Rz. 57

Rspr. und Finanzverwaltung gingen bis zur Einführung des § 89 Abs. 2 AO davon aus, dass zwar die Ablehnung der Erteilung einer verbindlichen Auskunft, nicht aber die erteilte Auskunft selbst einen Verwaltungsakt i. S. d. § 118 S. 1 AO beinhaltet. Die Bindungswirkung einer verbindlichen Auskunft wurde für den Fall, dass der Antragsteller im Vertrauen auf die verbindliche Auskunft konkrete Dispositionen getroffen hat, aus dem Grundsatz von Treu und Glauben hergeleitet.[1]

 

Rz. 58

Nunmehr trifft § 2 Abs. 1 S. 1 StAuskV ausdrücklich eine Regelung, nach der die verbindliche Auskunft aus sich heraus eine Bindungswirkung entfaltet, wenn der später verwirklichte Sachverhalt von dem der Auskunft zugrunde gelegten Sachverhalt nicht oder nur unwesentlich abweicht. Die nach § 89 Abs. 2 AO erteilte verbindliche Auskunft wird deshalb nach h. M. zutreffend als (feststellender) Verwaltungsakt klassifiziert.[2] Dies gilt unabhängig davon, ob die Auskunft der Rechtsauffassung des Antragstellers entspricht ("positive" Auskunft) oder nicht ("negative" Auskunft). Der BFH stuft nunmehr auch die Anrufungsauskunft nach § 42e EStG nicht mehr als reine Wissenserklärung und damit unverbindliche Rechtsauskunft, sondern als feststellenden Verwaltungsakt ein.[3]

[1] Nachweise vgl. Rz. 38.
[2] AEAO, zu § 89 Nr. 3.5.5; BFH v. 30.4.2009, VI R 54/07, BStBl II 2010, 996; BFH v. 16.5.2013, V R 23/12, BStBl II 2014, 325; FG München v. 8.2.2011, 13 K 2769/10, EFG 2011, 1034; FG Köln, v. 6.3.2012, 13 K 3006/11, EFG 2012, 1421; Roser, in Beermann/Gosch, AO/FGO, § 89 AO Rz. 72; Klein/Rätke, AO, 14. Aufl. 2016, § 89 AO Rz. 27; Söhn, in HHSp, AO/FGO, § 89 AO Rz. 246; Koenig/Wünsch, AO, 3. Aufl. 2014, § 89 Rz. 24; Franke/v. Cölln, BB 2008, 584; Borggreve, AO-StB 2008, 108; Dißars/Bürkle, StB 2008, 123; Beyer, AO-StB 2010, 217; a. A. nach wie vor Seer, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 89 AO Rz. 24ff.; Wagner, in Kühn/v. Wedelstädt, AO/FGO, 21. Aufl. 2015, § 89 AO Rz. 18; Bruschke, DStZ 2007, 267; Jochum, DStZ 2013, 544.

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