Rz. 279

Für verschiedene Veranlagungssteuern ist vorgesehen, dass auf die festzusetzende Jahressteuer Vorauszahlungen zu leisten sind[1]. Hierbei handelt es sich um einen selbstständigen Steueranspruch, der selbstständig verkürzt werden kann (Rz. 81). Die Finanzbehörde setzt diesen Anspruch gesondert durch einen Vorauszahlungsbescheid fest[2]. Bemessungsgrundlage für die Festsetzung ist grundsätzlich die vorhergehende Jahressteuer, an deren Festsetzung die Vorauszahlungsfestsetzung anknüpft. Diese ist also eine gesetzliche steuerliche Folge der Jahressteuerfestsetzung.

Die Hinterziehung der Jahressteuer wirkt sich demgemäß stets auf die erste Festsetzung von Vorauszahlungen aus. Die h. M. geht deshalb davon aus, dass in Tateinheit (Rz. 191) mit der Hinterziehung der Jahressteuer zugleich die Hinterziehung der Vorauszahlungen verwirklicht wird[3]. Bedenken ergeben sich hiergegen aus der Selbstständigkeit des Steueranspruchs (Rz. 81), der damit ohne selbstständige Tathandlung (Rz. 36) hinterzogen werden könnte[4].

 

Rz. 280

Von dieser ersten Festsetzung der Vorauszahlungen ist die Anpassung der Vorauszahlungen zu unterscheiden:

Eine Änderung der tatsächlichen Verhältnisse, die eine höhere Jahressteuer erwarten lässt, als diejenige, nach der die Vorauszahlung bemessen ist (Rz. 278), bewirkt keine gesetzliche Verpflichtung (Rz. 54), die Finanzbehörde zu informieren und die Vorauszahlungen anpassen zu lassen. Die Finanzbehörde kann jedoch im Folgejahr und auch noch eine bestimmte Zeit danach die Vorauszahlungen an die zu erwartende Jahressteuer anpassen[5]. Hierzu ist sie befugt, von dem Stpfl. Auskunft zu den relevanten tatsächlichen Verhältnissen zu verlangen. In diesem Fall ist der Stpfl. zur Erteilung einer richtigen (Rz. 51) Auskunft verpflichtet (Rz. 54). Das vorsätzliche Unterlassen oder die Erteilung einer unrichtigen Auskunft bewirken eine Steuerhinterziehung auf Zeit (Rz. 223). Wird die Auskunft versehentlich falsch erteilt, so ist der Stpfl. gem. § 153 Abs. 1 AO zur Berichtigung verpflichtet, wenn er diesen Fehler nachträglich erkennt[6].

 

Rz. 281

Eine Steuerhinterziehung liegt auch vor, wenn der Stpfl. einen Antrag auf Herabsetzung stellt und diesem wissentlich einen unrichtigen oder unvollständigen Sachverhalt zugrunde legt[7]. Wird der Antrag versehentlich fehlerhaft gestellt, so ergibt sich für den Stpfl. nach h. M. (s. aber § 153 AO Rz. 9) die Berichtigungspflicht nach § 153 Abs. 1 AO (Rz. 280). Wird dagegen der Antrag auf Herabsetzung richtig gestellt, ändern sich aber nach der Antragstellung die tatsächlichen Verhältnisse, so ist der Stpfl. nach § 153 Abs. 2 AO zur Berichtigung verpflichtet (Rz. 64, 66).

 

Rz. 282

Soweit eine Steuerhinterziehung hinsichtlich der Vorauszahlungen vorliegt, wirkt die Abgabe der Jahreserklärung als Selbstanzeige i. S. v. § 371 AO[8].

[1] Vgl. z. B. § 37 Abs. 1 EStG, § 48 KStG, § 19 GewStG, § 21 VStG.
[3] BGH v. 1.9.1982, 3 StR 185/82, HFR 1983, 341; BFH v. 15.4.1997, VII R 74/96, BStBl II 1997, 600.
[4] FG Münster v. 28.6.1996, 11K 4571/95, DStRE 1997, 222; s. auch Meyer, in Beermann/Gosch, AO/FGO, § 370 AO Rz. 105.
[5] Vgl. z. B. § 37 Abs. 3 S. 3 EStG.
[6] FG Düsseldorf v. 24.5.1989, 4 K 397/83 AO, EFG 1989, 492; zum Unterlassen der Berichtigung s. Rz. 60; zum Vorsatz Rz. 131; BGH v. 18.12.1985, 2 StR 461/85, wistra 1986, 219.
[7] Rz. 51, 45; OLG Stuttgart v. 21.3.1987, 1 Ss 221/87, wistra 1987, 263.
[8] § 371 AO Rz. 55; OLG Stuttgart v. 21.5.1987, 1 Ss 221/87, wistra 1987, 263.

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