Rz. 4

§ 53 Nr. 2 AO legt die Grenzen der wirtschaftlichen Hilfebedürftigkeit fest. Ausgangspunkt ist der Regelsatz der Sozialhilfe nach § 28 SGB XII. Es dürfen danach grundsätzlich nur Personen unterstützt werden, deren Bezüge das Vierfache dieses Regelsatzes nicht überschreiten. Etwaige im SGB XII vorgesehene Zuschläge wegen eines Mehrbedarfs (Erwerbsunfähige, werdende Mütter, Blinde, Behinderte usw.) werden nicht berücksichtigt. Außer Ansatz bleiben auch Leistungen für die Unterkunft; als Ausgleich dafür wird bei Alleinstehenden und beim Alleinerziehenden (früher: Haushaltsvorstand) anstelle des vierfachen Regelsatzes der fünffache angesetzt. Diese Regelung hat den Vorteil, dass unangemessen hohe Mietaufwendungen nicht zu einer Erhöhung der unschädlich zu beziehenden Bezüge führen und eine Feststellung der Mietaufwendungen unterbleiben kann. Für übrige Haushaltsangehörige staffeln sich die Regelsätze je nach Hilfebedürftigkeit zwischen 45–80 % des Regelsatzes für Alleinstehende oder Alleinerziehende.[1]

 

Rz. 5

Da die Festsetzung der Regelsätze Sache der Landesbehörden ist, können sie in den einzelnen Bundesländern voneinander abweichen. Die Regelsätze werden laufend den wirtschaftlichen Verhältnissen angepasst. In 2015 beträgt der monatliche Regelbedarf einheitlich für alle Bundesländer zwischen 399 EUR (Regelbedarfsstufe 1) und 234 EUR (Regelbedarfsstufe 6).

 

Rz. 6

Als Bezüge i. S. d. § 53 Nr. 2 AO sind nicht nur Einkünfte i. S. d. § 2 Abs. 1 EStG anzusetzen, sondern alle Bezüge, die zur Bestreitung des Unterhalts bestimmt und geeignet sind. Der Begriff der Bezüge ist daher ebenso zu fassen wie in § 33a Abs. 1 EStG; vgl. im Einzelnen R 33a.1 EStR und H 33a.1 EStH. Unter den Begriff der Bezüge fallen daher auch Einnahmen, die wegen Bestehens eines Freibetrags (Arbeitnehmerfreibetrag, Versorgungsfreibetrag usw.) oder einer gesetzlichen Regelung[2] steuerfrei bleiben (z. B. Kindergeld, Wohngeld), bei Leibrenten auch der Rentenanteil, der über den Ertragsanteil hinausgeht, sowie sonstige nicht steuerbare Zuflüsse. Unterhaltsansprüche sind ebenfalls zu berücksichtigen; dabei kommt es nicht auf die tatsächliche Erfüllung dieser Ansprüche an, sondern nur darauf, ob sie rechtlich und tatsächlich durchsetzbar sind. Damit wird vermieden, dass Bedürftigkeit durch Nichtrealisierung von Unterhaltsansprüchen herbeigeführt wird.

Von diesen Bezügen i. S. d. § 53 Nr. 2 b AO ist aus Vereinfachungsgründen ein Betrag von 180 EUR pro Jahr abzuziehen, wenn nicht höhere Aufwendungen, die mit diesen Bezügen in Zusammenhang stehen, glaubhaft gemacht oder nachgewiesen werden.[3]

Unterhaltsansprüche sind zu berücksichtigen.[4]

Nicht zu den Bezügen gehören steuerfreie Aufwandsentschädigungen und Vergütungen i. S. d. § 3 Nr. 12, 26 und 26a EStG.[5]

 

Rz. 7

Maßgebend sind die Bezüge aller Haushaltsangehörigen, da für jeden von ihnen der vierfache Regelsatz angesetzt wird. Werden die Grenzen auch nur geringfügig überschritten, entfällt die Hilfebedürftigkeit insgesamt; eine gestufte Berücksichtigungsfähigkeit der zu unterstützenden Person ist nicht vorgesehen. Eine Steuerschädlichkeit ist aber nicht gegeben, sofern die Voraussetzungen einer Notlage vorliegen.[6] Hierbei kann es sich um Fälle handeln, bei denen die plötzlich eintretende Hilfebedürftigkeit einer Vielzahl von Menschen es verbietet, die Bedürftigkeit des einzelnen Betroffenen nachzuprüfen, etwa Naturkatastrophen, Kriegseinwirkungen, Terrorakte usw.[7] Daneben sind aber auch Fälle denkbar wie lange Krankheit mit besonders hohen finanziellen Belastungen oder Tilgung unverschuldet eingegangener erheblicher Verbindlichkeiten.

 

Rz. 8

Ist Vermögen vorhanden, dessen Verwertung dem Inhaber zugemutet werden kann, liegt keine Bedürftigkeit vor, auch wenn die Bezüge unter den genannten Grenzen liegen. Geringes Vermögen bis zur Höhe von 15.500 EUR bleibt dabei außer Ansatz. Auch Vermögen, dessen Veräußerung offensichtlich eine Verschleuderung bedeuten würde oder das einen besonderen Wert, z. B. Erinnerungswert, für die zu unterstützende Person hat, muss nicht zur Verwendung für den eigenen Unterhalt herangezogen werden. Dasselbe gilt für ein angemessenes Hausgrundstück, das der Betreffende allein oder zusammen mit Angehörigen, denen es nach dem Tod der unterstützten Person weiter als Wohnraum dienen soll, bewohnt.[8]

[1] Gersch, in Klein, AO, 12. Aufl. 2014, § 53 AO Rz. 6.
[5] Buchna/Leichinger/Seeger/Brox, Gemeinnützigkeit im Steuerrecht, 11. Aufl. 2015, 110.
[7] Hüttemann, Gemeinnützigkeits- und Spendenrecht, 3. Aufl. 2015, Rz. 3.171.

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