Rz. 27

Die Erhebung einer Steuer ist nicht deshalb sachlich unbillig, weil später aus einer anderen Steuer ein Erstattungsanspruch entsteht und fällig wird. Steueransprüche sind nach der gesetzlichen Regelung zu begleichen, wenn sie fällig geworden sind. Der Stpfl. hat keinen Anspruch darauf, dass mit der Einziehung eines fälligen Anspruchs gewartet wird, bis eine Aufrechnungslage mit einem Gegenanspruch entsteht.

 

Rz. 28

Zwischenzeitlich entstandene Säumniszuschläge sind aus diesem Grund allein nicht zu erlassen.[1] Eine sachliche Unbilligkeit der Erhebung von Säumniszuschlägen liegt auch dann nicht vor, wenn die Steuer zu hoch festgesetzt worden war und daher herabgesetzt wurde. Der Gesetzgeber hat sich in § 240 Abs. 1 S. 4 AO ausdrücklich gegen eine entsprechende He­rabsetzung der Säumniszuschläge entschieden. Eine Nichterhebung der Säumniszuschläge wegen der Herabsetzung der Steuer würde daher gegen eine ausdrückliche Entscheidung des Gesetzgebers verstoßen.[2] Dem Rechtsschutzinteresse des Stpfl. wird durch das Institut der Aussetzung der Vollziehung ausreichend Rechnung getragen. Daraus folgt aber, dass sachliche Unbilligkeit vorliegt, wenn eine Aussetzung der Vollziehung sachlich möglich und geboten war, der Stpfl. seinerseits alles getan hat, um diese Aussetzung zu erreichen, das FA oder das FG die Aussetzung aber abgelehnt hatten und der Stpfl. in der Hauptsache dann obgesiegt hatte. In diesem Fall ist das Ermessen der Finanzbehörde auf Null reduziert. In diesem Fall sind die Säumniszuschläge vollen Umfangs zu erlassen.[3] Andererseits folgt hieraus, dass ein Erlass von Säumniszuschlägen nicht geboten ist, wenn der Stpfl. seinerseits nicht alles Zumutbare getan hat, AdV zu erreichen. Das ist etwa der Fall, wenn ein AdV-Antrag abgelehnt wird, weil der Stpfl. ihn nicht ausreichend begründet hat, obwohl ihm dies möglich gewesen wäre, wenn er keinen AdV-Antrag gestellt hat oder wenn keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Steuerfestsetzung bestanden, z. B. in Schätzungsfällen. Gleiches gilt, wenn er einen Einspruch gegen die Ablehnung der AdV nicht begründet hat. Der Stpfl. muss substanziiert vortragen, warum bei summarischer Prüfung ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Steuerfestsetzung bestehen.[4] Daran ändert auch die Amtsaufklärungspflicht der Finanzbehörde nichts. Die Finanzbehörde kann im summarischen AdV-Verfahren die Prüfung auf den von dem Stpfl. vorgetragenen und sich aus den Akten ergebenden Sachverhalt beschränken. Es ist Sache des Stpfl., die aus seiner Sicht entscheidungserheblichen Tatsachen vorzutragen und glaubhaft zu machen.[5] Gleiches gilt, wenn im Vorauszahlungsverfahren zwar Aussetzung der Vollziehung gewährt wurde, in der Hauptsache aber wegen der Regelung des § 361 Abs. 2 S. 4 AO, § 69 Abs. 2 S. 8 FGO keine Aussetzung zulässig war, da die Vorauszahlungsbeträge wegen der Aussetzung nicht bezahlt worden waren.[6] Ein Erlass der Säumniszuschläge ist regelmäßig nicht geboten, wenn die der Steuerfestsetzung zugrunde liegende Norm vom BVerfG für verfassungswidrig erklärt worden ist. Eine AdV ist in diesen Fällen nur möglich, wenn die Schwere des Eingriffs in die Sphäre des Stpfl. bei einem Vollzug der Steuerfestsetzung das öffentliche Interesse an einer ordnungsgemäßen Haushaltsführung deutlich überwiegt. Wird danach keine AdV gewährt, ist das Entstehen von Säumniszuschlägen nicht sachlich unbillig.[7] Im Erlassverfahren ist auch nicht zu prüfen, ob im Zeitpunkt der Versagung der AdV ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Steuerfestsetzung vorlagen.[8]

 

Rz. 29

Säumniszuschläge sind außerdem zu erlassen für einen Zeitraum, in dem sie ihren Zweck als Mittel zur Erzwingung der Zahlung nicht erfüllen konnten. Das ist der Fall für einen Zeitraum, in dem der Stpfl. infolge des Mangels an Zahlungsmitteln objektiv nicht in der Lage war, die Steuer zu entrichten. Wenn der Stpfl. objektiv die Steuer zu entrichten nicht in der Lage ist, verlieren die Säumniszuschläge als Druckmittel ihren Sinn.[9] Dieser Fall liegt z. B. bei Zahlungsunfähigkeit im insolvenzrechtlichen Sinn oder bei Abgabe der eidesstattlichen Versicherung vor. In diesem Fall wäre die Einziehung der Säumniszuschläge sachlich unbillig. Da es in diesem Fall nicht auf die Erlassbedürftigkeit ankommt, besteht ein Anspruch auf Erlass für den Zeitraum der Zahlungsunfähigkeit auch dann, wenn der Stpfl. zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Erlassantrag seine Zahlungsfähigkeit wieder gewonnen hat. Hinsichtlich der Höhe des Erlasses ist aber zu berücksichtigen, dass die Säumniszuschläge auch dem Zweck der Abgeltung des Zinsvorteils aus der nicht erfolgten Zahlung und des Verwaltungsaufwands dienen. Insoweit hat kein Erlass zu erfolgen. Da der Stpfl. nicht besser stehen soll, als wenn ihm Stundung gewährt worden wäre, sind die Säumniszuschläge regelmäßig nur zur Hälfte zu erlassen.[10]

 

Rz. 30

Gleiche Grundsätze gelten für die Inanspruchnahme eines Haftenden. Wenn es unbillig ist, Säumniszuschläge für einen Zeitraum ...

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