Rz. 39

Die Rechtsfolge des § 160 AO besteht darin, dass bei Nichtbenennung des Gläubigers bzw. Empfängers die Schulden und anderen Lasten bzw. die Ausgaben bei dem Stpfl. nicht berücksichtigt werden. Das bedeutet, dass einkommensteuerlich Verbindlichkeiten und Lasten (z. B. Rentenverpflichtungen, dauernde Lasten), aber auch Rückstellungen (da sie Schuldcharakter haben und daher Schulden sind) nicht passiviert werden dürfen, daher das Eigenkapital erhöhen und die bei ihrer Passivierung eingetretene Gewinnminderung rückgängig machen. War jedoch eine Verbindlichkeit gewinnneutral eingebucht worden (z. B. Darlehensaufnahme), kann der Darlehensbetrag nicht als (verschleierte) Betriebseinnahme angesetzt werden. Nach § 160 AO dürfen nur Schulden nicht abgezogen, nicht aber Betriebseinnahmen hinzugerechnet werden.[1] Die Hinzurechnung kann nur über § 162 AO erfolgen.[2]

 

Rz. 40

Weitergehend hat die Rechtsprechung entschieden, dass § 160 AO auf die Bildung einer Rückstellung für eine Bürgschaft nicht anzuwenden sei.[3] Selbst wenn der Stpfl. aus der Bürgschaft in Anspruch genommen werde, sei der Vorgang bei dem Empfänger gewinnneutral, es könne also keine Steuer entstanden sein. M. E. ist das in dieser Allgemeinheit nicht richtig, da die Benennung des Empfängers gerade der Prüfung dient, ob der Vorgang bei ihm gewinnneutral ist, also z. B., ob das Darlehens- oder das Bürgschaftsverhältnis nicht fingiert ist. Vgl. hierzu im Einzelnen Rz. 18b.

 

Rz. 41

Ausgaben, deren Empfänger nicht benannt werden, dürfen die ESt und GewSt nicht mindern, weder als Betriebsausgaben oder Werbungskosten noch als Sonderausgaben oder außergewöhnliche Belastungen. Zur Ermessensentscheidung hinsichtlich der Rechtsfolgen vgl. Rz. 80. Dagegen dürfen Ausfälle an anderen Steuern als Ertragsteuern und GewSt nicht berücksichtigt werden. § 160 AO untersagt nur den Abzug von Schulden und Ausgaben. Steuern, bei denen Schulden und Ausgaben keine Besteuerungsgrundlagen sind, dürfen also nicht einbezogen werden.[4]

 

Rz. 42

Die steuermindernde Wirkung der Lasten und Ausgaben ist regelmäßig selbst dann zu versagen, wenn feststeht, dass diese Lasten bestehen bzw. der Stpfl. die Ausgaben tatsächlich geleistet hat, wenn der Stpfl. seiner Benennungspflicht nicht nachkommt.[5] Grund für die Versagung der steuerlichen Entlastung nach § 160 AO ist nämlich nicht ein Zweifel, ob die steuermindernden Besteuerungsgrundlagen (Lasten, Ausgaben) bei dem Stpfl. tatsächlich vorliegen, sondern die Gefährdung des steuerlichen Aufkommens, die darin liegt, dass die den Schulden bzw. Ausgaben entsprechenden steuererhöhenden Besteuerungsgrundlagen bei dem Gläubiger bzw. Zahlungsempfänger wegen dessen Unbekanntsein nicht erfasst werden können. § 160 AO hat damit die Funktion einer "Haftungsnorm", bei der der Stpfl. in Anspruch genommen wird, weil er durch sein Verhalten eine Gefährdung der Verwirklichung des Steueranspruchs bei dem Geschäftspartner verursacht hat.[6] Dadurch unterscheidet sich § 160 AO von der Schätzung nach § 162 AO; durch Schätzung sollen die tatsächlichen Besteuerungsgrundlagen so gut wie möglich ermittelt werden, während bei § 160 AO die steuerliche Auswirkung von u. U. unzweifelhaft vorliegenden Besteuerungsgrundlagen verwehrt wird.

 

Rz. 43

Der Begriff "Ausgaben" i. S. d. § 160 AO umfasst alle Zahlungsvorgänge, unabhängig davon, ob sich diese Ausgaben steuerlich sofort oder erst später auswirken. § 160 AO ist also auch auf Anschaffungskosten bzw. Herstellungskosten (soweit hierin "Ausgaben" enthalten sind, z. B. aktivierungspflichtige Lizenzzahlungen) anwendbar. Wirtschaftlich handelt es sich auch hierbei um "Ausgaben", d. h. Zahlungsvorgänge, auch wenn diese Ausgaben nicht (sofort) Betriebsausgaben oder Werbungskosten sind, sondern sich erst später (z. B. in Form von Abschreibungen) auswirken.[7] Dies ist jedoch nicht so zu verstehen, dass diese Wirtschaftsgüter mangels Anschaffungs- oder Herstellungskosten nicht zu aktivieren wären. Tatsächlich sind die Anschaffungs- oder Herstellungskosten angefallen, sie sind also auch mit diesen Beträgen zu aktivieren. Lediglich die (spätere) steuerliche Auswirkung dieser Aktivierung wird nicht akzeptiert. Das bedeutet, dass Abschreibungen nicht geltend gemacht werden können; bei einer Veräußerung des Wirtschaftsguts ist der Veräußerungsgewinn ohne Abzug des Buchwerts zu ermitteln; Gewinn wäre also der Veräußerungserlös abzüglich der Veräußerungskosten. Vgl. hierzu auch Rz. 18a.

 

Rz. 44

Für Umlaufvermögen (z. B. die Anschaffungskosten von ohne Rechnung angeschafften Waren) bedeutet dies, dass bei einer Weiterveräußerung der Gewinn ohne Berücksichtigung von Anschaffungskosten ermittelt wird; der ganze Veräußerungserlös ist daher Gewinn.[8]

 

Rz. 44a

Die Rechtsfolgen sind auf die Verweigerung des Abzugs der Aufwendungen beschränkt. Weitere mittelbare Rechtsfolgen treten nicht ein. Die Nichtabzugsfähigkeit der Aufwendungen und damit die Erhöhung der Steuerlast treten durch die Ermessensentscheidung der Finanzbehörde ein, die konstitu...

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