Rz. 13

Ist die Vollstreckungsmaßnahme beendet, also die gepfändete Sache verwertet und der Erlös vereinnahmt, die gepfändete Forderung eingezogen, das Grundstück versteigert usw., besteht nach dem Vollstreckungsrecht der AO keine Möglichkeit des Vollstreckungsschuldners mehr, sich gegen die abgeschlossene Maßnahme zur Wehr zu setzen.[1] Ein anhängiges Einspruchsverfahren oder eine Anfechtungsklage ist in der Hauptsache erledigt.[2] Ein bereits eingelegter Einspruch wird ab dem Zeitpunkt der Erledigung unzulässig, was damit begründet wird, dass ab diesem Zeitpunkt die angefochtene Maßnahme nicht mehr durch einen Einspruch beseitigt werden könne.[3]

 

Rz. 14

Die einzige für den Vollstreckungsschuldner nach Beendigung der Vollstreckungsmaßnahme noch bestehende Möglichkeit ist, bei Bestehen eines besonderen Rechtsschutzbedürfnisses, des sog. Fortsetzungsfeststellungsbedürfnisses, einen Antrag bzw. eine Klage auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der abgeschlossenen Vollstreckungsmaßnahme zu stellen.[4] Dies kommt vor allem dann in Betracht, wenn hierdurch die Geltendmachung eines Staatshaftungsanspruchs erleichtert werden soll.[5] Dieser Anspruch, der unter den Voraussetzungen des § 839 BGB i. V. m. Art. 34 GG gegeben ist, ist nach § 71 Abs. 2 Nr. 2 GVG stets vor den ordentlichen Gerichten, und zwar in erster Instanz beim LG, geltend zu machen.

 

Rz. 15

Einen Anspruch auf Beseitigung der unmittelbaren Folgen des Handelns der Vollstreckungsbehörde hat der Vollstreckungsschuldner nach § 257 Abs. 2 S. 1 AO.[6] Hinzu kommt der Folgenbeseitigungsanspruch nach § 100 Abs. 1 S. 2 FGO. Dieser Anspruch auf Folgenbeseitigung erstreckt sich aber nicht auf Ersatz eines etwaigen Schadens des Vollstreckungsschuldners. Der Anspruch ist vor den Finanzgerichten zu verfolgen.

 

Rz. 16

Keine Anwendung findet – auch nicht analog – § 717 Abs. 2 ZPO, der für das zivilprozessuale Vollstreckungsrecht einen Anspruch auf Schadensersatz bei einer Vollstreckung aus einer vorläufig für vollstreckbar erklärten Entscheidung gewährt, wenn diese später aufgehoben wird. Diese Norm findet auch dann keine Anwendung, wenn aus einem nicht bestandskräftigen Steuerbescheid vollstreckt wird, der später wieder aufgehoben wird, da das Interesse der Allgemeinheit an einer rechtzeitigen Zahlung der Steuern im Vergleich zum Risiko des Vollstreckungsschuldners überwiege.[7]

 

Rz. 17

Wird der durch die Vollstreckung beigetriebene Betrag später wieder zurückverlangt, handelt es sich um einen Streit über die Abrechnung der Forderung. Auf Antrag des Vollstreckungsschuldners hat die Finanzbehörde deshalb einen Abrechnungsbescheid nach § 218 Abs. 2 AO zu erlassen. Gegen diesen ist dann gemäß der allgemeinen Grundsätze ein Einspruch statthaft und anschließend eine Klage vor dem FG zulässig.

[2] Loose, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 256 AO Rz. 13; Klein/Werth, AO, 17. Aufl. 2023, § 256 Rz. 5.
[3] Loose, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 256 AO Rz. 13; Koenig/Klüger, AO, 4. Aufl. 2021, § 256 Rz. 9; auch Klein/Werth, AO, 17. Aufl. 2023, § 256 Rz. 4.
[4] Loose, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 256 AO Rz. 13; Koenig/Klüger, AO, 4. Aufl. 2021, § 256 Rz. 9.
[5] BFH v. 30.7.1975, I R 153/73, BStBl II 1975, 857; BFH v. 7.8.1979, VII R 14/77, BStBl II 1979, 708; BFH v. 10.4.1990, VIII R 415/83, BStBl II 1990, 721; allgemein zur Staatshaftung im Zusammenhang mit der Verwaltungsvollstreckung: Hummel, in HHSp, AO/FGO, Vor § 249 AO Rz. 160ff.; Loose, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 256 AO Rz. 13.; Koenig/Klüger, AO, 4. Aufl. 2021, § 256 Rz. 12.
[7] Neumann, in Gosch, AO/FGO, § 256 AO Rz. 41.

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