Rz. 56

Durch eine unbefugte Offenbarung von nach § 30 AO geschützten Daten wird (auch) der nach der DSGVO gebotene Schutz personenbezogener Daten verletzt.[1] Das Offenbaren ist eine besondere Form der Offenlegung personenbezogener Daten in der Begriffsbestimmung der DSGVO.[2] Die Offenlegung ist legal definiert in Art. 4 Nr. 2 DSGVO und umfasst die Übermittlung, die Verbreitung oder andere Formen der Bereitstellung von Daten. Anlass, Zweck und Rechtsgrundlage des Offenlegens sind für die Verwirklichung dieses Tatbestandsmerkmals zunächst unerheblich. Ein Offenbaren ist in jedem Verhalten des Amtsträgers oder der gleichgestellten Person zu sehen, durch das die geschützten Daten über den Kreis der bisherigen Kenntnisträger innerhalb oder außerhalb der Behörde bzw. des Gerichts hinaus bekannt werden können. Ein Offenbaren ist auch gegenüber anderen Amtsträgern derselben Behörde möglich. Es kann unbefugt geschehen, wenn der die Kenntnis erlangende Amtsträger nicht mit der Sache dienstlich befasst ist.[3] Das Verhalten kann in mündlichen oder schriftlichen Äußerungen, elektronischen Erklärungen oder anderen Handlungen bestehen, es kann auch in einem schlüssigen Verhalten (z. B. Kopfnicken, Schweigen) liegen. Auch das Ermöglichen einer Kenntnisnahme z. B. durch laute Unterhaltung von Amtsträgern in der Nähe Außenstehender oder das Liegenlassen von Unterlagen kann ein solches offenbarendes Verhalten sein. Ein Offenbaren liegt auch in der Weitergabe der bekannt gewordenen Verhältnisse innerhalb des Kreises der für den Fall zuständigen Amtsträger und innerhalb des Verfahrens. Hier ist allerdings das Offenbaren nach Abs. 4 Nr. 1 befugt.[4] Die Befugnis betrifft das objektive Offenbaren, ein Offenbarungswille ist für die Frage der Schutzgutverletzung nicht erforderlich.

Eine Offenbarung geschützter Daten kann auch in der Weitergabe statistischen Datenmaterials liegen, wenn die Statistikdaten etwa einem Dritten Rückschlüsse auf personenbezogene Daten betroffener Personen ermöglichen (siehe dazu auch Rz. 84a, 129d).

Offenbaren oder Offenlegen kann man aber nur solche geschützten Daten, die nicht ohnehin schon bekannt oder offenkundig, d. h. für jedermann ohne weiteres mit erlaubten Mitteln zugänglich sind.[5] So können allgemein bekannte Daten niemandem gegenüber mehr offenbart werden. Einem begrenzten Personenkreis bekannte geschützte Daten können dagegen nur diesem Kreis gegenüber nicht mehr, Außenstehenden jedoch offenbart werden.[6] Auch in der Bestätigung allgemein umlaufender Gerüchte oder Vermutungen kann ein Offenbaren liegen (vgl. auch Rz. 29).

 

Rz. 56a

Auch im Rahmen der elektronischen Kommunikation können geschützte Daten ungewollt offenbart werden. Nutzt ein Amtsträger des FA zur Kommunikation mit dem Stpfl. eine ungesicherte elektronische Kommunikation, bestehen erhebliche Risiken, dass geschützte Daten aus dem Besteuerungsverfahren ungewollt Dritten bekannt werden könnten. Sie sind diesen aber zumindest zugänglich. Insoweit ist das Bekanntwerden der geschützten Daten allein durch die Möglichkeit der unerkannten Einsichtnahme während des elektronischen Datenversands zu unterstellen.[7] Wegen dieser Problematik regelt § 87a Abs. 1 S. 3 AO – deklaratorisch – im Grundsatz eine sich bereits aus § 30 AO ergebende Verschlüsselungspflicht.[8] Will ein Amtsträger davon absehen, bedarf es, wenn die Kommunikationsmöglichkeit über nicht verschlüsselte elektronische Kommunikation genutzt werden soll, einer Offenbarungsberechtigung nach § 30 Abs. 4 oder 5 AO.[9]

 

Rz. 57

Ein Offenbaren liegt nicht vor, wenn die Daten von dem zuständigen Amtsträger in einem anderen den Stpfl. betreffenden Verfahren verwendet werden.

 

Rz. 58

Ob die in Gerichtsverfahren in öffentlicher Verhandlung[10] erörterten oder genannten Daten als offenbar anzusehen sind, ist umstritten. Sie sind tatsächlich nur dem mehr oder weniger großen Kreis der Teilnehmer bekannt geworden. Davon war ein erheblicher Teil zudem als Amtsträger[11] – die in dienstlicher Eigenschaft auch bei Anwesenheit von Öffentlichkeit dem Steuergeheimnis verpflichtet bleiben[12] – oder als sonstig zur Verschwiegenheit Verpflichteter[13] anwesend, stellt also – zumindest tatsächlich – keine "Öffentlichkeit" her. Tatsächlich der "Öffentlichkeit" zuzurechnende Personen können zwar im Einzelfall anwesend sein, es ist aber durchaus fraglich, wieviel von der im Steuerrecht oft komplexen Materie diese überhaupt aufgenommen haben. Für diese "Besucher" auch wenn es sich um Amtsträger privat und außerhalb ihrer Tätigkeit handelt, sind die Erkenntnisse zwar in einem Gerichtsverfahren in Steuersachen bekannt geworden, sie haben diese Daten aber nicht in der Eigenschaft als Amtsträger erfahren[14], sind also insoweit auch nicht an das Steuergeheimnis gebunden. Anders stellt sich dies aber für diejenigen Personen dar, denen die Tatsachen schon zuvor als Amtsträger bekannt geworden waren oder die in Ihrer Eigenschaft als Amtsträger an der Verhandlung teilgenommen und die Daten somit als solche erfahren ...

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