Rz. 2

§ 350 AO trifft eine Grundsatzregelung für die Einspruchsbefugnis. Diese kann im Einzelfall durch Besonderheiten ausgeschlossen[1] oder durch gesetzliche Sonderregelungen modifiziert sein:

  • § 354 AO: Durch den Einspruchsverzicht entfällt die Einspruchsbefugnis.
  • § 351 Abs. 1 AO: Bei Änderungsbescheiden ist die Einspruchsbefugnis sachlich eingeschränkt.
  • § 351 Abs. 2 AO: Bei Grundlagen- und Folgebescheiden besteht die Einspruchsbefugnis nur hinsichtlich des Regelungsinhalts des jeweiligen Verwaltungsakts.
  • § 352 AO: Bei Feststellungsbescheiden ist die Einspruchsbefugnis persönlich eingeschränkt.[2]
 

Rz. 3

Die Einspruchsbefugnis ist Voraussetzung für die Durchführung des Einspruchsverfahrens, i. S. d. AO also eine Zulässigkeitsvoraussetzung.[3] Die Finanzbehörde hat deren Vorliegen demgemäß von Amts wegen zu prüfen.[4] Sie hat den Einspruch nach § 358 S. 2 AO als unzulässig zu verwerfen, wenn die Einspruchsbefugnis fehlt.[5] Der Finanzbehörde ist es verwehrt, in eine sachliche Prüfung des Einspruchsbegehrens einzutreten.[6] Auch eine Verböserung nach § 367 Abs. 2 S. 2 AO kömmt nur bei einem zulässigen Einspruch in Betracht.[7]

 

Rz. 3a

Die aus der Unzulässigkeit des Einspruchs resultierende Bestandskraft des Verwaltungsakts ist auch vom FG im Rahmen der Sachentscheidung von Amts wegen zu beachten.[8] Das FG ist an die Rechtsauffassung der Finanzbehörde über die Zulässigkeit des Einspruchs nicht gebunden, sondern hat eine eigene Entscheidung zu treffen. Fehlen die Sachentscheidungsvoraussetzungen, so ist es dem FG verwehrt, in eine sachliche Prüfung des Klagebegehrens einzutreten.[9] Das FG hat vielmehr den Rechtsbehelf durch Prozessentscheidung als unzulässig zu verwerfen. Es trifft also nur eine Entscheidung über die Zulässigkeit des Verfahrens, nicht aber eine Entscheidung über die Sache.

 

Rz. 3b

Auch der BFH hat nicht nur die Zulässigkeit des bei ihm eingelegten Rechtsmittels, sondern ebenfalls die Zulässigkeit des Einspruchs bei der Finanzbehörde von Amts wegen zu prüfen.[10] Er ist hierbei seinerseits an die Rechtsauffassung des FG nicht gebunden, sondern hat ebenfalls eine eigene Entscheidung zu treffen.[11] Die fehlerhafte Beurteilung einer Sachentscheidungsvoraussetzung durch das FG stellt einen Verfahrensmangel dar.[12]

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