Rz. 43a

Soweit ein schriftlicher Steuerbescheid üblicherweise weitere Teile enthält, handelt es sich um mit dem Steuerbescheid äußerlich verbundene Entscheidungen oder Mitteilungen.

So wird üblicherweise das Leistungsgebot nach § 254 AO (zu unterscheiden vom Leistungsbescheid) mit dem Steuerbescheid verbunden; es handelt sich um einen selbstständig anfechtbaren Verwaltungsakt, der aber nicht Teil des Steuerbescheids ist.

 

Rz. 43b

Der Abrechnungsteil des Steuerbescheids, in dem die Vorauszahlungen und Steuerabzugsbeträge mit der festgesetzten Steuerschuld verrechnet werden, ist ebenfalls kein Teil des Steuerbescheids, sondern gehört zu dem vom Steuerfestsetzungsverfahren zu trennenden Steuererhebungsverfahren.[1] Ein Rechtsbehelf gegen die Steuerfestsetzung erfasst daher die Entscheidungen im Abrechnungsteil nicht. Nach früherer Auffassung wurde der Abrechnungsteil lediglich als ein Rechenwerk zur Ermittlung der noch zu zahlenden Steuer, und damit des Leistungsgebots, angesehen, enthielt damit keine selbstständige Entscheidung, war damit kein Verwaltungsakt und nicht anfechtbar.[2] Nunmehr hat der VII. Senat des BFH[3] diese Ansicht aufgegeben und sieht den Abrechnungsteil als Verwaltungsakt nach § 118 AO an. Der Abrechnungsteil ist damit der Bestandskraft fähig und kann nur nach §§ 130, 131 AO geändert werden. Die neue Rspr. des BFH ist unzweckmäßig, da sie zur Anfechtung des Abrechnungsteils zwingt. Außerdem entstehen Schwierigkeiten hinsichtlich der Abgrenzung zum Abrechnungsbescheid nach § 218 Abs. 2 AO. Diese Schwierigkeiten haben den I. Senat des BFH zu der Ansicht veranlasst, dass ein Abrechnungsbescheid nach § 218 Abs. 2 AO unabhängig von der vorherigen Anrechnungsverfügung im Abrechnungsteil des Steuerbescheids ergehe; der Abrechnungsbescheid könne die richtige Steuerabrechnung herbeiführen, ohne dass vorher eine Anrechnungsverfügung nach §§ 130, 131 AO geändert werden müsse. § 218 Abs. 2 AO enthalte insoweit eine Sonderregelung, die §§ 130, 131 AO vorgehe.[4] Problematisch an dieser Ansicht ist, dass das Gesetz für eine Vorrangigkeit des Verfahrens nach § 218 Abs. 2 AO keine ersichtliche Rechtsgrundlage enthält.

 

Rz. 43c

Dieses Problem der Abgrenzung zu § 218 Abs. 2 AO und wohl auch die anders lautende Rspr. des I. Senats[5] hat den VII. Senat des BFH zu einer Einschränkung seiner Rspr. veranlasst.[6] Danach soll nur derjenige Teil der Anrechnungsverfügung einen Verwaltungsakt darstellen, in dem eine auf dem Gesetz beruhende Anrechnung dargestellt werde. Dies seien bei der ESt nach § 36 EStG und bei der KSt nach § 31 KStG i. V. m. § 36 EStG die Anrechnung der Vorauszahlungen und Steuerabzugsbeträge, bei der GewSt nach § 20 Abs. 1 GewStG die Anrechnung der GewSt-Vorauszahlungen. Andere Bestandteile des Abrechnungsteils, wie zusätzliche Zahlungen, Umbuchungen und Aufrechnungen, sollen dagegen nicht Bestandteil des Verwaltungsakts sein. Soweit es aber um Anrechnung der Vorauszahlungen und Steuerabzugsbeträge geht, hält der VII. Senat im Gegensatz zum I. Senat an der Bindungswirkung des Abrechnungsteils für einen etwaigen Abrechnungsbescheid nach § 218 Abs. 2 AO fest.[7] Ebenso wie die Ansicht des I. Senats von der "Vorrangigkeit" des Verfahrens nach § 218 Abs. 2 AO ist diese Rechtsprechung des VII. Senats von der Unterscheidung zwischen Vorauszahlungen und Steuerabzugsbeträgen einerseits und anderen Zahlungen andererseits nicht überzeugend. Die Regelung in § 36 Abs. 2 EStG über die Anrechnung von Vorauszahlungen und Steuerabzugsbeträgen und in § 20 Abs. 1 GewStG über die Anrechnung von Vorauszahlungen sagt nichts darüber aus, in welcher Form diese Anrechnung erfolgen soll, also auch nichts darüber, ob dies durch Verwaltungsakt erfolgt und ob der Anrechnungsteil dieser Verwaltungsakt ist. Andererseits bestimmt § 218 Abs. 2 AO ausdrücklich, dass Streitigkeiten über die Verwirklichung von Ansprüchen (d. h. alle Streitigkeiten) durch Abrechnungsbescheid zu klären sind. Der Wortlaut des § 218 Abs. 2 AO gibt keinen Anhaltspunkt, zwischen Streitigkeiten über die Anrechnung von Vorauszahlungen und Steuerabzugsbeträgen einerseits und anderen Streitigkeiten bei der Verwirklichung der Ansprüche zu unterscheiden. Dann hat aber die Anrechnungsverfügung keine eigenständige Bedeutung; es ist nicht zu sehen, aufgrund welcher Regelungswirkung sie den Charakter eines Verwaltungsakts haben soll.[8] M. E. sollte auf die ursprüngliche Rechtsprechung zurückgegriffen werden. Danach enthält der Abrechnungsteil keine Regelung, sondern eine bloße Mitteilung über die aus Sicht der Finanzverwaltung (noch) bestehenden Steuerschulden oder Erstattungsansprüche; er ist daher kein Verwaltungsakt.[9]

 

Rz. 43d

Wird eine Erstattung zurückgefordert, so ist zu unterscheiden. Hat die Änderung eines Steuerbescheids zu einer Erstattung geführt und wird jetzt dieser Steuerbescheid abermals, jetzt zuungunsten des Stpfl., geändert, ist dieser geänderte Steuerbescheid, zusammen mit dem Leistungsgebot, Grundlage der Erhebung der zurückzufordernden Ersta...

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