Rz. 40

Durch das Steuerhinterziehungsbekämpfungsgesetz v. 29.7.2009[1] ist der Kreis der nach § 193 Abs. 1 AO der Außenprüfung unterliegenden Personen um Stpfl. i. S. des – durch dasselbe Gesetz neu eingeführten – § 147a AO erweitert worden. Aufgrund der Ermächtigung in Art. 97 § 22 Abs. 2 EGAO wurde der Zeitpunkt der erstmaligen Anwendung dieser Vorschriften durch § 5 der SteuerhinterziehungsbekämpfungsVO v. 18.9.2009[2] auf Besteuerungszeiträume festgelegt, die nach dem 31.12.2009 beginnen. Dass der Gesetzgeber die Festlegung des zeitlichen Anwendungsbereichs eines parlamentarischen Gesetzes dem Verordnungsgeber überlassen hat, ist ungewöhnlich[3], nach Ansicht des BFH aber verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, weil der Grund für diese Delegation im Erfordernis der Abstimmung der einzelnen Regelungskomplexe des Steuerhinterziehungsbekämpfungsgesetzes durch die Bundesregierung bestanden habe. Der Gesetzgeber habe damit ausreichend zu erkennen gegeben, dass er dem Verordnungsgeber nicht das "ob überhaupt", sondern lediglich die Bestimmung des konkreten Zeitpunkts des Inkrafttretens der gesetzlichen Regelung überlasse.[4]

 

Rz. 41

Nach seinem ursprünglichen Inhalt bezog sich § 147a AO – und damit auch die Erweiterung des Kreises der unter § 193 Abs. 1 AO fallenden Personen – auf Stpfl., bei denen die Summe der positiven Einkünfte nach § 2 Abs. 1 Nr. 4–7 EStG (Überschusseinkünfte) mehr als 500.000 EUR im Kalenderjahr beträgt[5], sowie auf Stpfl., die eine Aufbewahrungsanordnung zur Absicherung der besonderen Pflicht nach § 90 Abs. 2 S. 3 AO erhalten hatten.[6]

Durch das Steuerumgehungsbekämpfungsgesetz (StUmgBG) v. 23.6.2017[7] wurde § 147a AO mit Wirkung vom 25.6.2017 um einen Abs. 2 ergänzt, nach dem Stpfl., die allein oder zusammen mit nahestehenden Personen i. S. d. § 1 Abs. 2 AStG unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss auf die gesellschaftsrechtlichen, finanziellen oder geschäftlichen Angelegenheiten einer Drittstaat-Gesellschaft i. S. d. § 138 S. 3 AO ausüben können.

Durch das Steueroasen-Abwehrgesetz (StAbwG) v. 25.6.2021[8] wurde mit Wirkung vom 1.7.2021 in § 147a Abs. 1 S. 6 AO die Verweisung auf § 90 Abs. 2 S. 3 AO durch eine Verweisung auf § 12 Abs. 3 StAbwG ersetzt.

 

Rz. 42

Nach § 147a Abs. 1 S. 1 AO haben Stpfl., bei denen die Summe der positiven Einkünfte nach § 2 Abs. 1 Nr. 4–7 EStG (Überschusseinkünfte) mehr als 500.000 EUR im Kalenderjahr beträgt, die Aufzeichnungen und Unterlagen über die den Überschusseinkünften zugrunde liegenden Einnahmen und Werbungskosten sechs Jahre aufzubewahren.

Bei der Berechnung des Schwellenwertes ist zwar ein horizontaler Verlustausgleich innerhalb derselben Einkunftsart möglich, jedoch sind weder Verlustvorträge noch Verlustrückträge aus anderen Jahren noch vertikale Verlustverrechnungen mit anderen Einkunftsarten zu berücksichtigen.[9] Kapitaleinkünfte, die nach § 32d Abs. 1 EStG mit einem besonderen Steuersatz besteuert wurden und der abgeltenden Wirkung nach § 43 Abs. 5 EStG unterlegen haben, sind nicht in die Ermittlung der Summe der positiven Überschusseinkünfte i. S. d. § 147a Abs. 1 AO einzubeziehen.[10] Sofern jedoch ein Antrag auf Günstigerprüfung nach § 32d Abs. 6 EStG gestellt wird und die Prüfung ergibt, dass eine Besteuerung nach § 32a EStG günstiger ist, sind diese Einkünfte auch in die Berechnung einzubeziehen.[11] Das Gleiche gilt für solche Kapitaleinkünfte, die gem. § 32d Abs. 2 EStG oder wegen der Zurechnung zu einer anderen Einkunftsart[12] der tariflichen Besteuerung unterliegen.

Bei Ehegatten wird die Grenze von 500.000 EUR nicht verdoppelt; vielmehr ist die Summe der Überschusseinkünfte für jeden Ehegatten getrennt zu berechnen.[13] Das hat zur Folge, dass die Außenprüfung nur bei dem Ehegatten durchgeführt werden darf, bei dem die Summe der Überschusseinkünfte die Grenze von 500.000 EUR überschritten hat. In diese Prüfung dürfen Einkünfte des anderen Ehegatten nicht einbezogen werden. Eine Prüfung von steuerlichen Verhältnissen des anderen Ehegatten ist in diesem Fall nur möglich, wenn bei diesem eine eigenständige Vorschrift zur Durchführung einer Außenprüfung – wie etwa § 193 Abs. 2 Nr. 2 AO – eingreift.[14]

 

Rz. 43

Unabhängig von der Höhe der Überschusseinkünfte gilt die Aufbewahrungspflicht nach § 147a Abs. 1 S. 6 AO in Fällen entsprechend, in denen die zuständige Finanzbehörde den Stpfl. für die Zukunft zur Aufbewahrung verpflichtet hat, weil er seinen Mitwirkungspflichten nach § 90 Abs. 2 S. 3 AO bzw. § 12 Abs. 3 StAbwG nicht nachgekommen ist.

Nach dem bis zum 31.12.2021 geltenden § 90 Abs. 2 S. 3 AO hat ein Stpfl., bei dem objektiv erkennbare Anhaltspunkte für die Annahme bestehen, dass er über Geschäftsbeziehungen zu Finanzinstituten in Staaten oder Gebieten verfügt, mit denen kein Auskunftsverkehr entsprechend Art. 26 des OECD-Musterabkommens i. d. F. von 2005 vereinbart ist oder die keine Auskunft in einem vergleichbaren Umfang erteilen oder bei denen keine Bereitschaft zu einer entsprechenden Auskunf...

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