1 Allgemeines

1.1 Blankettgesetz

 

Rz. 1

§ 373 AO ist ein Blankettgesetz. Blankettstrafgesetze sind förmliche Gesetze, die (nur) Art und Maß der Strafe und i. Ü. bestimmen, dass diese Strafe denjenigen trifft, der durch ausfüllende Vorschriften (Gesetz, Rechtsverordnung oder Verwaltungsakt) festzusetzende Unterlassungs- oder Handlungsverpflichtungen verletzt.[1] Ausfüllungsbestimmungen beim Schmuggel sind dabei z. B. Art. 77 UZK, § 21 TabakStG, § 21 UStG (Zigarettenschmuggel).

[1] Fischer, StGB, 71. Aufl. 2024, § 1 Rz. 9.

1.2 Qualifikationstatbestand

 

Rz. 2

Mit der Fassung des § 373 AO nach Art. 3 Nr. 4 des "Gesetzes zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung und anderer verdeckter Ermittlungsmaßnahmen sowie zur Umsetzung der Richtlinie 2006/24/EG" v. 21.12.2007[1] wurde – mit Wirkung zum 1.1.2008 – klargestellt, dass § 373 AO ein Qualifikationstatbestand zu § 370 AO ist.[2] Dies bedeutet, dass § 373 AO einen selbstständigen Deliktstypus bildet, bei dem das Gesetz aus dem Grundtatbestand des § 370 AO durch Hinzufügen weiterer Merkmale einen neuen Tatbestand mit selbstständiger strengerer Strafdrohung bildet.[3] Zugleich wurde der Strafrahmen des gewerbsmäßigen, gewaltsamen oder bandenmäßigen Schmuggels erhöht und an den Strafrahmen der Steuerhinterziehung im besonders schweren Fall nach § 370 Abs. 3 AO angepasst. Eine Regelung für besonders schwere Fälle des § 373 AO oder eine Verweisung auf den Strafrahmen des § 370 Abs. 3 AO und damit auch die Notwendigkeit, für besonders schwere Fälle des § 373 AO den Strafrahmen der Strafzumessungsregel in § 370 Abs. 3 AO zu entnehmen, wurde dadurch entbehrlich.[4]

[1] BGBl I 2007, 3198; vgl. BT-Drs. 16/5846.
[3] Fischer, StGB, 71. Aufl. 2024, § 12 Rz. 8.
[4] Vgl. BT-Drs. 16/5846, S. 174ff.; BGBl I 2007, 3198.

1.3 Anwendungsbereich

 

Rz. 3

§ 373 AO bezieht sich nicht auf die Hinterziehung einer beliebigen Steuer, sondern nur auf Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben (näher Rz. 7f.), die beim Verbringen von Waren und Erzeugnissen über die Grenze entstehen.

 

Rz. 4

Des Weiteren wird § 373 AO als "Schmuggel" bezeichnet, doch entspricht der Anwendungsbereich der Norm nicht dem allgemeinen Sprachgebrauch, sondern ist weiter, denn die Norm erfasst abweichend vom allgemeinen Sprachgebrauch nicht nur Vorgänge, die mit dem körperlichen Verbringen einer Ware über die Grenze oder im Reiseverkehr verbunden sind, sondern – namentlich beim gewerbsmäßigen Schmuggel nach Abs. 1 – auch "Schreibtischtaten", wie z. B. unrichtige Angaben über den Zollwert, unrichtige Gewichts- und Mengenangaben, unrichtige tarifliche Einordnungen oder unrichtige Angaben im Zollverfahren[1] (sog. Intelligenzschmuggel).[2] Besonders praxisrelevant ist auch die Fallkonstellation, in der Nichtgemeinschaftsware aus der zollamtlichen Überwachung entzogen wird, z. B. durch Entfernung aus dem Zolllager zur Wiederausfuhr ohne unmittelbare Überführung in das externe Versandverfahren.[3] Die Einfuhrzollschuld entsteht hier ohne die Möglichkeit einer Heilung.

[1] Ebner, in MüKoStGB, 4. Aufl. 2023, § 373 AO Rz. 3.
[2] Schuster/Schulteheinrichs, in Flore/Tsambikakis, Steuerstrafrecht, 2. Aufl. 2016, § 373 AO Rz. 16.

2 § 373 Abs. 1 und 2 AO

 

Rz. 5

§ 373 AO qualifiziert[1] einen Teil der nach §§ 370, 372, 374 AO mit Strafe bedrohten Handlungen. Abs. 1 behandelt dabei mit der gewerbsmäßigen Einfuhr- und Ausfuhrabgabenhinterziehung den kriminologisch wichtigsten Teil des Zollstrafrechts, nämlich die im "geschäftlichen Verkehr" begangenen Straftaten.[2]

[1] Siehe Rz. 2 zum Begriff des Qualifikationstatbestands.
[2] Ebner, in MüKoStGB, 4. Aufl. 2023, § 373 AO Rz. 8.

2.1 Hinterziehung von Einfuhr- und Ausfuhrabgaben

2.1.1 Ein- und Ausfuhrabgaben

 

Rz. 6

Gem. § 3 Abs. 3 AO handelt es sich auch bei den Ein- und Ausfuhrabgaben um Steuern.

Der Begriff der Ein- und Ausfuhrabgaben[1] nach nationalem Recht ist allgemein in Art. 5 Nr. 20 (Einfuhrabgaben) und 21 (Ausfuhrabgaben) UZK definiert, wobei Ausfuhrabgaben gegenwärtig für § 373 AO praktisch nicht relevant sind.[2]

 

Rz. 7

Demnach sind Einfuhrabgaben[3]:

  • Zölle und Abgaben mit gleicher Wirkung bei der Einfuhr von Waren;
  • Abschöpfungen und sonstige bei der Einfuhr erhobene Abgaben, die im Rahmen der gemeinsamen Agrarpolitik oder aufgrund der für bestimmte landwirtschaftliche Verarbeitungserzeugnisse geltenden Sonderregelungen vorgesehen sind;
 

Rz. 8

und Ausfuhrabgaben[4]:

  • Zölle und Abgaben mit gleicher Wirkung bei der Ausfuhr von Waren;
  • Abschöpfungen und sonstige bei der Ausfuhr erhobene Abgaben, die im Rahmen der gemeinsamen Agrarpolitik oder aufgrund der für bestimmte landwirtschaftliche Verarbeitungserzeugnisse geltenden Sonderregelungen vorgesehen sind.
 

Rz. 9

Der Begriff der Einfuhrabgaben i. S. d. §§ 373, 370 Abs. 1 AO setzt damit einen Einfuhrvorgang voraus, also das unmittelbare Verbringen der Ware aus dem Drittlands...

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