Rz. 41

Die Zuständigkeit für die Erteilung einer verbindlichen Auskunft ist in § 89 Abs. 2 S. 2 und 3 AO geregelt.[1] § 89 Abs. 2 S. 2 AO bestimmt, dass für die Erteilung verbindlicher Auskünfte grundsätzlich das FA zuständig ist, das bei Verwirklichung des dem Antrag zugrunde liegenden Sachverhalts örtlich zuständig sein würde (hypothetische Betrachtungsweise). Die Zuständigkeit knüpft also an die künftigen steuerlichen Verhältnisse des Stpfl. an. Deshalb muss das für die Auskunftserteilung zuständige FA nicht mit dem FA identisch sein, das zum Zeitpunkt der Antragstellung für die Besteuerung des Stpfl. zuständig ist.[2] Betrifft die Auskunft z. B. die Begründung einer Organschaft, so kann sich die Organgesellschaft für Fragen zur Begründung oder Beendigung der Organschaft nicht an das nach Maßgabe der §§ 18 – 20 AO zuständige FA wenden, sondern an das FA des Organträgers. Ändert sich später die Zuständigkeit nach Maßgabe des § 26 AO, so ist dies sowohl für die Wirksamkeit als auch für die Rechtmäßigkeit der verbindlichen Auskunft unschädlich.[3]

 

Rz. 42

Betrifft eine verbindliche Auskunft mehrere Steuerarten und sind hierfür nach § 89 Abs. 2 S. 2 AO verschiedene FÄ zuständig, soll zwischen diesen eine Zuständigkeitsvereinbarung nach § 27 AO herbeigeführt werden, wenn das Auseinanderfallen der Zuständigkeit weder für den Stpfl. noch für die Finanzbehörden zweckmäßig ist. Denkbar ist z. B., dass eine gesellschaftsrechtliche Maßnahme sowohl ertrags-, als auch umsatz- und grunderwerbsteuerliche Fragen betrifft, da die Maßnahme u. a. Grundstücke im Betriebsvermögen einer beteiligten Gesellschaft betrifft. Diese kann auch schon vor der Verwirklichung des geplanten Sachverhalts getroffen werden. Kommt eine Zuständigkeitsvereinbarung – aus welchen Gründen auch immer – nicht zustande, sollen sich die beteiligten FÄ untereinander abstimmen, um widersprüchliche verbindliche Auskünfte zu vermeiden.[4]

 

Rz. 43

Oberfinanzdirektionen und Landesfinanzministerien sind als mittlere bzw. obere Verwaltungsbehörden für die Erteilung verbindlicher Auskünfte funktional unzuständig.[5] Die Durchführung des Besteuerungsverfahrens obliegt nach § 17 Abs. 2 FVG den FÄ als unteren Verwaltungsbehörden. Den übergeordneten Finanzbehörden steht auch kein Selbsteintrittsrecht, sondern lediglich ein verwaltungsinternes Weisungsrecht gegenüber dem FA zu.[6] Außenprüfungsstellen und -finanzämter haben ebenfalls keine Zuständigkeit für die Erteilung verbindlicher Auskünfte.[7] Von einer funktional unzuständigen Behörde erteilte verbindliche Auskünfte sind rechtswidrig. Seer[8] und Söhn[9] ist jedoch darin zuzustimmen, dass dieser Mangel durch eine von der zuständigen Finanzbehörde gegenüber dem Antragsteller erklärte Zustimmung nachträglich geheilt werden kann.

 

Rz. 44

§ 89 Abs. 2 S. 2 AO beantwortet nicht, welcher konkrete Amtsträger innerhalb des FA zur Erteilung einer verbindlichen Auskunft befugt ist. Eine solche innerbehördliche Befugnis ist aber nach st. Rspr. für eine Bindungswirkung entfaltende verbindliche Auskunft erforderlich. Dies trifft regelmäßig nur für den Vorsteher und den zuständigen (Veranlagungs-)Sachgebietsleiter zu.[10] Dies gilt selbst dann, wenn der Stpfl. den Amtsträger für zuständig halten konnte und insofern gutgläubig war.[11] Diese alte und vor der Änderung des § 89 AO durch das Jahressteuergesetz 2007[12] ergangene Rechtsauffassung wird spätestens durch das BFH-Urteil v. 12.8.2015[13] als überholt anzusehen sein, in dem mit keinem Wort die innerbehördliche Zuständigkeit erwähnt wird. Im Übrigen ist es auch dem Verfahrensrecht fremd, die Grenze der Nichtigkeit gem. § 124 AO nicht überschreitende Rechtsfehler, zu denen die Nichtbeachtung interner Zeichnungsgrenzen zu zählen sind, für die Frage der Wirksamkeit und der damit verbundenen rechtlichen Verbindlichkeit heranzuziehen. Etwas anderes mag nur dann gelten, wenn die innerbehördliche Zuständigkeit für den Antragsteller ersichtlich nach außen getreten ist und dieser demzufolge wusste, dass die Auskunft in Missachtung der internen Zeichnungsregeln ergangen ist. In derartigen Fällen wäre die Berufung auf den Inhalt der Auskunft jedoch bereits treuwidrig und die Finanzbehörde hieran nicht gebunden.

 

Rz. 45

Abweichend von diesen Grundsätzen fällt nach § 89 Abs. 2 S. 3 AO die Zuständigkeit für die Erteilung verbindlicher Auskünfte bei Antragstellern, für die im Zeitpunkt der Antragstellung nach den §§ 18 bis 21 AO keine Finanzbehörde zuständig ist (z. B. bei der Neugründung von Gesellschaften oder bei einem anderweitigen Engagement durch einen in Deutschland bislang steuerlich nicht geführten Investor), dem BZSt als obere Bundesfinanzbehörde zu. Dies gilt allerdings nur für Anträge, die mit nach Art. 108 Abs. 3 GG im Auftrag des Bundes durch die Länder verwalteten Gemeinschaftsteuern (ESt, KSt, USt) in Zusammenhang stehen. Für andere von den FÄ verwaltete Steuern sowie für die Gewerbesteuermessbetragsfestsetzung kann das BZSt also ausnahmslos keine verbindlichen Auskünfte erteile...

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