Rz. 8

§ 31b AO steht in der Reihe der Öffnungsnormen zum Steuergeheimnis nach §§ 31 und 31a AO.[1] Diese Öffnungsnormen wurden in der Vergangenheit immer weiter ausgebaut.[2] Damit hat der Gesetzgeber für – für sich gesehen jeweils wichtige und sinnvolle – außersteuerliche Zwecke immer größere Eingriffe in den Schutzbereich des § 30 AO geschaffen und so den Gehalt dieses für die Durchführung einer gerechten Besteuerung eminent wichtigen Schutzrechts[3] zugunsten nicht steuerlicher staatlicher Interessen geschwächt.[4] Man wird dem die Tendenz entnehmen können, das Steuergeheimnis auszuhöhlen.[5]

 

Rz. 9

Auch die datenschutzrechtlichen Verpflichtungen der DSGVO sind für die Fälle der Mitteilung nach § 31b AO relevant. Die Pflicht zur Information der betroffenen Person vor der Weitergabe ihrer Daten nach Art. 13 Abs. 3 DSGVO[6] besteht aber nach Art. 23 Abs. 1 DSGVO i. V. m. § 32a Abs. 1 Nr. 4 AO nicht, wenn die Erteilung der Information eine vertrauliche Offenbarung geschützter Daten gegenüber öffentlichen Stellen gefährden würde. Dies wäre bei Mitteilungen nach § 31b AO der Fall.[7] Ergänzend wird dies in § 31b AO in Abs. 4 ausdrücklich kodifiziert (Rz. 67).

 

Rz. 10

Die Fragestellung, ob bei unter § 261 StGB zu subsumierenden Geldwäschesachverhalten zugleich auch ein zwingendes öffentliches Interesse i. S. d. § 30 Abs. 4 Nr. 5 AO erforderlich oder gar anzunehmen ist[8], hat durch den völlig neu zu bewertenden Unwertgehalt einer Geldwäsche nach vorhergehendem Bagatelldelikt (Rz. 4) erheblich an Bedeutung gewonnen (vgl. Rz. 5b). Zwar macht §§ 30 Abs. 4 Nr. 2, 31b Abs. 1 Nr. 1 und 2 AO i. V. m. § 1 Abs. 1 GwG die Mitteilungen der Finanzbehörden diesbezüglich befugt. Dies gilt aber nur, soweit sich dies im mit der Verfassung kompatiblen Bereich bewegt (Rz. 4ff.). Dennoch können sich aus den Regelungen des § 30 Abs. 4 Nr. 5 AO, wie auch aus dem "Vortatenkatalog" der jeweils aktuellen Geldwäscherichtlinie oder den dem Verhältnismäßigkeitsprinzip geschuldeten einschlägigen Regelungen der StPO (vgl. Rz. 5b) durchaus Anhaltspunkte für eine verfassungskonforme Reduktion der Öffnungstatbestände des § 31b AO i. V. m. § 261 StGB entnehmen lassen.

 

Rz. 11

Während sich § 31b AO i. V. m. § 30 Abs. 4 Nr. 2 AO auf die Mitteilungsbefugnis im Rahmen der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung beschränkt, deckt er sonstige Erkenntnisse zur Terrorismusbekämpfung nicht ab. Insoweit ergibt sich die Offenbarungs- und insoweit auch Verwertungsbefugnis aus § 30 Abs. 4 Nr. 5 Buchst. a AO.[9]

 

Rz. 12

In Fällen des Verdachts von Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung besteht nach näherer Maßgabe des § 43 GwG eine dem § 31b AO vergleichbare Anzeigepflicht auch für die unter § 2 GwG fallenden Verpflichteten, etwa für Banken, sonstige Finanzdienstleister, Versicherungsunternehmen, Spielbanken, die rechts- und steuerberatenden Berufe, Notare, Wirtschaftsprüfer, Immobilienmakler und gewerbliche Händler. Auch insoweit wird die durch die schrankenlose Fassung des § 261 StGB geschaffene Flut begründeter Meldepflichten als äußerst kritisch angesehen. Dementsprechend wird auch für Banken und Handel im Interesse der Vermeidung einer unverhältnismäßigen Meldeflut[10] gefordert, Verdachtsmeldungen auch in diesen Bereichen auf Organisierte Kriminalität und Terrorismusfinanzierung zu konzentrieren.

Nach § 44 GwG besteht parallel zu § 31b AO eine Meldeverpflichtung für Verdachtsfälle an die FIU für die zuständigen Aufsichtsbehörden.

Rz. 13 einstweilen frei

[5] Tormöhlen, in Gosch, AO/FGO, § 31b AO Rz. 33.
[6] Beabsichtigte Weiterverarbeitung.
[7] BT-Drs. 18/12611, 93; Krumm, DB 2017, 2182, 2193; BMF v. 13.01.2020, IV A 3 – S 0030/19/10017:004, BStBl I 2020, 143, Rz. 45, 49.
[8] So u. a. Alber, in HHSp, AO/FGO, § 31b AO Rz. 13.
[10] Vgl. die Risikobetrachtung bei Ruhmannseder, in BeckOK StGB, § 261 StGB Rz. 5.3; Gazeas, NJW 2021, 1041, 1045f.

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