2.6.1 Ablaufhemmung bei Steuer- und Zollfahndung

2.6.1.1 Tatbestand der Ablaufhemmung

 

Rz. 127

Eine Ablaufhemmung tritt ein, wenn vor Ablauf der Festsetzungsfrist mit einer Steuer- oder Zollfahndungsprüfung nach § 208 AO beim Stpfl. begonnen wird.[1] Die in der AO eingeführte Ablaufhemmung für Steuer- und Zollfahndungsprüfungen macht die ältere Rspr. des BFH[2] gegenstandslos, wonach für die Frage der Verjährung eine solche Prüfung als Betriebsprüfung anzusehen sei. Nach der AO sind Fahndung und Außenprüfung in Voraussetzungen und Rechtsfolgen unterschiedene Institute, sodass eine Fahndungsprüfung nicht die Wirkungen einer Außenprüfung hervorrufen kann, und umgekehrt.[3]

 

Rz. 128

Es muss sich um eine Steuerfahndung bzw. Zollfahndung i. S. d. § 208 AO handeln, die zu den in dieser Vorschrift genannten Zwecken erfolgt. Anders als bei der Außenprüfung wird die Steuerfahndung bzw. Zollfahndung nicht durch eine Prüfungsanordnung konkretisiert. Inhalt und Umfang der Fahndungsprüfung, die für den Umfang der Ablaufhemmung entscheidend ist, wird daher durch die tatsächlichen Prüfungshandlungen bestimmt; vgl. hierzu Rz. 139ff. Dagegen hat die innerdienstliche "Aufgabenzuweisung" an einen bestimmten Fahndungsprüfer für die Hemmung der Festsetzungsfrist keine Bedeutung. Diese Aufgabenzuweisung hat nicht die rechtliche Bedeutung einer Prüfungsanordnung und wird auch dem Betroffenen nicht bekannt gegeben. Diese "Aufgabenzuweisung" genügt daher nicht für die Hemmung der Festsetzungsfrist. Maßgebend ist, wie es auch der Wortlaut des Gesetzes klar ausdrückt, allein der Beginn der Ermittlungen bei dem Stpfl. Entsprechendes gilt für andere amtsinterne Maßnahmen. Diese sind für den Betroffenen nicht erkennbar und können daher keine Ablaufhemmung auslösen.[4] Allerdings können die Ermittlungshandlungen auch vor dem Zeitpunkt der Erkennbarkeit liegen, wie etwa bei verdeckten Ermittlungen. Daher tritt die Ablaufhemmung ein, wenn die internen Maßnahmen wenigstens im Nachhinein für den Stpfl. erkennbar sind, beispielsweise bei Akteneinsicht durch den Bevollmächtigten.[5] Allerdings muss die Erkennbarkeit vor Ablauf der ungehemmten Festsetzungsfrist eintreten. Zur entsprechenden Rechtslage hinsichtlich des sachlichen Umfangs der Hemmung vgl. Rz. 146f.

 

Rz. 129

Ermittlungshandlungen sind alle strafprozessualen und steuerrechtlichen Ermittlungshandlungen. Als strafprozessuale Ermittlungshandlungen kommen in Betracht Durchsuchung, Beschlagnahme, Vernehmung des Beschuldigten und von Zeugen. Steuerrechtliche Ermittlungshandlungen sind die in § 92 AO aufgeführten Beweiserhebungen, also Auskunftsersuchen und Vorlageverlangen an Beteiligte und Dritte, Sachverständigengutachten, Urkundeneinsicht und Augenscheinseinnahme.[6] Dabei ist es unbeachtlich, ob Auskunftsersuchen und Vorlageverlangen schriftlich oder mündlich bzw. gegenüber dem Stpfl. oder dem Steuerberater erfolgen.

 

Rz. 130

Die Ablaufhemmung tritt ein, wenn mit der Fahndungsprüfung begonnen wurde. Begonnen ist die Fahndungsprüfung, wenn der Steuerfahnder vor Ablauf der Festsetzungsfrist für den Betroffenen erkennbar mit der Prüfung begonnen hat. Als Beginn der Außenprüfung genügen ein Informationsgespräch mit dem Stpfl., Anforderung von Aufzeichnung, Büchern und Unterlagen, Anforderung oder Entgegennahme einer Daten-CD oder von Auskünften von dem Stpfl.[7] Beginn der Fahndungsprüfung liegt auch vor, wenn die Fahndung anstelle der Außenprüfung die Ermittlungen übernimmt, wenn dies für den Betroffenen erkennbar ist.[8]

 

Rz. 131

Die Fahndungsprüfung muss vor Ablauf der Festsetzungsfrist begonnen worden sein. Trifft der Beginn der Fahndungsprüfung mit einem anderen Tatbestand der Ablaufhemmung zusammen, so ist zu unterscheiden. So genügt es, wenn die Fahndungsprüfung beginnt, bevor die Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 3, 3a oder 4 AO endet. Andererseits soll es nicht genügen, wenn die Fahndungsprüfung mit einer Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 9 AO zusammentrifft, wenn also die Fahndungsprüfung innerhalb der Jahresfrist bei Abgabe einer Selbstanzeige beginnt, ohne die Ablaufhemmung nach Abs. 9 die Festsetzungsfrist aber bereits abgelaufen wäre. Die Ablaufhemmung nach Abs. 5 tritt bei Zusammentreffen mit der Ablaufhemmung des Abs. 9 also nur ein, wenn die Fahndungsprüfung innerhalb der ungehemmten Festsetzungsfrist eingeleitet worden ist. Ob mit der Steuerfahndung vor Ablauf der Festsetzungsfrist begonnen wurde, ist daher ohne Berücksichtigung der Ablaufhemmung nach Abs. 9 zu beurteilen.[9] Dies wird damit begründet, dass der Zweck der Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 9 AO, anders als bei den Tatbeständen des § 171 Abs. 3, 3a und 4 AO, nicht die Schaffung einer umfassenden Ablaufhemmung sei, sondern nur, der Finanzbehörde Gelegenheit zu geben, die Folgerungen aus der Selbstanzeige zu ziehen. Dieser Gedanke dürfte auch auf die Tatbestände der Ablaufhemmung des Abs. 8, 10, 12, 13 gelten. Ist die normale Festsetzungsfrist abgelaufen, ermöglichen diese Hemmungstatbestände also nicht, durch eine Steuerfahndungsprüfung die Festsetzungsfrist zu hemmen, wenn diese im Zeitpunkt des Beginns der Fahndu...

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