1 Allgemeines

1.1 Systematische Einordnung

 

Rz. 1

§ 173a AO stellt neben § 175b AO die Anpassung der Änderungsvorschriften der AO an die Modernisierung des Besteuerungsverfahrens durch den Einsatz der elektronischen Datenübermittlung dar.[1] Diese Anpassung ist sehr punktuell erfolgt und regelt nur Schreib- oder Rechenfehler des Stpfl. in § 173a AO sowie die Änderung von Steuerbescheiden bei unzutreffender Verarbeitung der von Dritten übermittelten Daten nach § 175b AO. Eine ursprünglich von der Arbeitsgruppe vorgeschlagene umfassende Änderungsmöglichkeit in einem neuen § 172a AO ist nicht Gesetz geworden. Diese Vorschrift sollte innerhalb eines Jahres die Aufhebung oder Änderung eines Steuerbescheids ermöglichen, soweit Angaben eines Stpfl. bei ausschließlich automationsgestützt erlassenen Steuerbescheiden nicht berücksichtigt wurden. Diese Fälle werden daher nur von § 129 AO, § 173 AO erfasst. Wenn die Finanzbehörde ihr mitgeteilte Daten nicht verarbeitet, kann eine offenbare Unrichtigkeit nach § 129 AO vorliegen, wenn ein Rechtsanwendungsfehler ausgeschlossen ist. Kann ein solcher Rechtswendungsfehler nicht ausgeschlossen werden, bleibt nur die Änderungsmöglichkeit nach § 173 AO, deren Voraussetzungen aber i. d. R. nicht vorliegen werden. Da die Tatsachen bzw. Daten der Finanzbehörde mitgeteilt wurden, dürften sie in aller Regel nicht mehr "neu" sein. Eine Aufhebung oder Änderung der Steuerfestsetzung nach § 173 AO ist damit ausgeschlossen. In diesem Fall ist die unrichtige Steuerfestsetzung nicht mehr änderbar. Der Gesetzgeber hat eine dem geplanten § 172a AO entsprechende Regelung offensichtlich für überflüssig gehalten, da elektronische Steuererklärungen grundsätzlich ohne Belege abgegeben werden sollen und der Finanzbehörde daher bei der automationsgestützten Steuerfestsetzung nach § 155 Abs. 4 AO keine Daten vorliegen werden, die nicht im automatisierten Verfahren verarbeitet werden können. Andererseits bleibt damit die Finanzbehörde mit der Verantwortung belastet, ihr tatsächlich in automationsgerechter oder anderer Form, etwa nach § 150 Abs. 7 AO, mitgeteilte Daten und Tatsachen dem Gesetz entsprechend zu verwerten. Tut sie das nicht, liegt ein Bearbeitungsfehler vor, der nicht mehr korrigiert werden kann. Daten und Tatsachen, die der Finanzbehörde nicht mitgeteilt wurden, weil sie sich für die elektronische Übermittlung nicht eignen, bilden demgegenüber "neue Tatsachen", die eine Änderung nach § 173 AO rechtfertigen. § 173a AO tritt neben die Berichtigung nach § 129 AO und die übrigen Änderungstatbestände der §§ 172ff. AO, verdrängt diese also nicht.[2]

 

Rz. 1a

Die Vorschrift des § 173a AO ist auf alle Steuerbescheide und Verwaltungsakte, die wie Steuerbescheide behandelt werden, anwendbar. Sie ist auch anwendbar, wenn der Steuerbescheid unter dem Vorbehalt der Nachprüfung, § 164 AO, oder vorläufig, § 165 AO, ergangen ist. Das kann wegen der unterschiedlichen Hemmungstatbestände für die Verjährung bedeutsam sein. Soweit aus § 172 Abs. 1 S. 1 AO geschlossen wird, dass die §§ 172ff. AO, und damit auch § 173a AO, auf vorläufige oder unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehende Bescheide nicht anwendbar sind[3], wird dem nicht gefolgt. Einzelheiten hierzu: Frotscher, in Schwarz/Pahlke/Keß, AO/FGO, § 172 AO Rz. 2b.

 

Rz. 2

§ 173a AO erfasst Schreib- und Rechenfehler und ist in dem Abschnitt über "Bestandskraft", d. h. genauer, dem Abschnitt über die Durchbrechung der Bestandskraft, eingeordnet. Für die Abgrenzung des § 173a AO zu § 129 AO gilt Folgendes: Die in § 173a AO erfassten Schreib- und Rechenfehler müssen vom Stpfl. veranlasst sein und sollen damit keine "offenbaren Unrichtigkeiten" i. S. d. § 129 AO darstellen. Anders als die in § 129 AO genannten offenbaren Unrichtigkeiten, einschließlich von Schreib- und Rechenfehlern, die den Regelungsgehalt des Verwaltungsakts unberührt lassen und daher nur zu einer "Berichtigung", nicht zur Durchbrechung der Bestandskraft des Steuerbescheids führen, wird durch § 173a AO die Bestandskraft durchbrochen. Die "offenbaren Unrichtigkeiten" des § 129 AO lassen den Regelungsgehalt des Verwaltungsakts unberührt, wobei jedoch der Wortlaut des Verwaltungsakts diesen objektiven Regelungsgehalt nicht widerspiegelt.[4] Das ist nur der Fall, wenn die offenbare Unrichtigkeit ihren Ursprung in der Sphäre der Verwaltung hat, weil diese den objektiven Regelungsgehalt des Verwaltungsakts bestimmt. Die Rechtfertigung der Berichtigung nach § 129 AO liegt darin, dass die Unrichtigkeit "offenbar" ist, hierüber also kein Streit entstehen sollte. Entsprechende Irrtümer des Stpfl., die für die Finanzverwaltung nicht erkennbar sind, rechtfertigen daher nicht die Berichtigung nach § 129 AO.[5]

 

Rz. 3

§ 173a AO erfasst demgegenüber Schreib- und Rechenfehler, die dem Stpfl. bei der Erstellung der Steuererklärung unterlaufen sind. Diese dürfen für die Finanzbehörde bei der Steuerfestsetzung nicht erkennbar sein, weil sonst eine offenbare Unrichtigkeit nach § 129 AO vorliegen würde. Das Gesetz schließt damit eine Lücke in dem System der ...

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