Rz. 47

Die Hemmung dauert nach § 171 Abs. 3a S. 3 AO solange an, bis über den Rechtsbehelf unanfechtbar entschieden ist. Über den Fall unanfechtbar entschieden ist, wenn der Rechtsbehelf zurückgenommen wird, das FA den Kläger durch Änderung des angefochtenen Bescheids klaglos stellt oder über die Klage rechtskräftig entschieden worden ist.[1] Rechtskräftig entschieden ist, wenn eine (finanzamtliche oder gerichtliche) Entscheidung endgültig weder im außergerichtlichen noch im gerichtlichen Rechtsschutzverfahren mehr angefochten werden kann, die Entscheidung im Instanzenzug also unabänderlich geworden ist. Ist ein Einspruch nach § 367 Abs. 2b AO durch Allgemeinverfügung zurückgewiesen worden, endet die Ablaufhemmung mit Ablauf der dann einjährigen Einspruchsfrist, wenn keine Klage erhoben wird.[2]

Im Einspruchsverfahren ist über den Steueranspruch unanfechtbar entschieden, wenn die Einspruchsentscheidung ergangen und keine Klage erhoben worden ist. Ist nur eine Teil-Einspruchsentscheidung ergangen, tritt Teil-Bestandskraft ein, sodass insoweit die Ablaufhemmung endet. Hinsichtlich der nicht entschiedenen Teile des Einspruchs bliebt die Ablaufhemmung bis zur rechtskräftigen Entscheidung über diese Teile bestehen. Eine Teil-Einspruchsentscheidung liegt aber nur vor, wenn das FA in der Teil-Einspruchsentscheidung deutlich macht, wegen welcher Teil-Komplexe das Verfahren noch nicht beendet ist; vgl. § 367 Abs. 2a S. 2 AO.[3]

Ist gegen eine finanzgerichtliche Entscheidung Revision eingelegt worden, liegt eine rechtskräftige Entscheidung erst vor, wenn über eine an sich statthafte Revision entschieden worden ist, etwa durch Verwerfung einer an sich zulässigen Revision mangels Einhaltung der erforderlichen Form. Ist eine zulässige Revision von einer nicht postulationsfähigen Person eingelegt, endet daher die Hemmung erst mit Verwerfung dieser zulässigen, aber nicht formgerecht eingelegten Revision.[4]

Eine Verfassungsbeschwerde hindert den Eintritt der Bestands- oder Rechtskraft nicht. Die Ablaufhemmmung endet daher trotz Einlegung einer Verfassungsbeschwerde.

 

Rz. 48

An sich kann die Wahrung der Festsetzungsfrist nur durch einen Verwaltungsakt erfolgen, der wirksam ist und wirksam bleibt.[5] Daher ist die Festsetzungsfrist regelmäßig nicht gewahrt, wenn der Verwaltungsakt auf den Rechtsbehelf hin aufgehoben wird.[6] Von dieser grundsätzlichen Regelung machen § 171 Abs. 3a S. 3 AO sowie § 174 Abs. 4, 5 AO Ausnahmen. Hierbei ist zu unterscheiden, ob die gerichtliche Entscheidung über den Steuerbescheid eine sachliche Entscheidung über das Bestehen oder Nichtbestehen des Steueranspruchs enthält oder ob die Entscheidung des Gerichts die Regelung durch den Steuerbescheid aufhebt, sodass der Steueranspruch ungeregelt ist und eine neue Regelung durch die Finanzverwaltung erforderlich wird. Im ersten Fall, wenn das gerichtliche Urteil eine endgültige Entscheidung über den Steueranspruch enthält, endet die Ablaufhemmung mit Eintritt der Rechtskraft des Urteils mit der Folge, dass Festsetzungsverjährung eintritt. Wird der Steuerbescheid dagegen durch Gerichtsurteil aus Gründen aufgehoben, die die Formalien des Bescheids, nicht seinen Inhalt betreffen, liegt darin keine sachliche Entscheidung über den Steueranspruch. Das ist z. B. der Fall bei Aufhebung des Steuerbescheids wegen Unzuständigkeit der Behörde oder fehlgeschlagener Bekanntgabe. Dies hat zur Folge, dass der Steueranspruch nicht mehr geregelt ist und daher noch eine Regelung durch einen neuen Steuerbescheid ergehen muss. Über den Steueranspruch ist dann sachlich noch nicht entschieden. Die Ablaufhemmung bleibt daher bestehen, bis neue Bescheide erlassen und (ggf. wieder nach einem Gerichtsverfahren) bestandskräftig geworden sind.[7] Ist Gesamtrechtsnachfolge eingetreten, dauert die Ablaufhemmung, bis die Bescheide gegen den Gesamtrechtsnachfolger bestandskräftig geworden sind.[8]

 

Rz. 48a

Die Ablaufhemmung bleibt also bestehen, wenn

  • das FG den Steuerbescheid aufhebt, ohne in der Sache selbst zu entscheiden[9]; das ist beispielsweise der Fall, wenn der Steuerbescheid aus formellen Gründen aufgehoben wird;
  • das Gericht die Ermittlung des festzusetzenden Steuerbetrags der Finanzbehörde überträgt[10];
  • das Gericht die Sache zur weiteren Sachaufklärung an die Finanzbehörde verweist[11];
  • die Behörde vom Gericht verpflichtet wird, einen abgelehnten Verwaltungsakt zu erlassen.[12]

In allen Fällen endet die Ablaufhemmung erst mit Rechtskraft (Bestandskraft) des unter Beachtung der Entscheidung des FG erlassenen Bescheids. Das gilt auch für die Aufhebung von Haftungsbescheiden.[13]

 

Rz. 49

Der Sinn dieser Regelung liegt darin, dass in diesen Fällen die finanzgerichtliche Entscheidung den Steuerfall nicht abschließt, sondern die abschließende Entscheidung in der Regelungsbefugnis der Behörde liegt. An das gerichtliche Verfahren muss sich zu einer endgültigen Entscheidung über den Steuerfall ein (weiteres) behördliches Verfahren anschließen. Dessen Durchführung soll die Regelung sichern.[...

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