Rz. 18

Durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens geht das Recht des Schuldners, das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen zu verwalten und über es zu verfügen, auf den Insolvenzverwalter über.[1] Wird ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt und dem Insolvenzschuldner ein allgemeines Verfügungsverbot auferlegt, geht die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Vermögen auch auf den vorläufigen Insolvenzverwalter[2] über. Das Verwaltungs- und Verfügungsrecht wird von diesem Zeitpunkt an vom Insolvenzverwalter ausgeübt. Da alle Steuerarten in engem Zusammenhang mit dem vom Insolvenzverwalter verwalteten Vermögen stehen, hat dieser grundsätzlich auch die gesamten steuerlichen Pflichten zu erfüllen, die bisher dem Gemeinschuldner oblagen.[3] Dazu gehören die Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten, die Auskunfts-, Vorlage- und Anzeigepflichten, die Steuererklärungspflichten, die Pflichten zur Einbehaltung und Abführung der Abzugsteuern sowie zur Empfangnahme von Verwaltungsakten. Allerdings gehört bei der Insolvenz einer Personengesellschaft die einheitliche und gesonderte Gewinnfeststellung zu den konkursfreien Angelegenheiten.[4] Deshalb ist der Insolvenzverwalter auch nicht zur Abgabe der Erklärung für die einheitliche und gesonderte Gewinnfeststellung verpflichtet.[5] Die Verpflichtungen des Insolvenzverwalters bestehen nicht nur für die Zeit der Verwaltung, sondern auch für die Zeit vorher, soweit sie noch nicht erfüllt sind. Dem Insolvenzschuldner ist nämlich die Erfüllung dieser Pflichten nicht mehr möglich.[6] Auch die Pflicht zur Berichtigung einer vom Gemeinschuldner vor Insolvenzeröffnung abgegebenen Erklärung nach § 153 AO hat der Insolvenzverwalter .[7] Es ist allerdings zu beachten, dass § 34 AO nur die steuerlichen Pflichten betreffen kann. Soweit sich die Pflichten des Insolvenzverwalters – z. B. zur Erfüllung steuerlicher Insolvenzforderungen – allein nach der InsO richten, werden die steuerrechtlichen Normen verdrängt. Bei Pflichtverletzungen kommt dann § 60 InsO zur Anwendung.[8] Der Zwangsverwalter, an den ein Steuerbescheid als Inhaltsadressat bekannt gegeben wird, muss nicht unter Angabe seiner Funktion benannt werden; wie eine Auslegung dieses Verfahrens ausreichend ergibt, ist dies in Ordnung.[9]

Dem Insolvenzverwalter obliegt auch die Erfüllung der Zahlungspflichten. Er hat die Masseverbindlichkeiten[10] zu bezahlen. Dazu gehören u. a. auch die Steuerverbindlichkeiten z. B. aus Handlungen (Umsätzen) des Insolvenzverwalters.[11] Insolvenzforderungen, die zur Insolvenztabelle angemeldet und nicht bestritten worden sind, werden zur Verteilung gem. §§ 187ff. InsO herangezogen.

Ist der Insolvenzschuldner eine natürliche Person und ist seine persönliche Mitwirkung bei der Erfüllung einer steuerlichen Pflicht erforderlich, so erscheint es als zweifelhaft, ob dem Insolvenzverwalter diese steuerliche Pflicht überhaupt obliegt.[12] So sind z. B. bei der Abgabe der ESt-Erklärung persönliche Wahl- und Antragsrechte (etwa Veranlagungsform, außergewöhnliche Belastungen) auszuüben. Soweit die Auffassung vertreten wird, dass der Insolvenzverwalter solche Rechte nicht ausüben kann, müssen jedoch diese Teile der Steuererklärung in den Hintergrund treten, zumal das FA auch ohne entsprechende Erklärungen die Steuern ermitteln kann. Die Steuererklärungspflichten obliegen also auch bei der ESt dem Insolvenzverwalter. Allerdings ist der Insolvenzschuldner dabei verpflichtet, den Insolvenzverwalter bei der Herstellung der Steuererklärung zu unterstützen.[13]

Die Pflichten des Insolvenzverwalters können sich allerdings nur auf das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen[14] beziehen. Das vom Insolvenzschuldner nach Insolvenzeröffnung während des Insolvenzverfahrens erworbene Vermögen fällt in den Verwaltungsbereich. Vermögensgegenstände, die der Insolvenzverwalter freigegeben hat (z. B. überbelastete Grundstücke), unterliegen nicht seiner Verwaltung. Die Einkünfte des Insolvenzschuldners aus einer nach Insolvenzeröffnung ausgeübten Tätigkeit fallen im Gegensatz zum früheren Konkursfall in den Verwaltungsbereich.

 

Rz. 18a

Nach BFH v. 21.6.1979, IV R 131/74, BStBl II 1979, 780; BFH v. 12.11.1992, IV B 83/91, BStBl II 1993, 265 gehört die einheitliche Gewinnfeststellung einer in Insolvenz (oder früher in Konkurs) gefallenen Personengesellschaft zu den insolvenzfreien Angelegenheiten der Gesellschaft, die nicht in den Verwaltungsbereich des Insolvenzverwalters fallen, sondern nach den Regeln der Liquidation von der ­Gesellschaft durch ihre Geschäftsführer weiter zu erledigen sind. Danach hat der Insolvenzverwalter keine Erklärungen für die einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellungen abzugeben. Die Folgen der Feststellung betreffen nämlich nicht den Vermögensbereich der Personengesellschaft, sondern die Gesellschafter in Person. Der Insolvenzverwalter ist daher nicht zur Abgabe der Erklärung zur einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellung verpflichtet.[15] Die Kfz-Steuer ist im Fall der Insolvenzeröffnu...

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