Rz. 10

Nach § 360 Abs. 1 S. 1 AO können die Stpfl. i. S. v. § 33 AO hinzugezogen werden, deren rechtliche Interessen nach Steuergesetzen durch die Entscheidung über den Einspruch berührt werden. Ausreichend ist bei mehreren Streitpunkten die Berührung durch einen Teil des Streits.[1]

 

Rz. 10a

Da die Entscheidungsgründe ein unselbstständiger Teil der Einspruchsentscheidung sind, muss sich die Interessenberührung aus der rechtlichen Regelungsaussage der zu erlassenden Einspruchsentscheidung ergeben, die ihren Ausdruck im Entscheidungstenor findet.

 

Rz. 10b

Für die Hinzuziehung genügt die Möglichkeit der Interessenberührung.[2] Die Finanzbehörde hat auch bei einer beantragten Hinzuziehung zu prüfen, ob die Interessenberührung bestehen könnte, wobei der Sachvortrag des Einspruchsführers als richtig zu unterstellen ist. Die bloße Behauptung der Interessenberührung ist für die Hinzuziehung nicht ausreichend.[3] Andererseits ist eine Wahrscheinlichkeit oder Gewissheit auch nicht erforderlich, da vielfach erst die Entscheidung die endgültige Klarheit über die Berührung der steuerlichen Interessen bringen wird.[4] Die Hinzuziehung darf nur dann nicht erfolgen, wenn eine Interessenberührung zweifelsfrei nicht eintreten kann.

 

Rz. 11

Rechtliche Interessen werden berührt, wenn der Hinzuzuziehende zum Einspruchsführer oder zu dem mit dem Einspruch angefochtenen bzw. begehrten Verwaltungsakt in einer solchen Beziehung steht, dass durch die Entscheidung über den Einspruch in irgendeiner Weise seine Rechtsstellung beeinflusst wird. Wirtschaftliche, persönliche oder tatsächliche Auswirkungen der Entscheidung auf Dritte, die keinen rechtlichen Gehalt haben, reichen für eine Hinzuziehung nicht.[5]

 

Rz. 12

Dieses rechtliche Interesse muss sich nach Steuergesetzen ergeben.[6] Es müssen, wie bei der Einspruchsbefugnis, steuerrechtlich geschützte Interessen berührt werden.[7] Die Hinzuziehung aus ausschließlich privatrechtlichen Gründen ist nicht zulässig.[8]

 

Rz. 13

Berührung der steuerrechtlichen Interessen ist gegeben, wenn irgendeine Einflussnahme der Entscheidung auf die Rechtsstellung des Hinzuzuziehenden vorliegt. Diese Berührung ergibt sich nur bei einer Sachentscheidung. Ist der Einspruch offensichtlich unzulässig, so werden die rechtlichen Interessen nicht berührt und demzufolge ist die Hinzuziehung nicht erforderlich.

 

Rz. 13a

Die Interessenberührung erfordert, dass die Entscheidung die Rechtsstellung des Hinzuziehenden in irgendeiner Weise beeinflusst. Es ist unerheblich, ob sich die Rechtsposition verbessert, verschlechtert oder nur bestätigt wird.[9] Die Interessenberührung erfordert nicht, dass die Beeinflussung der Rechtsstellung unmittelbar erfolgt, sondern sie muss nur eine rechtliche Folge der Einspruchsentscheidung sein. Die einfache präjudizielle Wirkung der Entscheidung für Parallelfälle berechtigt nicht zur Hinzuziehung. Umgekehrt ist für die Hinzuziehung eine Beschwer i. S. v. § 350 AO nicht erforderlich.

 

Rz. 13b

Für die Frage, ob eine Interessenberührung vorliegt, hat eine gewisse Schlüssigkeitsprüfung zu erfolgen, wobei der Sachvortrag des Einspruchsführers als richtig zu unterstellen ist. Hieraus muss sich – bei großzügiger Betrachtung – die Möglichkeit der Interessenberührung ergeben.[10] Die Hinzuziehung darf allerdings nicht erfolgen, wenn eine Interessenberührung eindeutig nicht eintreten kann.[11]

 

Rz. 13c

Über die Interessenberührung hinaus ist ein besonderes Rechtsschutzbedürfnis des Hinzuzuziehenden nicht erforderlich.[12]

[3] FG Hamburg v. 14.10.1969, I 144/69, EFG 1970, 83.
[7] Z. B. durch die sich aus der Entscheidung ergebende Möglichkeit der Rückforderung eines Steueranspruchs vgl. BFH v. 28.12.1998, VII B 280/98, BFH/NV 1999, 815; vgl. FG Berlin v. 1.11.1984, V 174/83, EFG 1985, 402 für die Hinzuziehung des Erben im ErbSt-Verfahren des Pflichtteilsberechtigten.
[8] BFH v. 15.5.1975, V R 84/70, BStBl II 1976, 41f. für den Abtretungsempfänger bei Steuererstattungsansprüchen; für den Empfänger von Pensionszahlungen, die als verdeckte Gewinnausschüttung behandelt werden sollen, FG Düsseldorf v. 7.4.1978, XI 343/76 K, EFG 1978, 499.
[12] Gräber/Levedag, FGO, 8. Aufl. 2015, § 60 Rz. 19; a. A. FG des Saarlandes v. 10.12.1976, 226–228/74, EFG 1977, 227.

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