1 Allgemeines

 

Rz. 1

§ 154 AO normiert allgemeine steuerliche Pflichten für die Mitwirkung im Besteuerungsverfahren. Eine entsprechende Bestimmung gab es zu Zeiten der Geltung der RAO in § 163 RAO, die darüber hinaus auch noch die Haftungsregelung des jetzigen § 72 AO beinhaltete.[1] Die Vorschrift soll verhindern, dass die Nachprüfung der steuerlichen Verhältnisse durch die Verwendung falscher oder erdichteter Namen erschwert oder unmöglich wird.[2] Die Legitimationspflicht nach § 154 Abs. 1 AO (Rz. 5ff.) und die Prüfungspflicht nach § 154 Abs. 2 AO (Rz. 17) sollen hierbei insbesondere die Durchsetzbarkeit des Steueranspruchs sichern.[3] § 154 AO begründet eine selbstständige steuerliche Pflicht, die andere Identifizierungs- oder Registrierungspflichten – insbesondere solche nach dem Geldwäschegesetz – unberührt lässt.[4]

 

Rz. 1a

Die Regelung wurde durch das Gesetz zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens v. 18.7.2016[5] dahingehend ergänzt, dass in § 154 Abs. 2 S. 2 AO ein Verweis auf die Bestimmungen des Geldwäschegesetzes erfolgt.[6] Dieser Verweis wurde durch das Gesetz zur Umsetzung der Vierten EU-Geldwäscherichtlinie, zur Ausführung der EU-Geldtransferverordnung und zur Neuorganisation der Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen vom 23.6.2017, das umfangreiche Änderungen des Geldwäschegesetzes zur Folge hatte, geändert.[7] Die letzten wesentlichen Ergänzungen der Bestimmungen haben sich durch das Gesetz zur Bekämpfung der Steuerumgehung und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften (Steuerumgehungsbekämpfungsgesetz – StUmgBG) vom 23.6.2017[8] ergeben. Hierbei ist es im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens zu einigen Änderungen gekommen, die auf Betreiben des Finanzausschusses erfolgt sind.[9] Die Pflichten seitens der Verpflichteten wurden hierbei neu formuliert und auch ausgeweitet. Die neuen Regelungen waren nach Art. 97 § 26 Abs. 4 EGAO erstmalig auf Geschäftsbeziehungen anzuwenden, die nach dem 31.12.2017 begründet wurden. Allerdings sind bei Geschäftsbeziehungen zu Kreditinstituten, die vor dem 1.1.2018 begründet worden sind und am 1.1.2018 noch bestanden, die Pflichten nach Art. 97 § 26 Abs. 5 EGAO zu beachten.[10] Die Fristen liefen hier bis 2019 oder 2020.[11]

 

Rz. 1b

Die vorerst letzte Änderung des § 154 AO ist durch das Gesetz zur Umsetzung der Änderungsrichtlinie zur 4. EU-Geldwäscherichtlinie vom 12.12.2019[12] erfolgt. Durch die Änderung in § 154 Abs. 2 Satz 2 AO wird die Regelung an die Vorschriften des Geldwäschegesetzes angeglichen.[13]

 

Rz. 2

Die Bestimmung basiert auf der in § 90 Abs. 1 AO normierten allgemeinen Wahrheitspflicht im Steuerpflichtverhältnis, wonach die für die Besteuerung erheblichen Tatsachen vollständig und wahrheitsgemäß offenzulegen sind. Steuererklärungen haben nach § 150 Abs. 2 AO wahrheitsgemäß zu erfolgen. Auch die Buchführung oder die Aufzeichnungen im eigenen Geschäftsbetrieb müssen der Wahrheit entsprechen.[14] § 154 AO spricht nur ein Verbot der aufgezählten Handlungen aus. Die hiernach verbotenen Handlungen gefährden dieses allgemeine Wahrheitsgebot. Die Erfüllung des Gefährdungstatbestands des § 154 Abs. 1 AO löst besondere steuerliche oder bußgeldrechtliche Folgen aus (Rz. 13ff.).

 

Rz. 3

Im Einzelnen hat § 154 AO den folgenden Inhalt:

  • Verbot der Verwendung eines falschen oder erdichteten Namens bei Kontoeröffnung bzw. Verbuchungen auf dem Konto sowie bei Verwahrungen[15];
  • Pflicht zur Verschaffung von Gewissheit über die Person, die ein Konto führt oder Wertsachen in Verwahrung gibt[16]; hierüber muss jederzeit Auskunft gegeben werden können[17]; ist der Verfügungsberechtigte eine natürliche Person, gelten die Bestimmungen des Geldwäschegesetzes zur Erhebung der Angaben entsprechend[18]; § 154 Abs. 2 AO wird nunmehr durch die Abs. 2a bis 2d ergänzt und konkretisiert.
  • Herausgabe bei einem Verstoß gegen § 154 Abs. 1 AO nur mit Zustimmung des FA.[19]
 

Rz. 4

§ 154 AO begründet nur das Gebot der formalen Kontenwahrheit, nicht aber ein Gebot der materiellen Kontenwahrheit.[20] Die Regelung stellt somit allein auf die formale Rechtsposition ab.[21] Den Anforderungen des § 154 AO ist aus diesem Grund bereits dann Genüge getan, wenn diejenigen, die gegenüber der Bank auftreten, dies unter ihrem richtigen Namen tun. § 154 AO verlangt nicht, dass die zugrunde liegenden wirtschaftlichen Beziehungen erkennbar gemacht werden.[22] Ermittlungspflichten oder Auskunftspflichten im Hinblick auf die materielle Berechtigung begründet § 154 AO nicht.[23]

[1] Heuermann, in HHSp, AO/FGO, § 154 AO Rz. 1.
[3] Heuermann, in HHSp, AO/FGO, § 154 AO Rz. 2, 10; Klein/Rätke, AO, 16. Aufl. 2022, § 154 Rz. 1; Dinkgraeve, in Zugmaier/Nöcker, AO, 1. Aufl. 2021, § 154 AO Rz. 1; Müller, DStZ 1997, 667; BFH v. 13.12.2011, VII R 49/10, BStBl II 2012, 398.
[4] Vgl. z. B. für das Verhältnis zum Geldwäschegesetz BGH v. 18.10.1994, XI ZR 237/93, BGHZ 127, 229; Eich, KÖSDI 2000, 12350; Heuermann, in HHSp, AO/FGO, § 154 AO Rz. 6; ...

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