Rz. 6

Freie Rücklagen sind die einzige Form von Rücklagen, die keines inhaltlichen Grundes für ihre Bildung bedürfen. Die gemeinnützige Körperschaft ist vielmehr frei im Hinblick auf die Verwendung der in die Rücklage eingestellten Mittel. Dies meint, dass die Körperschaft die Mittel im Rahmen der allgemeinen Regeln des Gemeinnützigkeitsrechts nach Wahl der Vermögensverwaltung zuführen, sie in einem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb einsetzen oder sie zur Erfüllung der Satzungszwecke im ideellen Bereich oder im Zweckbetrieb verwenden darf. Nicht erlaubt ist die Verwendung für Zwecke oder in einer Weise, die gemeinnützigkeitsrechtlich unzulässig ist, beispielsweise für die Zahlung von unangemessenen Vergütungen oder zum Verlustausgleich in steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben. Regelfunktion der freien Rücklage ist die dauerhafte Stärkung des Vermögens der Körperschaft.

 

Rz. 7

Der freien Rücklage darf zunächst jährlich maximal ein Drittel des Überschusses der Einnahmen über die Ausgaben aus der Vermögensverwaltung zugeführt werden.[1] Zum Begriff der Vermögensverwaltung vgl. § 14 AO Rz. 9. Regelmäßig gehören hierzu die Einkünfte aus Kapitalvermögen sowie Vermietung und Verpachtung, auch Einkünfte aus entgeltlicher Überlassung von Räumen usw. an andere steuerbegünstigte Körperschaften, die unter § 58 Nr. 4 AO fallen. Nicht mehr zur Vermögensverwaltung gehört das Halten einer Beteiligung, wenn wesentlicher Einfluss auf die Geschäftsleitung genommen wird[2] sowie die Vermietung oder Verpachtung von Gegenständen, wenn hierdurch eine Betriebsaufspaltung begründet wird.[3]

Die Beteiligung an einer gemeinnützigen Tochter-GmbH wird von der Finanzverwaltung der Vermögensverwaltung zugeordnet[4] mit der Folge, dass konsequenterweise Ausschüttungen an den gemeinnützigen Gesellschafter bei der Rücklagenbildung nach § 62 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 Alt. 1 AO zu berücksichtigen sind.[5] Da Beteiligungen an einer gemeinnützigen Tochter-GmbH praktisch nie mit dem Ziel einer Einkünfteerzielung begründet werden, sondern lediglich die gesellschaftsrechtlich getrennte Erbringung steuerbegünstigter Tätigkeiten bezwecken, sind sie der ideellen Sphäre zuzuordnen[6]; folgt man dieser Auffassung, ist nur eine Rücklagenbildung in Höhe von 10 % der ausgeschütteten Mittel zulässig.[7] Zur Vermögensverwaltung gehören die Erträge aus Rücklagen nach § 62 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 AO und die Erträge des nach § 62 Abs. 3 AO gebildeten Vermögens.

Unterhält die Körperschaft eine Mehrzahl von Vermögensverwaltungen, sind deren Ergebnisse für die Bildung der Rücklage zusammenzurechnen; Bemessungsgrundlage ist also der Überschuss aller Vermögensverwaltungen eines Jahres.

Einnahmen aus Vermögensverwaltung sind alle Einnahmen[8], die durch die Vermögensverwaltung veranlasst sind. Nicht hierunter fallen Veräußerungsgewinne; diese gelten als bloße Vermögensumschichtungen, nicht als "Einnahmen" im steuerlichen Sinn. Ausgaben sind alle Werbungskosten[9], die durch die Vermögensverwaltung veranlasst sind. Bei Stiftungen gehören die Ausgaben nach § 58 Nr. 6 AO (Unterhalt des Stifters und seiner Angehörigen) nicht zu den im Rahmen der Überschussermittlung abzuziehenden Ausgaben; hier handelt es sich um Einkommensverwendung, nicht um einen Vorgang der Einkommensermittlung.

Gemischt veranlasste Aufwendungen – beispielsweise die Kosten der Verwaltung der Körperschaft – sind im Wege einer Schätzung aufzuteilen.[10] Der freien Rücklage darf darüber hinaus jährlich maximal 10 % der sonstigen nach § 55 Abs. 1 Nr. 5 AO zeitnah zu verwendenden Mittel zugeführt werden.[11] Hierunter fallen die Überschüsse bzw. Gewinne aus steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben und Zweckbetrieben sowie die Bruttoeinnahmen aus dem ideellen Bereich (Spenden, Mitgliedsbeiträge, Zuschüsse). In Fällen zulässiger Gewinnpauschalierung nach § 64 Abs. 5 und 6 AO können statt der pauschal ermittelten Gewinne auch die tatsächlichen Ergebnisse in die Bemessungsgrundlage zur Ermittlung der Rücklage einbezogen werden. Die Überschüsse aus Vermögensverwaltung dürfen nicht noch einmal in die Bemessungsgrundlage einbezogen werden.[12]

Verluste aus Zweckbetrieben oder steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben sind zunächst mit entsprechenden Überschüssen derselben Sphäre zu verrechnen; verbleibt danach ein Verlust, mindert dieser die Bemessungsgrundlage für die Bildung der freien Rücklage nicht. Auch Verluste im Bereich der Vermögensverwaltung mindern die Bemessungsgrundlage nicht.[13]

 

Rz. 8

Die Rücklage ist auf Jahresbasis zu bilden, d. h. aus den Überschüssen und sonstigen Mitteln eines Jahres. Wird der jährliche Höchstbetrag der Mittel, die in die freie Rücklage eingestellt werden können, nicht ausgeschöpft, können Mittel in Höhe des nicht ausgeschöpften Betrags zusätzlich in den beiden Folgejahren der freien Rücklage zugeführt werden.

Die Höchstgrenze für die Zuführung zu den freien Rücklagen mindert sich um den Betrag, den die Körperschaft in eine Rücklage zum...

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