Rz. 210

Die rechtliche Stellung des nach Abs. 5 Hinzugezogenen oder Beigeladenen sowie die Rechtswirkungen der Hinzuziehung bzw. Beiladung sind nicht ausdrücklich geregelt. § 174 Abs. 5 AO gibt eine eigenständige Regelung nur für die Zulässigkeit der Hinzuziehung bzw. Beiladung; für die Frage der rechtlichen Stellung des Hinzugezogenen bzw. Beigeladenen und für die Rechtswirkungen der Hinzuziehung bzw. Beiladung ist auf § 360 AO, § 60 FGO zurückzugreifen.

Der Beigeladene ist so an dem Verfahren zu beteiligen, dass er seine Rechte wahren, sich Gehör verschaffen und auf das Verfahren in formeller und materieller Hinsicht einwirken kann. Zu diesem Zweck sind ihm alle Besteuerungsgrundlagen, die in dem Verfahren im Streit sind und bei denen die Entscheidung auf seine Stellung Einfluss haben kann, bekanntzugeben. Das Steuergeheimnis ist insoweit eingeschränkt, da dies der Durchführung des nach § 174 Abs. 5 AO vorgeschriebenen steuerlichen Verfahrens dient.[1] Geschieht dies nicht, treten die Folgen des Abs. 5 nicht zulasten des Dritten ein.[2]

Allerdings ergeben sich aus den Besonderheiten der Hinzuziehung bzw. Beiladung nach § 174 Abs. 5 AO einige Abweichungen.

 

Rz. 211

Die Hinzuziehung bzw. Beiladung nach § 174 Abs. 5 AO ist eine einfache, keine notwendige Hinzuziehung bzw. Beiladung. Eine notwendige Hinzuziehung[3] bzw. eine notwendige Beiladung[4] liegt nur vor, wenn ein Dritter an dem Rechtsstreit derart beteiligt ist, dass die Entscheidung dem Stpfl. und dem Dritten gegenüber nur einheitlich erfolgen kann. Das ist der Fall, wenn durch den Steuerbescheid auch die Rechtsverhältnisse des Dritten unmittelbar gestaltet werden, z. B. bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung. Bei § 174 Abs. 5 AO liegt ein solches Verhältnis nicht vor; der Steuerbescheid gegen den Stpl. hat unmittelbar keine gestaltende Wirkung gegenüber dem Dritten. Dem Dritten gegenüber kann eine andere Entscheidung ergehen, auch wenn diese dann (denknotwendig) falsch wäre. Vgl. auch BFH v. 27.1.1982, VII B 141/81, BStBl II 1982, 239. Liegt es schließlich im Ermessen der Behörde, ob eine Beiladung erfolgt (vgl. Rz. 206), kann die Beiladung nicht "notwendig" sein, da sie dann eben auch unterbleiben kann. Die Rspr.[5] nimmt jedoch eine notwendige Beiladung an. Dabei geht die Rspr. von dem Ergebnis aus, um die in Rz. 217ff. geschilderten Schwierigkeiten zu umgehen, nicht aber von den Tatbestandsvoraussetzungen der notwendigen Beiladung.

 

Rz. 212

Die rechtliche Stellung des Hinzugezogenen bzw. Beigeladenen ergibt sich aus § 360 Abs. 4 AO, § 60 Abs. 4 S. 1 FGO, der Regelung für den einfach Hinzugezogenen bzw. Beigeladenen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der nach § 174 Abs. 5 AO Hinzugezogene bzw. Beigeladene, anders als nach § 360 AO, § 60 FGO, nach seiner Interessenlage aufseiten der Finanzbehörde an dem Verfahren teilnimmt. Der Stpfl. hat das Verfahren eingeleitet mit dem Ziel einer Verminderung seiner steuerlichen Belastung (Antrag auf Änderung der Steuerfestsetzung; Rechtsbehelf; Rechtsmittel); hinzugezogen bzw. beigeladen wird der Dritte, weil das FA meint, dass im Fall des Obsiegens des Stpfl. eine Steuer von dem Dritten gefordert werden kann. Der Dritte hat daher ein Interesse daran, dass der Stpfl. nicht obsiegt.[6] Demgegenüber gehen die §§ 360 AO, 60 FGO davon aus, dass der Dritte auf der Seite des Stpfl. dem Verfahren beitritt.[7]

 

Rz. 213

Unproblematisch ist die rechtliche Stellung des nach § 174 Abs. 5 AO Hinzugezogenen bzw. Beigeladenen nur im Fall des gerichtlichen Verfahrens. Nach § 60 Abs. 6 S. 1 FGO kann der Beigeladene innerhalb der Anträge dessen, auf dessen Seite er beitritt, also des FA, selbstständig Angriffs- und Verteidigungsmittel geltend machen, aber keine abweichenden Sachanträge stellen. Er darf daher innerhalb des Rahmens, den das FA durch seinen Antrag im finanzgerichtlichen Verfahren gesteckt hat (also regelmäßig Antrag auf Klageabweisung), selbstständig handeln und innerhalb dieses Rahmens selbstständig Rechtsmittel einlegen.[8] Der Beigeladene darf also etwa, wenn der Stpl. im finanzgerichtlichen Verfahren obsiegt hat, Revision einlegen, auch wenn das FA sich entscheidet, keine Revision einzulegen.

 

Rz. 214

Endet das finanzgerichtliche Verfahren ohne Urteil, etwa weil das FA den Bescheid antragsgemäß ändert, kann der Beigeladene hiergegen nicht, auch nicht gegen den geänderten Bescheid, Rechtsbehelf oder Rechtsmittel einlegen[9]; er würde damit über den von dem FA gesteckten Streitrahmen hinausgehen. Da der Rechtsstreit durch die Entscheidung der Finanzbehörde, den Bescheid antragsgemäß zu ändern, beendet ist, endet damit auch die Beteiligung des Beigeladenen, die akzessorisch zu der Stellung des FA ist. Der Beigeladene hat kein Recht, selbstständig und unabhängig von dem FA den Rechtsstreit fortzusetzen.

Zu den Folgen einer solchen Beendigung des Rechtsstreits vgl. Rz. 220.

 

Rz. 215

Unklarer ist die Stellung des Hinzugezogenen im Verwaltungsverfahren (einschließlich außergerichtlichen Rechtsbehelfsverfahrens). Nach § 360 Abs. 4...

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