, dass durch die Abrufmöglichkeit nach S. 1 Nr. 4a ergänzt wird. Allerdings stellt diese Abrufmöglichkeit nach der Gesetzesbegründung[16] im Wesentlichen eine Ermittlungsmöglichkeit dar, in welchen Fällen der inländische Stpfl. als wirtschaftlich Berechtigter über Kontenverbindungen verfügt, die auf Personen, Körperschaften, Personenvereinigungen oder Vermögensmassen mit Wohnsitz, gewöhnlichen Aufenthalt, Hauptniederlassung oder Geschäftsleitung im Ausland eingerichtet wurden. Die Aufzählung der in Betracht kommenden Beteiligten war nach Inkrafttreten des MoPeG zu reduzieren bzw. anzupassen, da nach Inkrafttreten des KrZwMG[17] nur noch Personenvereinigungen nach § 14a Abs. 2 AO zur Teilnahme am Besteuerungsverfahren berechtigt sind. Hierbei bilden die im Wortlaut des § 93 Abs. 7 Satz 1 Nr. 4a AO gestrichenen Personenhandelsgesellschaften einen Unterfall der rechtsfähigen Personengesellschaften des § 14a Abs. 2 AO, sodass sich der Anwendung...

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